Riga. Martin Gauss leitet seit über zehn Jahren die lettische Fluggesellschaft Air Baltic. Der Deutsche will mit dem Unternehmen an die Börse. Dafür setzt er auf eine neue Flotte - auch für mehr Klimaschutz.

Klimaneutrales Fliegen wird nach Auffassung des deutschen Chefs der lettischen Fluggesellschaft Air Baltic bis 2050 möglich sein. „Wir können es nicht schnell umsetzen. Wir können das nur in einem strukturierten Ansatz tun. Aber ich denke immer noch, dass 2050 vielleicht nicht die letzte Fluggesellschaft, aber der Großteil der Passagierbeförderung auf dem Luftweg emissionsfrei sein wird. Da bin ich mir ziemlich sicher“, sagte Martin Gauss der Deutschen Presse-Agentur.

Die Branche will zum Jahr 2050 klimaneutral fliegen und den Luftverkehr emissionsfrei gestalten. Dies hatte der internationale Branchenverband Iata 2021 beschlossen. Gauss räumte ein, technisch sei dies eine enorme Herausforderung.

Air Baltic als größte Fluggesellschaft in den baltischen Staaten sieht er dabei auf einem guten Weg. Sie fliegt von ihrem Drehkreuz Riga mehr als 70 Ziele an und setzt dafür eine Einheitsflotte von mehr als 40 Airbus A220 ein.

„Mit der Bestellung dieses Flugzeugs haben wir einen großen Schritt gemacht. Der Rest der Welt muss seine Flotten noch auf etwas so Modernes umstellen wie wir“, sagte Gauss über das Kurz- und Mittelstreckenflugzeug. Insgesamt hat Air Baltic 50 davon bestellt und besitzt eine Option auf 30 weitere A220.

Die Flottenerneuerung soll nicht zuletzt auch dem 2024 geplanten Börsengang dienen, auf den sich das Staatsunternehmen vorbereitet. Im ersten Quartal verzeichnete Air Baltic nach eigenen Angaben das beste Ergebnis in seiner Geschichte.

Flugzeug-Vermietung löste Pandemie-Probleme

In der Pandemie sah das anders aus: Gauss musste damals die lettische Regierung davon überzeugen, mit einer Kapitalerhöhung von 250 Millionen Euro das Überleben des Unternehmens zu sichern. Auch die Folgen von Russlands Angriffskrieg gegen der Ukraine haben Air Baltic getroffen.

Ausgeglichen werden konnten die Probleme teils durch die Vermietung von Flugzeugen samt Crews im sogenannten „Wet Lease“ an Lufthansa-Gesellschaften wie Swiss. „Es hilft uns. Diese Flugzeuge erwirtschaften für uns feste Gewinnspannen“, sagte Gauss.

Mit der Lufthansa kooperiert Air Baltic auch direkt - so werden einige Flüge mit Flugnummern beider Gesellschaften angeboten (Codeshare). „Wir haben eine starke Zusammenarbeit in Form von Codeshare. Was uns beiden hilft, da wir auf den München-Strecken die meisten Passagiere ins Baltikum befördern.“

Den Einstieg der Lufthansa bei der italienischen Staatsgesellschaft Ita Airways bezeichnete der seit 2011 amtierende Air-Baltic-Chef als „strategischen, sehr klugen Schritt“. Der deutsche Konzern habe damit die Chance, sich einen der stärksten Märkte Europas zu sichern und unter ihrem Dach zu vereinen, sagte Gauss. Die Lufthansa sei bei der Integration von übernommenen Gesellschaften in ihren Verbund sehr professionell.