Berlin. Geld für die Kommunen löst die Asyl-Probleme nicht, finden die Gäste bei Maischberger. Ein FDP-Mann verfolgt einen anderen Ansatz.

Eine Milliarde Euro. So viel Geld will der Bund den Kommunen 2023 zusätzlich zur Verfügung stellen, um Flüchtlingen, die nach Deutschland kommen, angemessen zu versorgen. Auf dieses Ergebnis haben sich Bund und Ländern beim Flüchtlingsgipfel am Donnerstag nach monatelangem Streit verständigt. War das also ein erfolgreicher Tag, fragt Sandra Maischberger ihre Expertenrunde am Abend in der ARD.

"Maischberger": Das waren die Gäste

  • Cem Özdemir (Grüne), Bundeslandwirtschaftsminister
  • Markus Söder (CSU), bayerischer Ministerpräsident
  • Ulrich Wickert, ehemaliger "Tagesthemen"-Moderator
  • Robin Alexander, stellvertretender "Welt"-Chefredakteur
  • Yasmine M’Barek, "Zeit"-Journalistin

Wohl kaum, findet der stellvertretende Welt-Chefredakteur Robin Alexander: „Eine Lösung für den Konflikt ist einfach nicht da.“ Scholz müsse sparen und habe heute seinen Willen durchgesetzt, um die Schuldenbremse im Haushalt einzuhalten. „Scholz hat gesagt: Moment, Geld ist alle“, meint Alexander. Das eigentliche Problem, nämlich die mangelnden Ressourcen, um alle Geflüchteten angemessen zu versorgen und zu integrieren, sei von den Politikerinnen und Politikern allerdings nicht angegangen worden. „Selbst, wenn man das mit dem Geld löst, kommt man mit der Zeit an andere Grenzen. Wenn kein Haus und kein Lehrer mehr da ist, ist es egal, wer bezahlt.“

Geflüchtete aus der Ukraine laufen nach ihrer Ankunft durch die Eingangshalle vom Messebahnhof Laatzen in Niedersachsen. Am Mittwoch haben Bund und Länder über die zukünftige Versorgung und Unterbringung von Geflüchteten beraten.
Geflüchtete aus der Ukraine laufen nach ihrer Ankunft durch die Eingangshalle vom Messebahnhof Laatzen in Niedersachsen. Am Mittwoch haben Bund und Länder über die zukünftige Versorgung und Unterbringung von Geflüchteten beraten. © Michael Matthey/dpa

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Asylpolitik bei Maischberger: "Kommunen werden weiter leiden"

Auch Zeit-Redakteurin Yasmine M’Barek sieht in dem heutigen Ergebnis lediglich eine Vertagung des Problems. Man müsse sich in den nächsten Monaten „immer wieder treffen, um zu fragen, wie es weitergeht“. Die beiden Journalisten sind nicht die einzigen, die dem Asylgipfel nur ein Mangelhaft attestieren würden. „Ich finde, es war ein Gipfel der Enttäuschung“, befindet der Fraktionsvorsitzende der Linken, Dietmar Bartsch. Es sei genau eingetreten, was Scholz sich gewünscht habe, einer richtigen Lösung bei der Flüchtlingspolitik sei man allerdings keinen Schritt näher gekommen. „Die Kommunen werden weiter unter der jetzigen Position leiden“, meint Bartsch, der deswegen in den nächsten Wochen noch mit gewaltigen Auseinandersetzungen rechnet.

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Einen anderen Lösungsansatz sieht FDP-Mann Christian Dürr. Statt über mehr Geld möchte er direkt über eine neue Migrationspolitik reden. „Deutschland braucht Einwanderung, aber auf den Arbeitsmarkt“, erklärt er bei Maischberger. Deshalb müsse man es den Menschen, die nach Deutschland kommen wollen, um zu arbeiten und sich zu integrieren, wesentlich leichter machen. „Und wer hier keine Perspektive hat, muss es leider schwerer haben.“ Die Einwanderung in die sozialen Sicherungssysteme Deutschland müsse seiner Meinung nach begrenzt werden. Er plädiert deshalb unter anderem für die Einführung von Sach- anstelle von Geldleistungen für geflüchtete Menschen. Überlegungen, die Bartsch nicht teilt. Menschen würden nicht aus Afrika fliehen, weil es in Deutschland saftige Geldleistungen gebe. „Das ist absurd“, findet Bartsch.

Meist müssen Geflüchtete mindestens drei Monate warten, ehe sie mit einer Arbeit beginnen können.
Meist müssen Geflüchtete mindestens drei Monate warten, ehe sie mit einer Arbeit beginnen können. © picture alliance / photothek | Michael Gottschalk

Wahlen in der Türkei: Özdemir äußert Befürchtung

Doch der Flüchtlingsgipfel ist nicht das einzige politische Großereignis der Woche. Bei den türkischen Parlaments- und Präsidentschaftswahlen am kommenden Sonntag wird darüber entschieden, ob der amtierende Präsident Recep Tayyip Erdogan seinen autoritären Kurs fortsetzen kann oder die Opposition eine Chance auf die Demokratisierung des Landes erhält. Um über die Auswirkungen des Wahlausgangs zu sprechen, hat sich Sandra Maischberger Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir (Grüne) in ihre Sendung eingeladen. Rund 64 Millionen Wahlberechtigte sind zur Stimmabgabe aufgerufen. Bei den in Deutschland lebenden Türken und Türkinnen lag die Wahlbeteiligung bis Dienstagabend bei 48,8 Prozent.

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Özdemir, der sich selbst als anatolischen Schwaben bezeichnet, hat extra einen Aufruf an die in Deutschland lebenden Türken und Türkinnen gestartet, um seinen Teil zu Erdogans Abwahl beizutragen. „Mit jeder Wahl wurde er autoritärer“, betont der Politiker, der bereits seit 2016 befürchtet, dass sich die Türkei Schritt für Schritt in eine moderne Diktatur entwickelt. „Wenn Erdogan gewinnt, würde sich die Spaltung der Gesellschaft vertiefen“, betont er bei Maischberger. Und die Türkei würde sich womöglich noch weiter von Europa entfernen.