Saale-Holzland. Farouk Aldraee ist 40 Jahre alt und Familienvater. Warum er nach Deutschland kam - und bleiben möchte.

Farouk Aldraee hat sein Lachen nicht verloren. Wenn er nicht mehr lachen könne, dann sei er tot, sagt der Syrer.

Seit fast acht Monaten lebt der 40-Jährige in Deutschland. Von Gießen aus sei er für einen Tag nach Suhl gekommen, von dort aus führte der Weg weiter in die Flüchtlingsunterkunft in Hermsdorf. Seit fast sieben Monaten lebe er an diesem Ort, an dem es keine Privatsphäre gebe, keinen sauberen Fleck, keine gute medizinische Versorgung, kein Essen, das er zu sich nehmen könne. „It is a place for animals, not for humans“, sagt er auf Englisch. Die Lagerhalle – das Camp – sei ein Platz für Tiere, nicht für Menschen.

Saale-Holzland: Bewohner vergleicht Flüchtlingsunterkunft mit Gefängnis

Der Syrer gehört zu den Bewohnern der Flüchtlingsunterkunft Hermsdorf, die sich für die Schließung der Einrichtung einsetzen. Er demonstrierte unter anderem am 22. Februar dieses Jahres vor dem Stadthaus in Hermsdorf für dieses Ziel und er war auch am vergangenen Freitag vor dem Thüringer Landtag in Erfurt mit dabei, als eine Unterschriftensammlung an Anja Müller (Die Linke), die Vorsitzende des Petitionsausschusses, überreicht wurde. Mit der Petition wird die Schließung der Anlage in Hermsdorf gefordert.

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Vor dem Termin mit Anja Müller erzählt Farouk Aldraee auf Englisch, dass er und die anderen Bewohner in Hermsdorf wie in einem Gefängnis leben – „You live there like you are living in jail“. Jeder Tag sei wie der andere, Beschäftigungsmöglichkeiten gebe es keine. Es sei schwierig, zu schlafen, da manche Männer ganz früh wach sind, andere erst ganz spät Ruhe finden, einige konsumieren Drogen. Männer husten, Kranke und Gesunde werden nicht separiert. Er selbst schlafe selten mehr als zwei Stunden in der Nacht, Rückenschmerzen plagen ihn. Ärztlich versorgt werde er nicht.

Farouk Aldraee fragt: Warum klappt die Unterbringung für Ukrainer und für ihn und die anderen Bewohner des Camps nicht?

Weil er das Camp vor einiger Zeit für zwei Tage verlassen habe, sei sein Flüchtlingsstatus wieder auf Anfang gesetzt worden. „They kicked me out of the system“ – sie haben mich aus dem System geworfen, sagt Farouk Aldraee und erklärt, dass es so war, als ob er gerade erst in Hermsdorf angekommen sei. Alle Freunde und Bekannte, die er in der Flüchtlingsunterkunft in Hermsdorf kennengelernt habe, konnten das Camp schon vor etwa eineinhalb Monaten verlassen. Wie es für ihn weitergehe und wann er „das Gefängnis“ verlassen könne, das wisse er derzeit nicht. Eine Frage treibe ihn allerdings um: Warum klappt die Unterbringung für Ukrainer und für ihn und die anderen Bewohner des Camps nicht? Ist es, weil die Ukrainer helle Augen und helle Haare haben?, fragt er.

Flüchtlinge haben Unterstützung von Helfern bekommen - auch während des Fastenmonats

Ob er Deutschland nach diesen Erfahrungen in der Flüchtlingsunterkunft Hermsdorf satt habe? Nein, sagt er und ergänzt, dass das Camp ja nicht Deutschland sei. Auch habe er positive Erfahrungen gemacht, denn es gibt Menschen, die auch in Hermsdorf Flüchtlinge unterstützen. Besonders wolle er sich bei all diesen Menschen für die Hilfe während des Ramadans, des Fastenmonats der Muslime, bedanken. Mit Spendengeldern hätten Unterstützer Essen gekauft, weil das Essen in der Flüchtlingsunterkunft nicht auf die Bedürfnisse angepasst und auch zu wenig gewesen sei. Einmal am Tag hätten Helfer in dieser Zeit Essen gebracht, das Muslime während der Fastenzeit nur vor Sonnenaufgang und nach Sonnenuntergang zu sich nehmen dürfen.

