Frankfurt/München. Für die deutsche Wirtschaft könnte es im zweiten Quartal wieder aufwärtsgegangen sein. Doch die Risiken für die Konjunktur nehmen nach Einschätzung von Volkswirten zu.

Nach einer Stagnation zum Jahresbeginn rechnet die Bundesbank im Frühjahr wieder mit Wirtschaftswachstum in Deutschland. Doch die Aussichten für die Konjunktur trüben sich nach Einschätzung von Volkswirten zunehmend ein.

„Im zweiten Quartal 2023 dürfte die Wirtschaftsleistung wieder leicht ansteigen“, schreibt die Bundesbank in ihrem am Mittwoch veröffentlichten Monatsbericht. „Nachlassende Lieferengpässe, das hohe Auftragspolster und die gesunkenen Energiepreise begünstigen die Fortsetzung der Erholung in der Industrie.“ Dies dürfte auch die Exporte stützen.

Stimmung wieder eingetrübt

Große Sprünge erwarten Volkswirte - auch angesichts der jüngsten Zahlen des Münchner Ifo-Instituts - allerdings nicht. Erstmals seit einem halben Jahr hat sich die Stimmung in der Wirtschaft wieder eingetrübt: Das Ifo-Geschäftsklima fiel zum Vormonat um 1,7 Punkte auf 91,7 Zähler. Die befragten Unternehmen schätzen die Aussichten deutlich pessimistischer als im Monat zuvor ein.

„Der deutliche Rückgang des Ifo-Geschäftsklimas ist kein Ausreißer. Denn andere wichtige Frühindikatoren wie der Einkaufsmanagerindex für die Industrie oder die Auftragseingänge weisen bereits seit längerem klar nach unten“, ordnete Commerzbank-Chefvolkswirt Jörg Krämer ein. Er halte eine technische Rezession in der zweiten Jahreshälfte für wahrscheinlicher als eine Erholung. Auch VP-Bank-Chefvolkswirt Thomas Gitzel geht davon aus, dass die deutsche Wirtschaft im zweiten Halbjahr schrumpfen wird: „Die noch immer hohen Inflationsraten und die deutlich gestiegenen Zinsen werden ihre Auswirkungen erst noch zeigen.“

Teuerung und Kaufkraft

Die Bundesbank erwartet in diesem Quartal wenig Impulse vom privaten Konsum, der schon in den ersten drei Monaten des Jahres angesichts der Inflation als Konjunkturstütze ausfiel. „Die realen Nettoeinkommen der privaten Haushalte sollten aufgrund der kräftigen Lohnsteigerungen trotz weiter hoher Inflation zumindest nicht weiter sinken. Der private Konsum dürfte daher in etwa stagnieren“, schreiben die Bundesbank-Volkswirte.

Die vergleichsweise hohe Teuerung zehrt an der Kaufkraft der Verbraucherinnen und Verbraucher. Sie können sich für einen Euro weniger leisten. Angesichts der hohen Preissteigerungen etwa bei Nahrungsmitteln sei damit zu rechnen, dass die Teuerungsrate nur sehr allmählich nachgeben werde, prognostiziert die Bundesbank.

Nach vorläufigen Daten des Statistischen Bundesamtes stagnierte das Bruttoinlandsprodukt in Deutschland im ersten Quartal im Vergleich zum Vorquartal. Europas größte Volkswirtschaft schrammte damit knapp an einer Winterrezession vorbei. Zum Jahresende 2022 war die Wirtschaftsleistung um 0,5 Prozent gesunken.