Jena. Am Sonntag stehen die A-Junioren des FC Carl Zeiss Jena nach einer mehrwöchigen Pause wieder in der Junioren-Bundesliga in der Pflicht - und dafür werden sie gen Spree aufbrechen, schließlich gastieren sie bei Hertha BSC, dem Tabellenführer. Trainer Munier Raychouni indes widmet sich seit gut einem Monat einer Sache, die für ihn essenziell ist.

Am Mittwochabend standen bei Munier Raychouni alle Zeichen auf Premier League: Der Trainer der A-Junioren des FC Carl Zeiss Jena freute sich auf die Begegnung zwischen Manchester City und Aston Villa, zumal die Geschicke beider Teams von Trainern gelenkt wurden, die ihn inspirieren: Pep Guardiola und Unai Emery. Doch das war nicht das Einzige, worauf sich der FCC-Coach an jenem Abend freute. Auch dem bevorstehenden Abendmahl blickte er gar erwartungsvoll entgegen, schließlich hatte er seit dem Sonnenaufgang weder einen Bissen Nahrung noch einen Schluck Wasser zu sich genommen – gut und gern 13 Stunden.

Seit dem 10. März praktiziert Munier Raychouni den Fastenmonat Ramadan

Bei der wahrlich langen Pause in Sachen Nahrungs- und Flüssigkeitsaufnahme handelt es sich jedoch um eine bewusste, eine freiwillige Entscheidung: Munier Raychouni ist gläubiger Muslim und dieser Tage praktiziert er den Fastenmonat Ramadan – eine der Säulen des Islam. Noch bis zum Abend des 9. Aprils wird der 37-Jährige lediglich in den Stunden zwischen Sonnenunter- und Sonnenaufgang essen und trinken. Seit dem Beginn des Ramadan am 10. März handhaben es seine Frau und er derartig.

Seit seiner Jugend ist der Fastenmonat ein wiederkehrendes Ereignis im Leben des FCC-Trainers, dessen Vater aus dem Libanon stammt. „Es ist eine Art von Training; ein Training der Seele, ein Training des Mitgefühls. Im Ramadan sollen Empathie und Mitleid für all jene beschworen werden, denen es nicht so gut geht und die mitunter hungern müssen – man soll als Gläubiger ein Gefühl dafür bekommen, was es heißt, zu hungern“, sagt Munier Raychouní, der im Berliner Stadtteil Neukölln aufwuchs.

Ramadan ist auch der Monat des Friedens

Darüber hinaus sei der Ramadan auch der Monat des Friedens. Daher solle man jene Tage nutzen, um Auseinandersetzungen und Differenzen mit Mitmenschen zu überwinden. Letztlich sei das Fasten auch eine Form von Demut, mit deren Hilfe man Allah (arabisch für Gott) näherkommen würde, betont Munier Raychouni.

„In der Regel sind die ersten Tage hart, doch wenn ich sie überstanden habe, hat sich mein Körper daran gewöhnt“, sagt der FFC-Trainer. Auch während seiner Tage als Fußballprofi habe er den Ramadan ein ums andere Mal praktiziert.

Der Fastenmonat der Muslime, in dem nach islamischer Auffassung der Koran, die Thora und die Bibel herabgesandt wurden, beginnt und endet jedoch nicht immer zur gleichen Zeit. Jahr für Jahr verschieben sich Anfang und Ende des Ramadans um zehn oder elf Tage nach vorn, sodass er allmählich alle Jahreszeiten durchläuft. Der Grund für besagte Verschiebung: Der Islam richtet sich nach dem Mondkalender und nicht nach der Sonne und dem Gregorianischen Kalender – daher hat das islamische Festjahr 354 statt 365 Tage.

„Der Verzicht fällt mir einfacher, wenn ich etwas zu tun habe“

Er könne sich noch sehr gut an jene Jahre erinnern, in denen der Fastenmonat in den Hochsommer fiel – das sei schon hart gewesen, gerade in puncto Wasseraufnahme. Außerdem habe das Zeitfenster für die Nahrungsaufnahme zwischen Sonnenunter- und Sonnenaufgang während jener Jahreszeit naturgemäß nur wenige Stunden betragen – auch das sei eine Herausforderung gewesen. Raychouni betont jedoch, dass unter anderem Kinder, Kranke, Ältere, aber auch Reisende und Frauen, die schwanger sind, stillen oder ihre Menstruation haben, vom Fasten befreit sind.

Die Osterfeiertage wiederum seien für ihn – mit Blick auf die physische und psychische Belastung, die das Fasten zweifelsohne darstelle – eher von Nachteil gewesen. „Der Verzicht fällt mir leichter, wenn ich etwas zu tun habe – dann bin ich abgelenkt“, sagt der Trainer. Daher sei er froh darüber, dass er am Sonntag mit seinen A-Junioren wieder in der Pflicht stehe: Am 21. Spieltag der Junioren-Bundesliga Nord/Nord-Ost gastiert der FC Carl Zeiss Jena ab 14 Uhr bei Hertha BSC, dem Tabellenführer.

„Wir müssen effizient sein, viele Möglichkeiten wird uns die Hertha nicht zulassen“

„Über die Hertha muss man nicht viel sagen – ihre Ergebnisse und ihre Platzierung sprechen für sich. Wenn wir gegen ein derartig starkes Team bestehen wollen, muss unsere Verteidigung funktionieren – zum einen. Zum anderen müssen wir nach Ballgewinnen schnellstmöglich umschalten und unsere Chancen nutzen – wir müssen effizient sein, viele Möglichkeiten werden wir von der Hertha nicht bekommen“, gibt Munier Raychouni zu bedenken, der jedoch auch daran erinnert, dass das Hinspiel gegen die Hauptstädter im Oktober in einem 1:1 mündete. „Da haben wir bewiesen, was möglich ist, wenn man diszipliniert, entschlossen und konzentriert agiert – ich hoffe, dass wir uns nun auch in Berlin derartig präsentieren werden“, sagt der Coach, der die Reise gen Spree jedoch ohne Paul Krämer antreten wird. Der Verteidiger verletzte sich während eines Einsatzes in der Regionalliga.

Ach ja, in puncto Ramadan verweist Munier Raychouni noch auf einen wichtigen Aspekt: Wenn man endlich Essen dürfe, solle man in Maßen genießen und sich keinesfalls der Völlerei hingeben.