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Demonstration von Flüchtlingen in Hermsdorf und Unterstützern am 22. Februar mit der Forderung, die Flüchtlingsunterkunft in Hermsdorf zu schließen.
Demonstration von Flüchtlingen in Hermsdorf und Unterstützern am 22. Februar mit der Forderung, die Flüchtlingsunterkunft in Hermsdorf zu schließen. © OTZ | Ute Flamich
Unter dem Motto „Solidarität muss praktisch sein! Ein Lager ist kein Zuhause - Die Unantastbarkeit der Menschenwürde gilt für alle!“ ist am 22. Februar vor dem Stadthaus in Hermsdorf demonstriert worden für die Schließung der dortigen Erstaufnahmeeinrichtung für Geflüchtete.
Unter dem Motto „Solidarität muss praktisch sein! Ein Lager ist kein Zuhause - Die Unantastbarkeit der Menschenwürde gilt für alle!“ ist am 22. Februar vor dem Stadthaus in Hermsdorf demonstriert worden für die Schließung der dortigen Erstaufnahmeeinrichtung für Geflüchtete. © OTZ | Ute Flamich
Flüchtlinge der Erstaufnahmeeinrichtung in Hermsdorf demonstrieren vor dem Stadthaus in Hermsdorf.
Flüchtlinge der Erstaufnahmeeinrichtung in Hermsdorf demonstrieren vor dem Stadthaus in Hermsdorf. © OTZ | Ute Flamich
Flüchtlinge der Erstaufnahmeeinrichtung in Hermsdorf und Unterstützer demonstrieren vor dem Stadthaus in Hermsdorf.
Flüchtlinge der Erstaufnahmeeinrichtung in Hermsdorf und Unterstützer demonstrieren vor dem Stadthaus in Hermsdorf. © OTZ | Ute Flamich
Flüchtlinge der Erstaufnahmeeinrichtung in Hermsdorf und Unterstützer demonstrieren vor dem Stadthaus in Hermsdorf.
Flüchtlinge der Erstaufnahmeeinrichtung in Hermsdorf und Unterstützer demonstrieren vor dem Stadthaus in Hermsdorf. © OTZ | Ute Flamich
„Schließt die Lagerhalle! Jetzt!“ fordern die Flüchtlinge und ihre Unterstützer.
„Schließt die Lagerhalle! Jetzt!“ fordern die Flüchtlinge und ihre Unterstützer. © OTZ | Ute Flamich
Unter den Flüchtlingen seien auch Ärzte, Ingenieure, Lehrer und Buchhalter. Sie und alle anderen seien nach Deutschland gekommen, um hier zu arbeiten, zu leben und sich weiterzuentwickeln, um für ihre Familien und sich selbst ein besseres Leben aufzubauen.
Unter den Flüchtlingen seien auch Ärzte, Ingenieure, Lehrer und Buchhalter. Sie und alle anderen seien nach Deutschland gekommen, um hier zu arbeiten, zu leben und sich weiterzuentwickeln, um für ihre Familien und sich selbst ein besseres Leben aufzubauen. © OTZ | Ute Flamich
Unter dem Motto „Solidarität muss praktisch sein! Ein Lager ist kein Zuhause - Die Unantastbarkeit der Menschenwürde gilt für alle!“ ist am 22. Februar vor dem Stadthaus in Hermsdorf demonstriert worden für die Schließung der dortigen Erstaufnahmeeinrichtung für Geflüchtete.
Unter dem Motto „Solidarität muss praktisch sein! Ein Lager ist kein Zuhause - Die Unantastbarkeit der Menschenwürde gilt für alle!“ ist am 22. Februar vor dem Stadthaus in Hermsdorf demonstriert worden für die Schließung der dortigen Erstaufnahmeeinrichtung für Geflüchtete. © OTZ | Ute Flamich
Unter dem Motto „Solidarität muss praktisch sein! Ein Lager ist kein Zuhause - Die Unantastbarkeit der Menschenwürde gilt für alle!“ ist am 22. Februar vor dem Stadthaus in Hermsdorf demonstriert worden für die Schließung der dortigen Erstaufnahmeeinrichtung für Geflüchtete.
