Berlin. Eifersucht ist normal. Doch ist sie zu groß, kann sie zu einem Problem werden. Ein Psychologe gibt Tipps, was man dagegen tun kann.

  • Eifersucht ist in einem Gewissen Umfang ganz normal
  • Beeinflusst sie das eigene Verhalten aber zu sehr, wird sie zum Problem
  • Ein Experte gibt Tipps, was Eifersüchtige dagegen tun können.

Das Wort "Eifersucht" leitet sich vom althochdeutschen "eiver" ("das Bittere") und "suht" ("Krankheit") ab – und hinter dieser Wortherkunft steckt eine gewisse Wahrheit. Denn ständige Eifersucht kann eine Beziehung bitter machen, sie auf Dauer sogar vergiften. Ein Paartherapeut erklärt, ab wann man von krankhafter Eifersucht spricht und wie man das lästige Gefühl wieder loswird. Lesen Sie hier: Versteckte Eifersucht bei Frauen - Das sind die größten Anzeichen.

Was ist Eifersucht und wie äußert sich dieses Gefühl?

Der Begriff klingt zunächst befremdlich: Es gibt Alkoholsucht, es gibt Spielsucht, aber was ist eine Sucht nach Eifer? "Eifersucht drängt uns, etwas zu besitzen oder zu kontrollieren, was wir als nicht kontrollierbar wahrnehmen", erklärt der Diplom-Psychologe Wanja Kunstleben, "dahinter steckt also oft die Angst vor Verlust, Einsamkeit, Unverbundenheit und Verlassenwerden sowie die damit verbundene Ohnmacht."

cl_klatsch_DW_Wissenschaft_Manschnow.jpg
© pa / beyond | picture-alliance / beyond/beyond

Lesen Sie auch: Liebe – Es gibt mehr als eine Form und alle sind wahr

Ist Eifersucht ein Zeichen von Liebe?

Grundsätzlich ist Eifersucht in Maßen ganz normal. Laut einer Parship-Umfrage kennt fast jeder Zweite das Gefühl der Eifersucht und neigt gelegentlich dazu. In gemäßigter Form kann Eifersucht auch als Liebesbeweis gedeutet werden, schließlich zeigt man dem oder der Geliebten mit der Eifersucht, dass man ihn oder sie nicht verlieren möchte.

Nimmt die Eifersucht jedoch überhand, hat das Gefühl wenig oder gar nichts mehr mit Liebe zu tun. "Übermäßige Eifersucht in Partnerschaften kann zu erheblichen Problemen führen und das Wohlbefinden sowohl der eifersüchtigen Person als auch des Partners beeinträchtigen", sagt Kunstleben.

Wichtige Anzeichen für übermäßige Eifersucht sind laut dem Experten ein ständiges Kontrollverhalten, zum Beispiel häufige Fragen nach dem Aufenthaltsort, das Überprüfen von Aussagen oder das Kontrollieren des Handys. Auch unbegründete Verdächtigungen, etwa dass der Partner untreu sei oder "unangemessene" Interesse an anderen Personen habe, seien häufige Merkmale. Die Betroffenen entwickeln dann eine Art Tunnelblick und legen jedes Verhalten des Gegenübers auf die Goldwaage: "Hat er sich nicht komisch verhalten, als die beiden Frauen vorbeigelaufen sind?" oder "Früher habe ich fast täglich einen kleinen Liebesbeweis von ihr bekommen, jetzt höchstens noch zum Jahrestag".

Schließlich ist auch Besitzdenken ein starkes Zeichen von Eifersucht. Aus einer "obsessiven" Liebe heraus versuchen Eifersüchtige, ihr Gegenüber von anderen Menschen und Aktivitäten zu isolieren. So werden die Freunde oder die Familie des Partners negativ beurteilt, Aktivitäten, in denen der Partner unabhängig wäre, werden abgelehnt.

Auch interessant: Traum vom Fremdgehen – Traumforscher erklären die Bedeutung

Wann spricht man von einer krankhaften Eifersucht?

