Berlin. Liebe kommt, Liebe geht. Manchmal ist eine Trennung der beste Weg. Wann ist eine Beziehung kaputt? Zwei Experten klären darüber auf.

  • Viele Beziehungen und Ehen sind nicht für das ganze Leben bestimmt
  • Doch wann merkt man eigentlich, ob eine Trennung sinnvoll ist?
  • Ein Paartherapeut erklärt, bei welchen Anzeichen Paare lieber einen Schlussstrich ziehen sollten

"Wer ist arm, wenn er geliebt wird?", sagte einst der irische Schriftsteller Oscar Wilde. Das Gefühl von Liebe – sei es vom Geliebten, von Freunden oder der Familie – ist ein Privileg: Denn wer geliebt wird, fühlt sich geborgen, gesehen und angenommen. Um glücklich zu sein, brauchen wir das Gefühl von Verbundenheit. Fehlt es in der eigenen Partnerschaft, kann das besonders schmerzhaft sein. Paartherapeuten sprechen dann meistens von einer kaputten Beziehung. Woran man eine brüchige Bindung erkennt, wie man sie retten kann und wann eine Trennung sinnvoller ist, erklären zwei Paartherapeuten. Lesen Sie hier: Wie lange dauert es, um Trennung zu verarbeiten? Psychologin erklärt schlimmste Phasen.

Was sind Anzeichen einer kaputten Beziehung?

Es kann viele Gründe geben, warum eine Beziehung aus dem Gleichgewicht gerät, und nicht jeder Konflikt muss gleich das Ende der Liebe bedeuten. Es gibt jedoch viele Situationen und Anzeichen in einer Beziehung, die klassisch für das Aufkommen von Trennungsgedanken sind:

1. Alleine fühlen trotz Beziehung

Einsamkeit ist nicht nur ein Thema derer, die an kalten Valentinstagen niemanden zum Kuscheln haben. Es ist auch ein Thema für jene, die zu zweit sind. In einer aktuellen NDR-Umfrage gaben 60 Prozent der Befragten an, sich in ihrer Beziehung zumindest hin und wieder einsam zu fühlen. Das US-Magazin "The New Yorker" hat dafür sogar einen eigenen Begriff geprägt: "marital loneliness". Mehr dazu: Wann trennen sich die meisten Paare? Zeitpunkt überrascht

Wenn eine Affäre auffliegt, ist das für beide Partner eine Ausnahmesituation. Wie geht es danach weiter?
Wenn eine Affäre auffliegt, ist das für beide Partner eine Ausnahmesituation. Wie geht es danach weiter? © Shutterstock / altanaka

Gemeint ist damit nicht unbedingt die Abwesenheit des Partners und das damit verbundene "Alleinsein", sondern das Fehlen einer emotionalen Verbundenheit. Für den Paartherapeuten Eric Hegmann zeigt sich die brüchige Bindung, "wenn es keine emotionalen Berührungsflächen mehr gibt, die Partner nur noch über Sachthemen kommunizieren, um als Team zu funktionieren, sich aber auf der Gefühlsebene nicht mehr füreinander öffnen". Auch Desininteresse kann ein Grund für eine fehlende Verbindung sein.

2. Kein Sex mehr in der Beziehung

Ein häufig genanntes Anzeichen für eine gescheiterte Beziehung ist auch das Fehlen von körperlicher Zärtlichkeit und Intimität. Denn neben der seelischen Nähe, dem Vertrauen und der Liebe zwischen zwei Menschen hat auch der Körperkontakt in den meisten Beziehungen einen hohen Stellenwert. Dass sich die Leidenschaft im Laufe der Beziehung abkühlt, ist zwar durchaus normal. Verspüren ein oder beide Partner aber gar kein Bedürfnis nach körperlicher Nähe, kann das ein Warnsignal sein. Gleiches gilt, wenn der Sex sich wie eine Pflichtübung anfühlt, da man "es" ja angeblich tun müsste.

3. Ständiger Streit in Beziehungen

Auch immer wiederkehrende Streitigkeiten oder unlösbare Konflikte sind laut der Autorin und Beziehungsexpertin Nina Deissler ein deutliches Zeichen für eine unglückliche Partnerschaft, "denn das zeigt, dass hier entweder mindestens auf einer Seite die Lösungsbereitschaft fehlt oder es tatsächlich Dinge gibt, über die man sich nicht einigen kann", so die Expertin.