Unter dem Motto „Solidarität muss praktisch sein! Ein Lager ist kein Zuhause - Die Unantastbarkeit der Menschenwürde gilt für alle!“ ist am 22. Februar vor dem Stadthaus in Hermsdorf demonstriert worden für die Schließung der dortigen Erstaufnahmeeinrichtung für Geflüchtete. © OTZ | Ute Flamich
Unter dem Motto „Solidarität muss praktisch sein! Ein Lager ist kein Zuhause - Die Unantastbarkeit der Menschenwürde gilt für alle!“ ist am 22. Februar vor dem Stadthaus in Hermsdorf demonstriert worden für die Schließung der dortigen Erstaufnahmeeinrichtung für Geflüchtete.
Unter dem Motto „Solidarität muss praktisch sein! Ein Lager ist kein Zuhause - Die Unantastbarkeit der Menschenwürde gilt für alle!“ ist am 22. Februar vor dem Stadthaus in Hermsdorf demonstriert worden für die Schließung der dortigen Erstaufnahmeeinrichtung für Geflüchtete. © OTZ | Ute Flamich
Unter dem Motto „Solidarität muss praktisch sein! Ein Lager ist kein Zuhause - Die Unantastbarkeit der Menschenwürde gilt für alle!“ ist am 22. Februar vor dem Stadthaus in Hermsdorf demonstriert worden für die Schließung der dortigen Erstaufnahmeeinrichtung für Geflüchtete.
Unter dem Motto „Solidarität muss praktisch sein! Ein Lager ist kein Zuhause - Die Unantastbarkeit der Menschenwürde gilt für alle!“ ist am 22. Februar vor dem Stadthaus in Hermsdorf demonstriert worden für die Schließung der dortigen Erstaufnahmeeinrichtung für Geflüchtete. © OTZ | Ute Flamich
Unter dem Motto „Solidarität muss praktisch sein! Ein Lager ist kein Zuhause - Die Unantastbarkeit der Menschenwürde gilt für alle!“ ist am 22. Februar vor dem Stadthaus in Hermsdorf demonstriert worden für die Schließung der dortigen Erstaufnahmeeinrichtung für Geflüchtete.
Unter dem Motto „Solidarität muss praktisch sein! Ein Lager ist kein Zuhause - Die Unantastbarkeit der Menschenwürde gilt für alle!“ ist am 22. Februar vor dem Stadthaus in Hermsdorf demonstriert worden für die Schließung der dortigen Erstaufnahmeeinrichtung für Geflüchtete. © OTZ | Ute Flamich
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  • Farouk Aldraee ist Familienvater. Er sei verheiratet und habe zwei Kinder im Alter von fünf und sieben Jahren. Seine Frau lebe derzeit mit den Kindern in der Türkei. Selten habe er Kontakt zu ihr. Das sei momentan der schwierigste Part. Allein müsse sie mit den Kindern in der Türkei zurechtkommen, denn auch ihre Familie lebe nach wie vor in Syrien. Ein paar enge Freunde von ihm würden aber hin und wieder nach seiner Frau schauen. Sie habe derzeit auch kein Einkommen, kein Geld. Deshalb müsse er so schnell wie möglich raus aus der Flüchtlingsunterkunft in Hermsdorf, um zu arbeiten und Geld zu verdienen. Dann wolle er Frau und Kinder nach Deutschland holen. Denn hier sei ein sicherer Platz für seine Familie.

    Syrien im Jahr 2015 wegen des Bürgerkrieges verlassen

    Sein Heimatland zu verlassen, das sei für ihn nicht leicht gewesen. Nach Ausbruch des Bürgerkrieges im Jahr 2011 sei er zunächst von einer Stadt in die nächste geflüchtet. 2015 schließlich habe er Syrien verlassen und sei in die Türkei gegangen. Im Südosten der Türkei, in Şanlıurfa, der Hauptstadt der gleichnamigen Provinz, haben er und seine Familie zuletzt zusammengelebt. Als im vergangenen Jahr zwei Erdbeben die Region erschütterten, sei er nach Deutschland gekommen – auf der Suche nach einem sicheren Platz für sich und seine Familie.