Eifersucht kann auch "krankhaft" sein. Krankhafte Eifersucht, auch pathologische Eifersucht oder Eifersuchtswahn genannt, ist ein intensiver, exzessiver und ungesunder Zustand von Misstrauen und Angst in einer Beziehung.

Die wichtigste Ähnlichkeit zum klassischen Suchtverhalten ist der Kontrollverlust: So wie der Drogensüchtige weiß, dass er sich selbst schadet, aber dennoch nicht anders kann, als die Droge zu konsumieren, weiß der krankhaft Eifersüchtige oft auch, dass sein Misstrauen übertrieben ist und wenig mit der Realität zu tun hat – und kann dennoch nicht anders. Die Betroffenen fühlen sich ihren Gefühlen ausgeliefert, leiden unter Schlafstörungen, Magen-Darm-Problemen, Kopfschmerzen und Herzrasen, werden unsicher, fahrig, aggressiv – oder alles auf einmal.

Die zweite Ähnlichkeit besteht darin, dass sowohl der Eifersüchtige als auch der Drogenabhängige allmählich in diesen krankhaften Zustand geraten. Mit einem Unterschied: Der Drogenabhängige erlebt beim Konsum der Droge – über das Belohnungssystem im Gehirn – eine vorübergehende Befriedigung, um danach umso tiefer zu fallen. Die Eifersucht hingegen verspricht kein Belohnungsgefühl, nicht einmal kurzfristig. Stattdessen wird das Leben der Betroffenen stark beeinträchtigt. Außerdem führt Eifersucht zu intensiven emotionalen Reaktionen wie Wutausbrüchen, Verzweiflung, Panikattacken oder depressiven Episoden.

Lesen Sie auch: Toxische Beziehung retten? Das ist die wichtigste Bedingung

Weitere Warnsignale für krankhafte Eifersucht sind:

  • Emotionale Abhängigkeit: Sie haben das Gefühl, ohne den Partner nicht leben zu können und brauchen ständig dessen Bestätigung.
  • Selbstaufopferung: Sie stellen sich und ihre Bedürfnisse zurück, um dem oder der Geliebten zu gefallen.
  • Verlustangst: Sie haben Angst, den Partner zu verlieren, obwohl es keine objektiven Anzeichen für einen Verlust gibt.
  • Isolieren: Sie ziehen das "Gehege" um Ihren Partner möglichst klein, in dem Glauben, dadurch die Partnerschaft vor Fehltritten zu bewahren.

Was sind die Ursachen für Eifersucht?

Wie bei allen psychischen Erkrankungen liegen die Wurzeln meist in der Kindheit oder in früheren Verlust- und Kränkungs-Erfahrungen, die uns bis ins Erwachsenenalter geprägt haben, erklärt der Psychologe Kunstleben. Die häufigste Ursache sei ein Vertrauensbruch in der Vergangenheit, der den Betrogenen auch in der nächsten Beziehung prägt. Aber auch ein Elternteil oder eine andere nahestehende Person kann dieses Gefühl auslösen. Möglich ist das etwa, wenn sich die Eltern früh trennen oder jüngere Geschwister geboren werden, die mehr Aufmerksamkeit verlangen. In der Folge können Bindungen als etwas Unzuverlässiges erlebt werden und die Betroffenen haben Angst, dass ihre Beziehungen immer wieder zerbrechen könnten.

In vielen Fällen ist auch ein geringes Selbstwertgefühl eine wichtige Ursache. "Mangelndes Selbstvertrauen hat zur Folge, dass auch anderen Menschen nicht vertraut werden kann", sagt Kunstleben. Die eigene Unsicherheit würde laut dem Experten auch dazu führen, dass die Betroffenen ihr Leben zu sehr von dem des Partners abhängig machen und nicht mehr eigenständig handeln.

Selbstvertrauen stärken: Finde deine innere Stärke für schwierige Situationen

weitere Videos

    Auch gesellschaftliche Normen hätten einen starken Einfluss, erklärt Kunstleben. "Etwa, wenn bei transkulturellen Paaren einer der Partner aus einem Kultur- oder Milieuumfeld stammt, dessen Wertvorstellungen sich mit dem vielleicht eher westlich geprägten Verständnis von Freizügigkeit und größerer Unabhängigkeit der Partner reiben", so der Psychologe.

