Berlin. Markus Lanz und Robert Habeck lieferten sich im abendlichen Eins-zu-Eins-Talk einen interessanten Dialog. Was Habeck heute bereut.

Es ist ein ruhiges Gespräch. Viel ruhiger, als man es nach den zahlreichen aufgeheizten und emotionalen Diskussionen der letzten Wochen gewohnt ist. Markus Lanz hatte sich am Donnerstagabend Robert Habeck eingeladen, war sich nach den Ereignissen der vorangegangenen 24 Stunden allerdings gar nicht mehr sicher, ob der Vizekanzler es tatsächlich ins Studio schafft.

Nach monatelangem Ringen der Politik haben die Karlsruher Richter und Richterinnen des Bundesverfassungsgerichts den Zeitplan für das Heizungsgesetz durchkreuzt. Es darf nicht wie geplant diesen Freitag verabschiedet werden, da das eilige Verfahren die vom Grundgesetz garantierten Beteiligungsrechte der Opposition "möglicherweise" verletze, hieß es in der Begründung der Entscheidung.

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Eine Niederlage sei der Aufschub für Habeck trotzdem nicht. „Das ist jetzt auch kein Beinbruch“, betonte der Politiker. Wenn laut dem Verfassungsgericht mehr Zeit erforderlich sei, „dann ist das so“. Außerdem ginge es bei der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts nicht um den Inhalt des Entwurfs zum Heizungsgesetz, sondern lediglich um den zeitlichen Ablauf

Habeck bei Lanz: Man kann nicht immer beliebt sein

Viel entscheidender sei für ihn, dass über den turbulenten Tag trotzdem keine Fraktion der Ampel-Koalition von dem Gesetz abgerückt sei. „Alle haben gesagt: Das ist jetzt gut, wir haben das so entschieden. Es gibt heute keine Debatte mehr über die Inhalte des Gesetzes, sondern nur noch über die Form.“

Doch nicht nur im Bundestag wurde das Heizungsgesetz heiß diskutiert, auch in der Gesellschaft hatte es jede Menge Unmut und Zweifel geweckt. Habeck, der oftmals als Mann hinter dem Gesetz gesehen wurde, verlor massiv an Beliebtheit. Natürlich wolle kein Mensch unbeliebt sein, räumte Habeck ein, er komme allerdings damit klar. „Die Bereitschaft, seine Popularität aufs Spiel zu setzen, ist die Eintrittsbedingung für jeden, der gerade auf der politischen Bühne unterwegs ist.“

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Habeck kritisiert jedoch auch, dass in den Medien vieles in Umlauf gewesen sei, „was so gar nicht gestimmt hätte“. Trotzdem habe er nie daran gezweifelt, dass es in Anbetracht der drohenden Klimakrise und der Gas-Abhängigkeit von Russland „richtig ist, so ein Gesetz zu machen“.

Heizungsgesetz: Was Habeck bereut

Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck steht dauerhaft unter Beschuss.
Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck steht dauerhaft unter Beschuss. © AFP | Tobias Schwarz

Was ihm gefehlt hätte, war der „Moment des Innenhaltens“, erklärte er selbstkritisch. Nachdem Russland die Ukraine angegriffen habe, sei die Angst auf einmal nicht mehr genug Gas zu haben sehr dominant gewesen. Es schien angemessen, schnell zu handeln und das Heizungsgesetz, das eigentlich für 2025 geplant war, nach vorne zu ziehen. Ein Standpunkt, der nicht noch mal überprüft wurde, nachdem die akute Bedrohungslage überwunden war: „Ich will es nicht entschuldigen, ich versuche es zu erklären.“

Gleichzeitig hatte Habeck auch Kritik für die Vorgängerregierungen im Gepäck. „Es wurde alles ausgesessen.“ So sei Klimaneutralität zwar beschlossen worden, doch erst jetzt würden wir die Auswirkungen dieser Entscheidungen zu spüren bekommen. „Die Dinge werden persönlich, sie rücken einem nahe“, erklärte Habeck.

"Heizungsgesetz wurde zu einem Fetisch, mit dem man Emotionen schürt“

Die Konsequenzen des monatelangen Streits muss nun trotzdem die Ampel-Koalition tragen. Während nur noch jeder Fünfte mit der Arbeit der Bundesregierung zufrieden ist, schwingt sich die AfD von einem Umfragehoch zum nächsten. „Politischer, rechter Populismus braucht die Krise. Er sucht sich die Themen, über die sich Gesellschaft gerade streitet, erhöht den Konflikt und macht ihn damit lösungsunfähig“, kritisierte Habeck.

So sei auch das Heizungsgesetz „zu einem Fetisch aufgebaut worden, mit dem man sehr viel Emotionen schürt.“ Eine Entwicklung, die man auch schon bei der Flüchtlingsbewegung 2015 und den Masken bei Corona erleben konnte. Allerdings hätte man es bereits mehrmals geschafft, den Populismus wieder zurückzudrängen. Entscheidend sei hier die politische Zusammenarbeit der Parteien – auch mit der Opposition.

Zum Ende des gemeinsamen Abends brachte Lanz noch die Zukunft des Wirtschaftsstandorts Deutschland aufs Parkett. „Man müsste lügen, wenn man sagt, man macht sich gar keine Sorgen“, erklärte Habeck offen. Aktuell befinde man sich in einer außerordentlichen Konkurrenzsituation mit China und den USA und müsse zusätzlich noch die Gasabhängigkeit von Russland überwinden. Um die Wettbewerbsfähigkeit Deutschlands zu sichern, verteidigte Habeck seine Idee den Strompreis für die Industrie mit Staatshilfen zu senken. So wolle er verhindern, dass Unternehmen ihren Standort nach China oder in die USA verlegen.

Obgleich vieler Schreckensvisionen über die Attraktivität des Wirtschaftsstandorts Deutschland mahnte Habeck jedoch auch zu mehr „Standort-Patriotismus“. Deutschland sei ein guter Standort und werde immer Industrie haben. Vor allem mit Blick auf die letzten Jahre sei es beeindruckend, was das Land und die Gesellschaft alles geschafft hätten.