San Francisco. Die AfD ist tief verstrickt in rechtsextreme Kreise, schmäht Berichte als Stasimethoden. Die „Heute-Show“ legt den Finger in die Wunde.

Deutschland hat viel erlebt in der letzten Januarwoche: Die Ampel hat ihren Haushalt für das Jahr 2024 – man darf sagen, endlich – durch den Bundestag gebracht, die AfD scheint doch tiefer in das Potsdamer Treffen verstrickt und mit dem Bündnis Sahra Wagenknecht buhlt eine neue Partei um die Gunst des Wahlvolks.

Politischer Höhepunkt war die Generaldebatte im Bundestag, die zu einem verbalen Schlagabtausch zwischen Regierung und Opposition geriet, inklusive eines überraschend angriffslustigen Kanzler Scholz. Die „Heute-Show“ hatte genug Futter für die zweite Folge des Jahres, keine Frage. Allein: Ein Fokus hätte der Sendung gutgetan.

Das fing schon mit dem Eröffnungsmonolog von Moderator Oliver Welke an. Endlich sei er beschlossen, der neue Haushalt, eine „schwere Geburt“, schuldenbremsenkonform berechnet und bewacht von Finanzminister „Gollum Lindner“, leitete Welke die Folge ein. „Eher mutlos“ wirke das Zahlenwerk auf ihn und planlos. „Was ist die Idee der Ampel für die zweite Hälfte?“, fragte er, „außer, als Regierung nicht auseinanderbrechen?“

Den Beweis für die wackelige Regierungskoalition durfte, wer auch sonst, FDP-Chefoppositioneller Wolfgang Kubicki antreten. Der hatte bei der Verleihung des Ordens wider den tierischen Ernst die Ampel mit einem Schiff verglichen, das er in einen sicheren Hafen steuern will – „mit einer anderen Mannschaft“. Dem im Publikum sitzenden Parteichef Christian Lindner stand das Entsetzen ob der neuerlichen Meuterei ins Gesicht geschrieben.

Schubert reißt fiesen Ampel-Witz

Ob der Neustart gelingen könne, fragte Welke da und verwies auf Umfragen zur Kanzlerpräferenz, in denen der Bundeskanzler hinter CDU-Parteichef Friedrich Merz zurückgefallen war. „Das muss man erstmal schaffen.“ Ist die Marke Scholz verbrannt? Oder haben Außerirdische den Kanzler gegen einen „wütenden Klon“ getauscht, mutmaßte Welke und hob damit ab auf einen Kanzler, der Merz im Bundestag unter dem Beifall der Koalition als „Mimose“ mit „Glaskinn“ bezeichnet hatte. Welkes Lösung für die schlechten Umfragewerte der Ampel: Gebt Geld aus und adressiert „reale Sorgen der Bürger“, etwa die fröhlich steigenden Mieten in Ballungsräumen.

So recht zünden wollten die Gags aus Welkes Monolog allesamt nicht. Zur Rettung eilte: „Heute-Show“-Gastkomiker Olaf Schubert, in der Rolle eines Beziehungstherapeuten. Ob sich die „polyamoröse Dreiecksbeziehung“ aus SPD, Grünen und FDP noch retten könne, wollte Welke von ihm wissen. Der gab fies zurück: „Klingt romantisch, aber wenn man es politisch betrachtet, ist die Ampel eher eine Art Restebumsen.“ Keine Liebesbeziehung, eher ein Zweckbündnis mit Kamillentee aus der Schnabeltasse statt Schampus aus dem Bauchnabel. Dennoch legt er sich fest: Die Ampel hält bis 2025 durch. „Man wünscht es ihnen aber nicht.“

Welke: AfD-Gejammer „ein bisschen undeutsch“

Für Lacher sorgte der zweite Schwerpunkt der Sendung: Die AfD und ihr Umgang mit den deutschlandweiten Protesten gegen Rechtsextremismus. „Die AfD reagiert wie immer“, ätze Welke, „mit Leugnen, mit Ablenken und mit Rumheulen“, während im Hintergrund eine traurig dreinblickende Parteispitze zu sehen war, unterschrieben mit „Sieg Heul“. Die Beschwerden aus der AfD-Führung über vermeintlich „Stasi-ähnliche“ Recherchen eines „Correctivorgans“ kommentierte Welke verschmitzt: „Dieses Weinerliche, ich find‘s fast ein bisschen undeutsch, muss ich sagen.“

Höhepunkt bildete dann AfD-Rechtsphilosoph und stellvertretender Bundessprecher Stefan Brandner. Der beklagte im Einspieler ein Framing des Wortes ‚rechts‘ als „inakzeptabel“. Der Begriff sei doch positiv besetzt, etwa mit „Recht haben“ und „Rechtsstaat“. Auch ohne Semantik-Studium dürfte klar sein: Die Begriffe haben – jenseits ihrer Schreibweise – nichts miteinander gemein. Welke führte Brandners schiefe Logik eiskalt vor: „Unrechtsregime“, „Rechthaber“ und, naja, „Brechtdurchfall“. Niveau mag anders aussehen, doch die Sendung bringt den Punkt nach Hause.

Einigermaßen satirisch geriet dann der Auftritt von Hans-Joachim Heist als Schreihals Gernot Hassknecht. Der filetierte das „absolut erbärmliche“ (Welke) von der AfD bestimmte Diskursniveau der letzten Wochen anhand von Hubert Aiwangers Angriffen auf Entwicklungsgelder für einen Radweg in Peru. Der Chef der Freien Wähler behauptet, im Chor mit AfD-Bundestagsabgeordneten, „hunderte Millionen“ würde die Ampel hier versenken.

Die Zahl ist freilich frei erfunden. 44 Millionen Euro hat Deutschland bezahlt für besagten Radweg, freigeben von CSU-Entwicklungshilfeminister Müller. „CSU, kennste? Richtig, dein Koalitionspartner, die buckelige Schwester der CDU“, dozierte Hassknecht genüsslich. Es zeigte sich: Die Kritik an den Hilfen besteht vor allem aus rassistisch-motivierten Falschbehauptungen.

Das Bündnis Sahra Wagenknecht: Partei für Gas aus Russland

Zuletzt kam Welke in der Sendung auf den Gründungsparteitag des Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) zu sprechen. Der sei mehr kultische Krönungsmesse gewesen, befand Welke. „Für jeden etwas“ sei im Parteiprogramm, weniger Gendern, mehr Umverteilung und vor allem: Gas aus Russland kaufen. „Mehr Moskau wagen“, übersetzte Welke und führte aus: Es gehe Wagenknecht nicht um Frieden, sondern billige Energie. Richtig neu ist die Analyse nicht.

So mäanderte die Sendung dahin, riss noch ein paar Zoten über BSW-Gerontokraten Oskar Lafontaine und verabschiedete sich mit Fabian Kösters Bewerbung um den Posten des BSW-Social-Media-Managers in die Nacht. Zwei Schwerpunkte hätten gereicht – zumal zur AfD bereits mit der Auftaktfolge (fast) alles gesagt war.

Zur aktuellen Ausgabe der „Heute-Show“ in der ZDF-Mediathek.