Weimar. Diese Zeitung veröffentlicht in der Vorweihnachtszeit erneut Erinnerungen von Leserinnen und Lesern an Advent und Fest. Schreiben Sie uns.

Alle Jahre wieder: Über lange Zeit war Weihnachten für viele vor allem mit „immer mehr“ verbunden: immer mehr Geschenke, immer mehr Essen, immer mehr Besuch, immer mehr Stress. In Zeiten der Pandemie ist manches anders. Es ist Zeit zur Besinnung. Ein zweites Mal wird das Fest im kleinen Kreis stattfinden. Mehr das Sein als das Haben steht in diesem Advent im Mittelpunkt: Das Zusammensein mit wenigen Menschen. Die Freude über einen Spaziergang. Und zugleich ist da die stete Sorge, ob alle gesund und wohlbehalten sind. Wir wollen diese Wochen bis Weihnachten nutzen, um Ihren Erinnerungen Raum zu geben. Schreiben Sie uns, wie es früher war. Was wärmt Ihnen heute noch das Herz, wenn Sie an die Feste Ihrer Kindheit denken? Welche Gefühle verbinden Sie mit Weihnachten in Zeiten des Mangels oder der Trauer?

Der Krieg war zu Ende, die Menschen sangen so fröhlich

Bereits im vergangenen Jahr haben Leserinnen und Leser aufgeschrieben, was sie beim Rückblick bewegt. So Marie-Luise Schön, die als Vierjährige ab Januar 1945 auf der Flucht ist und erst im November 1945 mit ihrer Mutter, den Geschwistern und Großeltern in Gotha ankommt. „Kurz vor Weihnachten 1945 bekamen wir durch das Wohnungsamt zwei kleine Zimmer zugeteilt, eins für meine Großeltern, das andere für uns vier. Ein Schrank, ein Tisch mit Stühlen, ein Sparherd, zwei große Betten und ein Kinderbett waren nun unsere Einrichtung. In dem Bettchen durfte ich schlafen und es erinnerte mich an mein Bett zu Hause.“ 1945 war die erste Friedensweihnacht für das Kind. „Sicher ließ die Freude, dass der Krieg endlich beendet war, die Menschen so fröhlich singen“, schreibt Schön in ihren Erinnerungen an den Gottesdienst in der Gothaer Augustinerkirche. „Damals wusste ich nicht, warum meine Mutter weinte und welche schwere Bürde sie zu tragen hatte“, heißt es in ihren Erinnerungen.

Brunhilde Hoffmann, in Weimar ansässig, hatte im vergangenen Jahr an ihren größten Wunsch 1950 erinnert: „Ich war sechs Jahre alt und wünschte mir nichts sehnlicher als ein Fahrrad. Meine Mutter, meine Großmutter und ich waren Vertriebene aus Pommern“, erklärt sie. Tatsächlich erhielt sie ein Rad. „Aus heutiger Sicht war dieses Fahrrad ein elend zusammengestückeltes Gerät, aber für mich war es die Erfüllung!“ Leider währte das Glück nicht lange: Ein Polizist konfiszierte das Rad, weil es aus gestohlenen Einzelteilen bestand. Die Geschichte nahm aber einen guten Verlauf – und die kleine Brunhilde kam dank eines hilfsbereiten Schlossers doch noch zu ihrem Fahrrad …

Auch Erinnerungen aus jüngeren Tagen sind von Interesse. Etwa jene, die mit Westpaketen verbunden sind. Oder mit dem ersten Fest als junge Familie in der eigenen Wohnung. Oder aber: Das erste Fest alleine, verwitwet oder verlassen … Klaus Rodmann aus Seitenroda hatte sich im vergangenen Jahr beteiligt mit seinen Nachkriegserinnerungen: Klaus (Jahrgang 1943) ist mit seinem Bruder Wolfgang (Jahrgang 1942) in jüngsten Jahren auf sich gestellt, weil die Mutter früh verstirbt. Die Jungs werden bei fremden Menschen untergebracht. Schließlich findet die Familie in Löbichau eine neue Heimat; der Vater heiratet erneut. Am ersten Feiertag 1948 nach dem Frühstück machen der Vater und die Söhne einen Winterspaziergang bei leise rieselndem Schnee. „Erst jetzt erzählt unser Vater seine Geschichte. In dem Gefangenenlager in Sibirien lag er mit 79 Mitgefangenen in einer Baracke, die mehr als drei Jahre sein Zuhause werden sollte.“ So wird Weihnachten für diesen Leser immer verbunden bleiben mit dem Leid, das sein Vater in Gefangenschaft erlitten hat, und dem Vertrauen in seine Söhne …

Leser schreiben zum Advent: Senden Sie Ihre Erinnerungen mit Adresse und Telefonnummer an leserbriefe@tlz.de – falls Sie Bilder zur Illustration haben, bitte mitsenden (Dateigröße mindestens 1 MB)