Eisenberg/Weimar. Der Begriff „Mohr“ kommt in vielen Thüringer Städte-, Geschäfts- und sogar Stadtfestnamen vor. Die Organisation „MigraNetz“ fordert nun deren Umbenennung.

Thüringer Migrantenorganisationen haben eine kritische Auseinandersetzung mit dem Kolonialismus und dem damit verbundenen Begriff „Mohr“ angemahnt. Dabei seien auch die Kommunen gefordert, sagte Rea Mauersberger, Sprecherin des Netzwerks „MigraNetz“, der Deutschen Presse-Agentur.

In einem offenen Brief wird etwa die Stadt Eisenberg dazu aufgefordert, ihr als „Mohrenfest“ bekanntes Stadtfest umzubenennen. Mauersberger sagte: „Diese Bezeichnung diskriminiert und entwürdigt Menschen, die versklavt wurden.“ Gerade mit Blick auf die Stadt Eisenberg zeige sich, dass sich bei der Verwendung solcher Begriffe nicht auf die Tradition berufen werden könne, betonte Mauersberger.

„Mohrenfest“ gibt es seit einem Jahr

Das Stadtfest war erstmals im vergangenen Jahr unter diesem Namen veranstaltet worden, was schon damals auf Kritik gestoßen war. Die Stadt hatte für die Namenswahl auf eine lokale Sage verwiesen. In diesem Jahr sollte das Fest im Mai erneut unter dem gleichen Titel stattfinden, war aber wegen der Corona-Pandemie bis auf Weiteres verschoben worden.

„Wir sehen einen direkten Zusammenhang zwischen rassistischem Gedankengut in unserer Gesellschaft heute und der nicht aufgearbeiteten Kolonialgeschichte“, sagte Mauersberger. Nach wie vor seien in Thüringen auch einstige Kolonialisten in Straßennamen verewigt. So gibt es in Erfurt eine Initiative, die die Umbenennung des „Nettelbeckufers“ fordert - benannt nach Joachim Nettelbeck, der einst Sklavenschiffe kommandiert hatte.

Berlin ändert Namen einer U-Bahnstation

Mit solchen Debatten ist Thüringen nicht allein. In Berlin etwa soll noch in diesem Jahr die U-Bahnstation „Mohrenstraße“ umbenannt werden. Sie wird nach Angaben der Berliner Verkehrsbetriebe künftig den Namen der dort ebenfalls verlaufenden Glinkastraße tragen, die an den russischen Komponisten Michail Iwanowitsch Glinka (1804-1857) erinnert.

„MigraNetz“ ist ein Zusammenschluss von 30 Thüringer Organisationen, die die politischen Interessen von Migranten vertreten. Auf ihrer Jahrestagung am Samstag in Weimar forderten sie auch eine unabhängige Antidiskriminierungsstelle im Freistaat.

In Kitas und Schulen über Rassismus aufklären

Handlungsbedarf sehen sie auch bei der Polizei. So wurden Anti-Rassismus- und Antidiskriminierungstrainings für Polizisten angemahnt. Zudem müssten diese Themen auch im Bildungsbereich mehr Raum einnehmen, sagte Mauersberger. „Wir brauchen eine intensivere Auseinandersetzung in Kindertagesstätten und Schulen darüber, was Rassismus bedeutet.“