Berlin. Aufgrund niedriger Zinsen galten Bausparverträge lange als überflüssig – jetzt kommen sie zurück. Für wen lohnt sich der Abschluss?

Bausparvertrag – schon das Wort löste in der Vergangenheit bei manch einem ein zähes Gähnen aus. In Zeiten niedriger Zinsen galt das Produkt als überflüssig. Immobilienkäufer konnten sich auch ohne Bausparvertrag einen Kredit mit günstigen Zinsen besorgen. Das Grundprinzip des Bausparens war damit obsolet.

Die steigenden Bauzinsen haben dem Finanzprodukt nun aber ein gewaltiges Comeback beschert. Die privaten Bausparkassen haben nach Branchenangaben von Januar bis Juni Verträge im Volumen von mehr als 38 Milliarden Euro abgeschlossen. Das ist ein Plus von über 10 Prozent im Vergleich zum ersten Halbjahr 2022, wie der Verband der Privaten Bausparkassen im Juli mitteilte. Nach dem Boom im vergangenen Jahr ist die Nachfrage nach Bausparverträgen weiterhin hoch. „Auch 2023 liegt Bausparen voll im Trend“, sagte der Vorstandsvorsitzende des Verbands, Bernd Hertweck im Juli.

Neben den Zinsen gibt es noch einen weiteren Grund für die neue Liebe zum Bausparen: die Diskussion um das Heizungsgesetz. Denn nicht nur potentielle Immobilienkäufer setzen auf Bausparverträge. Auch für solche, die es bereits sind, kommt er in Frage. Doch dabei gibt es einiges zu beachten.

Bauzinsen auch in Zukunft hoch? Verbraucherzentrale eher skeptisch

Grundsätzlich teilt sich ein Bausparvertrag in zwei Phasen ein: eine Sparphase und eine Darlehensphase. In der Sparphase wird für einen bestimmten Zeitraum regelmäßig Geld angelegt. Dafür erhält der Sparer Zinsen, die aber meist deutlich unter denen alternativer Anlageformen, wie etwa Fest- oder Tagesgeld, liegen. Ist die sogenannte "Zuteilungsreife" erreicht, kann sich der Sparer das Geld und ein Darlehen mit dem vorab vereinbarten Zinssatz auszahlen lassen.

Gerade wenn die Bauzinsen wie jetzt gestiegen sind, sind Bausparverträge mit niedrigem Darlehenszins bares Geld wert. Ob sich ein Abschluss auch für die Zukunft lohnt, hängt also unter anderem davon ab, ob die Bauzinsen steigen oder fallen. Fallen sie, ist es in einigen Jahren wieder möglich, sich billige Baukredite zu besorgen. Dann lohnt es sich eher, sein Geld dort zu investieren, wo schon heute mehr Rendite herausspringt als bei einem Bausparvertrag und dafür auf die Sicherheit eines garantiert niedrigen Darlehenszins' zu verzichten. Steigen die Bauzinsen auf lange Sicht weiter, lohnt sich der Abschluss unter Umständen. Allerdings müssen auch eventuelle Abschlusskosten für einen Bausparvertrag mit eingerechnet werden.

Niels Nauhauser, Experte für Kredite, Banken und Altersvorsorge bei der Verbraucherzentrale Baden-Württemberg, ist jedoch eher skeptisch: "Niemand kann die Zinsentwicklung zuverlässig vorhersehen. Von Prognosen der Bausparvertreter, Immobilienverkäufer und Banken sollte man sich nicht verrückt machen lassen", warnt der Experte. Diese würden mit ihren Prognosen in erster Linie Eigeninteressen verfolgen, um den Produktabsatz anzukurbeln.

Auch interessant: Rente: Wie sich ETF-Sparen auch im Alter noch lohnen kann

Bausparen für die neue Dämmung und die Wärmepumpe?

Unabhängig davon wie sich die Zinsen für Baukredite entwickeln, hat sich der potentielle Kundenkreis von Bausparverträgen nun aber vergrößert. Denn durch die Wärmewende werden auf viele Immobilienbesitzer in absehbarer Zeit Kosten zukommen – sei es für die Dämmung der Fassade oder eine Wärmepumpe.

Wer eine Sanierung künftig zum Teil über einen Kredit finanzieren will, auch für den könnte ein Bausparvertrag attraktiv erscheinen. Doch Nauhauser zweifelt auch hier. In den meisten Fällen sei es besser, sein Kapital in Tages- oder Festgeld anzulegen und für die Sanierung dann günstige Förderdarlehen aufzunehmen. Er verweist dabei auf die Angebote der Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW). "Geht man davon aus, dass der Staat die Energiewende im Gebäudebestand weiterhin fördern wird, wird sich ein Bausparvertrag zur energetischen Sanierung auf absehbare Zeit nicht rechnen", so Nauhauser.

Zu beachten ist allerdings auch: Für Sanierungen oder eine neue Heizung werden im Vergleich zum Hauskauf nur kleinere Summen benötigt. Ist man in einigen Jahren doch auf einen gewöhnlichen Bankkredit angewiesen, kann das zum Problem werden. Denn für kleinere Summen geben Banken gewöhnlich nur einen Konsumkredit aus. Und dieser ist meist mit höheren Zinsen verbunden.

Lesen Sie hier: Festgeld 07/2023: Zinsen im Vergleich – beste Deals im Juli