Berlin. Kein Durchbruch im Tarifstreit: Die Gewerkschaft EVG lehnt auch das jüngste Angebot der Arbeitgeber als „unzureichend“ ab. Ob nun Warnstreiks drohen, hängt von den Gesprächen in den nächsten Tagen ab.

Im Tarifstreit bei der Deutschen Bahn ist weiterhin keine Einigung in Sicht. Das jüngst nachgebesserte Angebot des bundeseigenen Konzerns wies die Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft (EVG) am späten Dienstagabend als „unzureichend“ zurück.

Gleichzeitig rief sie die Arbeitgeber für diesen Mittwoch zu weiteren Verhandlungen in Berlin auf. „Wesentliche Punkte unserer Forderungen sind weiterhin nicht erfüllt“, teilte Verhandlungsführer Kristian Loroch mit. „Das, was derzeit auf dem Tisch liegt, ist sozial ungerecht.“ Die Bahn äußerte sich am Abend zunächst nicht zu der Reaktion der Gewerkschaft.

EVG: „Können Verhandlungen ab Mittwoch fortsetzen“

Ob es nun zu weiteren Warnstreiks kommt, hängt von den nächsten Tagen ab. Die EVG hat die Bahn aufgefordert, „ihr Angebot entsprechend anzupassen und umgehend mit uns weiter zu verhandeln“, wie Loroch weiter mitteilte. „Wir haben unsere Zentrale Tarifkommission nach Berlin eingeladen und können die Verhandlungen bereits ab Mittwoch fortsetzen.“ Das sei im Interesse des Konzerns, „denn so lange wir am Verhandlungstisch sitzen, wird nicht gestreikt“.

Die Bahn hatte das aktuelle Angebot bei der jüngsten Verhandlungsrunde vergangene Woche in Fulda unterbreitet und die EVG aufgefordert, bis einschließlich diesen Dienstag dazu Stellung zu nehmen. Der Konzern hat stufenweise zwölf Prozent bei den unteren Lohngruppen in Aussicht gestellt. Insgesamt zehn Prozent mehr sollen die mittleren Gruppen bekommen und acht Prozent die oberen. Die erste Erhöhungsstufe soll demnach noch dieses Jahr umgesetzt werden. Hinzu kommt eine ebenfalls stufenweise Inflationsausgleichsprämie von insgesamt 2850 Euro, die steuer- und abgabenfrei ab diesem Juli gezahlt werden könnte. Die Laufzeit beträgt 24 Monate.

Dritter Warnstreikt abgewendet - vorerst

Gemessen an den bisherigen Angeboten ist die Bahn der EVG damit weiter entgegengekommen. Noch liegen beide Seiten aber weit auseinander: Die Gewerkschaft fordert einen Festbetrag von mindestens 650 Euro pro Monat mehr oder zwölf Prozent bei den oberen Lohngruppen. Die Laufzeit soll nach ihren Vorstellungen nur zwölf Monate betragen. Einmalzahlungen lehnte die EVG bislang strikt ab.

Weitere Warnstreiks oder gar eine Urabstimmung, die unbefristete Streiks zur Folge haben könnte, sind daher nicht vom Tisch. Bereits zwei Mal hat die EVG im laufenden Tarifstreit zu Warnstreiks aufgerufen und den Bahnverkehr in Deutschland damit weitgehend zum Erliegen gebracht. Einen dritten geplanten 50-Stunden-Warnstreik sagte die Gewerkschaft hingegen kurzfristig ab, nachdem sie mit der Bahn vor dem Arbeitsgericht Frankfurt in einem der Verhandlungsknackpunkte einen Vergleich erzielt hatte.

Die Gewerkschaft dürfte bei ihrem Vorgehen auch die Entwicklungen bei der Bahn-Konkurrenzgewerkschaft GDL im Blick haben, deren Tarifverträge in diesem Herbst auslaufen. Anfang Juni will die Gewerkschaft Deutscher Lokomotivführer (GDL) ihre Forderungen für die dann anstehenden Verhandlungen definieren.

Monatelanger Tarifkonflikt

Die deutlich kleinere GDL unter ihrem Chef Claus Weselsky vertritt vor allem die Interessen der Lokführer bei der Bahn. Weselsky ist für sein hartes Auftreten in Tarifkonflikten und häufige Warnstreiks bekannt. Gut möglich, dass die EVG die Ansage der Konkurrenz vor einem eigenen Abschluss noch abwarten will.

Der Tarifkonflikt zwischen der DB und der EVG dauert seit Ende Februar an. Zu Beginn verliefen die Gespräche sehr stockend, die vierte Verhandlungsrunde vergangene Woche in Fulda wurde von beiden Seiten aber als konstruktiv bewertet.

Neben der Bahn verhandelt die EVG nach und nach mit Dutzenden weiteren Eisenbahnunternehmen über höhere Tarife für insgesamt rund 230.000 Branchenbeschäftigte. „Einige Eisenbahn- und Verkehrsunternehmen, mit denen wir derzeit ebenfalls verhandeln, sind der DB AG mittlerweile einen deutlichen Schritt voraus und bieten bereits einen Mindestbetrag an, um den die Löhne im Monat steigen sollen“, teilte Loroch am Dienstag mit.