Gibt es offensichtliche Vertrauensprobleme: Eifersucht mit Vorwürfen, Neid oder gar immer wiederkehrende Untreue, ist eine kaputte Beziehung sehr offensichtlich, erklärt Deissler. Manchmal sind es aber auch kleine, fast subtile Dinge, die zeigen, dass eine Beziehung nicht (mehr) glücklich ist: mangelnde Wertschätzung, fehlende Unterstützung oder auch "lustig gemeinte" Demütigungen des Partners vor anderen.

4. Wenn der Partner nur noch nervt

Die meisten Menschen merken spätestens dann, dass sie in einer Beziehung unglücklich sind, wenn sie die Person, die sie in der Beziehung geworden sind, nicht mehr mögen, erklärt Hegmann, der Co-Gründer von Modern Love School. Wenn man sich immer wieder Vorwürfe macht, vielleicht sogar Ultimaten stellt, wenn die innere Stimme böse wird und spottet: "Ich hab's dir doch gesagt, siehst du, das hast du dir selbst eingebrockt...".

Der aufgestaute Frust bahnt sich irgendwann seinen Weg nach draußen. "Wer von seinem eigenen Kritiker so gemein behandelt wird, der geht auch mit seinen Mitmenschen gemein um", sagt Hegmann. "Das setzt meist eine sehr schmerzhafte Dynamik in Gang, in der die Partner oft um etwas kämpfen, an das sie sich kaum noch erinnern und stattdessen in nostalgischen Erinnerungswünschen schwelgen."

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5. Keine Mühe wird investiert, um die Liebe zu erhalten

Die Liebe ist wie eine Pflanze. Sie muss regelmäßig gepflegt werden, damit sie nicht verwelkt. Eine glückliche Beziehung zeichnet sich dadurch aus, dass man sich für den anderen Zeit nimmt, auf dessen Bedürfnisse eingeht und sein Interesse zeigt. In einer kaputten Beziehung fehlt diese Aufmerksamkeit.

Viele Menschen flüchten sich dann in eine emotionale Affäre. Darunter versteht man eine emotional starke Beziehung, die außerhalb der eigenen Partnerschaft stattfindet, schreibt die Heilpraktikerin für Psychotherapie und Paartherapeutin Ulrike Fuchs auf ihrer Website. Ursache sind meist unerfüllte Bedürfnisse. Wenn diese vom Partner nicht angesprochen, gesehen oder erfüllt werden, kann plötzlich ein Dritter diese Lücke füllen.

Die Beziehung retten oder beenden: Was tun in einer gescheiterten Beziehung?

Zuerst muss man sich klar werden: Will man die Beziehung überhaupt reparieren? Hier muss es von beiden Seiten ein klares "Ja" geben, empfehlen die Paartherapeuten Deissler und Hegmann. Dann muss man sich von dem Gedanken verabschieden, dass der andere sich nur ändern müsse, damit die Probleme verschwinden. "Veränderungen müssen von beiden ausgehen, und das ist meiner Erfahrung nach nur dann erfolgversprechend, wenn beide Partner eine konkrete Vorstellung davon entwickeln können, wer sie in ihrer Beziehung sein können und wollen", erklärt Hegmann.

Ansonsten ist es besser, keine weitere Zeit und Energie zu verschwenden und eine saubere Trennung anzustreben, um nicht noch mehr Schaden anzurichten.

Wie kann man eine kaputte Beziehung retten?

Wenn beide Partner aktiv für die Partnerschaft kämpfen wollen und die Bereitschaft zeigen, Arbeit in die zerbrochene Beziehung zu stecken, empfiehlt die Beziehungsexpertin Nina Deissler, zunächst herauszufinden, welche Themen hinter den Problemen stecken: Was werfe ich meinem Partner vor und warum?

Außerdem sei es wichtig, eine Atmosphäre und Kommunikationskultur zu schaffen, die wertschätzend ist, damit man sich auf Augenhöhe austauschen und Lösungen finden kann – statt in der verletzten, kindlichen Haltung zu verharren, so die Expertin. "Für viele Paare ist es sehr hilfreich, wahrnehmen zu lernen, worum es ihnen wirklich geht und von einem „Du bist...“ zu einem „Ich fühle mich...“ zu kommen", sagt Deissler.

Um die Liebe aufzufrischen, ist es auch hilfreich, sich die Frage zu stellen: Was tue ich für die Beziehung? Oder wie sehr zeige ich meine Liebe? Damit sind nicht die großen drei Worte gemeint, sondern die kleinen Liebesbeweise im Alltag, mit denen man miteinander kommuniziert: "Du bist mir wichtig." Immer wieder. So haben Unsicherheiten und Zweifel an der Liebe erst gar keinen Platz.