    Ebenfalls lesenswert: Depression – Psychische Belastung im Beruf steigt massiv

    Wie kann man Eifersucht bekämpfen?

    Jeder und jede macht am Ende, was er oder sie will. Jeder kann sich neu verlieben und eine Beziehung verlassen. Diese Tatsache sollte man schon zu Beginn einer Beziehung anerkennen. Der permanente Druck durch starke Eifersucht kann sonst irgendwann zu einer sich selbst erfüllenden Prophezeiung werden. Um die Beziehung vor der Selbstsabotage zu retten, können folgende Tipps helfen:

    1. Emotionen beruhigen, aber die Eifersucht nicht unterdrücken

    Bei einem Eifersuchtsanfall kommt es häufig vor, dass die Betroffenen im Affekt Vorwürfe und Beschimpfungen aussprechen, die sie später bereuen. Während eines akuten Eifersuchtsanfalls ist es daher ratsam, die angespannte Situation zu verlassen. Schon ein kurzer Spaziergang kann helfen, die aufgewühlten Gefühle zu beruhigen. Auch kreative oder sportliche Aktivitäten eignen sich gut.

    Kunstleben empfiehlt, in der Beruhigungsphase negative Gedanken und Annahmen zu hinterfragen. Besonders hilfreich sei es, sich zu fragen, ob es eindeutige Beweise für die Eifersucht gibt oder ob man die Situation aufgrund von Unsicherheiten oder Ängsten falsch interpretiert. "Bei auftretender Eifersucht sollten Betroffene die Situation aus der Perspektive des Partners betrachten. Dann fällt es vielleicht leichter zu verstehen, dass der Partner auch Bedürfnisse und Beziehungen zu anderen Menschen hat, die die eigene Partnerschaft nicht unbedingt gefährden".

    2. Ursachenforschung betreiben

    Die Zeit vor dem Konfliktgespräch sollte genutzt werden, um in sich hineinzuhorchen und auf Ursachenforschung zu gehen. Akzeptieren Sie dieses Gefühl und damit auch diese Seite an sich. Kunstleben rät außerdem, sich zu fragen, woher diese Gefühle kommen könnten und welche Ängste oder Unsicherheiten dahinterstecken. Gelingt es, die Gründe für die Eifersucht zu finden, kann ein sachliches Gespräch mit dem Partner gesucht werden.

    3. Mit Ich-Botschaften das Gespräch suchen

    Ein guter Weg aus einem Dilemma ist immer, den Teufel bei den Hörnern zu packen und den Konflikt anzusprechen. Denn unterdrückte Eifersucht entlädt sich im schlimmsten Fall in einem emotionalen Wutausbruch, der die Liebesbeziehung stark belasten kann. "Es ist wichtig die eigenen Ängste und Unsicherheiten mit dem Partner zu teilen, um gemeinsam Lösungen zu finden.", sagt der Psychologe Kunstleben.

    Um ein sachliches Gespräch zu führen, ist es besonders wichtig, in der Ich-Botschaft die Situation und die Folgen für sich selbst zu beschreiben und nicht in eine vorwurfsvolle Du-Botschaft zu verfallen.

    Hier sind einige Beispiele, wie Sie Ihren Ärger beschreiben können, ohne Ihren Gesprächspartner zu beschuldigen. Beginnen Sie mit einer wertfreien Beschreibung Ihrer Gefühle.

    • Ich bin ... verärgert - gereizt - aufgebracht - frustriert - überrascht - traurig - enttäuscht - unsicher - verunsichert - verzweifelt - eifersüchtig, ...

    In einem zweiten Schritt wird die Situation beschrieben, ohne Schuldzuweisungen vorzunehmen:

    • Ich finde die Situation bedrohlich.
      Nicht: Du flirtest immer mit Person XY.
    • