Seoul. Die Deutschen sollten dankbar sein für jeden, der bereit ist, seine Heimat zu verlassen, um sich hier einzubringen – besonders jetzt.

Jedes Mal, wenn ich eine Person Deutsch sprechen höre, die nicht aus Deutschland kommt, geht mir das Herz auf. Denn zu hören, wie jemand offenbar jahrelang Vokabeln und Grammatik gelernt hat, um in einer Sprache zu kommunizieren, die ich ohne besonderes Zutun einfach so beherrsche, macht mich dankbar: Wer bereit ist, sich die komplizierte deutsche Sprache anzueignen, kann es doch nur ernstmeinen mit dem Willen, sich hierzulande auch einzubringen!

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Wer profitiert davon? Auf jeden Fall Deutschland: Dieses Land hat eine rapide alternde Bevölkerung, die sogar schrumpfen würde, wenn nicht jährlich Menschen aus dem Ausland dazukämen. In allen möglichen Sektoren herrscht akuter Arbeitskräftemangel. Und ähnlich geht es übrigens vielen anderen wohlhabenden Ländern, die sich ebenfalls darum bemühen, Menschen aus dem Ausland anzuwerben.

Deutschland sollte Einwanderern dankbar sein

Schon deshalb müssen wir in Deutschland sicherstellen, dass nicht nur unsere Volkswirtschaft davon profitiert, wenn Personen einwandern. Damit sich mehr Menschen für dieses Land interessieren, müssen Einwanderinnen und Einwanderer selbst von ihrem Schritt überzeugt sein – und dies schon vor ihrer Migration, denn nur dann werden es mehr. Wobei dieses Land einen Wettbewerbsnachteil hat: Die USA, Großbritannien oder Kanada haben die viel weiter verbreitete englische Sprache. In Deutschland muss man eben Deutsch können.

Felix Lill ist China-Korrespondent für die FUNKE Zentralredaktion.
Felix Lill ist China-Korrespondent für die FUNKE Zentralredaktion. © Unbekannt | Unbekannt

Die Sache ist offensichtlich: Deutschland muss noch viel mehr tun, um Menschen aus dem Ausland anzuziehen: Zum Beispiel eine schnellere Anerkennung von Abschlüssen, mehr Gratis-Sprachkurse und vor allem: mehr Wertschätzung für die Anstrengungen, die Menschen leisten, um herkommen zu können. Das müssten nicht nur Ökonomen verstehen, sondern auch Patriotinnen und sogar Nationalisten: Das Erlernen einer Fremdsprache ist nämlich immer auch eine kleine Liebeserklärung an die Kultur dahinter. Die Menschen, die sich auf unsere schwierige Sprache einlassen, verdienen Liebe zurück.