Heiligenstadt (Eichsfeld). Klare Worte fielen am Donnerstag bei der zentralen Festveranstaltung zum Tag des weißen Stockes in Heiligenstadt. Erstmals richtete der Eichsfelder Blinden- und Sehbehindertenverband diesen Begegnungstag für Blinde und sehbehinderte Menschen aus dem gesamten Freistaat aus.

300 Gäste aus 15 Kreisverbänden waren der Einladung ins Eichsfeld gefolgt. Landesvorsitzender Joachim Leibiger freute sich über den hohen Zuspruch in der Heiligenstädter Stadthalle, legte den Finger aber in immer noch offene Wunden. Vor allem um die Integration blinder und sehbehinderter Menschen in den ersten Arbeitsmarkt gehe es ihm. "Inklusion", sei da ein wichtiges Stichwort. "Behinderte Menschen dürfen nicht in Werkstätten regelrecht weggeschlossen werden", forderte er. Zum 1. Januar 2015 starte ein neues Projekt, das von der Aktion Mensch unterstützt wird und die Einrichtung eines Koordinierungsbüros beinhaltet, das keine Arbeitsvermittlung betreiben soll, sondern vielmehr beratend tätig wird, Schulungen anbietet und Netzwerkarbeit für den Verband leistet.

Partner für das Projekt sind die Agentur für Arbeit, Jobcenter, die Industrie- und Handelskammer, das Integrationsamt sowie verschiedene Kammern. Insgesamt, so konnte Leibiger vermelden, stehen für dieses Projekt 250.000 Euro zur Verfügung. "Nicht nur für unsere etwa 1000 Mitglieder im Landesverband, sondern für die 5000 blinden und noch einmal 15.000 sehbehinderten Menschen in ganz Thüringen." Die Schulungen, so wird betont, seien nicht nur für die Arbeitssuchenden gedacht, sondern auch für Unternehmen, wie eine Integration eines behinderten Menschen in die Mitarbeiterschaft und Arbeitsabläufe gelingen kann. Der Förderzeitraum belaufe sich auf drei Jahre. Damit biete sich die Chance, langfristige Strukturen aufzubauen.

Nicht ganz leicht aber sei auch die Zukunft des Blinden- und Sehbehindertenverbandes an sich. "Wir überaltern", bringen es Leibiger und der Pressereferent des Landesverbandes, Christian Vogel, auf den Punkt. Nur ganz wenige der Mitglieder in den 20 Kreisverbänden des Freistaates seien junge Menschen. Damit sei für genau diejenigen auch die Attraktivität einer Mitgliedschaft weg. Zudem müsse man sich vom Image des "Kaffeekränzchens" bei den Versammlungen der einzelnen Verbände lösen. "Was heißt, eine größere Öffentlichkeit herzustellen, uns einer breiteren Masse vorzustellen und das Potenzial auszuschöpfen, was in uns schlummert. Wir verstehen uns als Interessenvertreter aller Betroffenen im Freistaat". Dazu gehöre eben auch das neue Projekt der Koordinierungsstelle.

Mit einem zweiten Projekt, dem "Blickpunkt Auge", sollen ebenso neue Wege beschritten werden. Hierbei gehe es um die Beratung Betroffener durch Betroffene, um aus der Tiefe heraus Anstoß zur Selbsthilfe zu geben. Hierbei zähle man auch auf die Unterstützung durch Augenoptiker und Augenärzte. Es werde immer schwieriger, sich im Dschungel von Zuständigkeiten und Bürokratie zurechtzufinden, so Leibiger. Hier setze man auf ehrenamtliches Engagement, zu helfen, wo Hilfe notwendig ist. "Wenn ein Augenarzt auf Hilfsmittel oder unseren Verband als Berater hinweist, hat das höheres Gewicht, als wenn es der Nachbar sagt", so der Vorsitzende. Nun ginge es darum, all die Vorhaben in Angriff zu nehmen und zu etablieren. So sei man erfreut, dass bisher alle Fraktionen im Landtag zugesagt haben, sich weiter um die Belange der Blinden zu kümmern. So werden zum Beispiel eine Erhöhung des Landesblindengeldes in den Haushaltsentwurf mit eingebracht.

Bei der Festveranstaltung am Donnerstag ging es aber nicht nur ernst zu. Der Eichsfelder Verband hatte ein gutes Programm zusammengestellt, was nicht nur über die Hilfsmittel informierte, sondern auch genügend Raum für Gespräche. Als musikalischer Leckerbissen lockte am Nachmittag ein Auftritt der Formation "Die Schäfer".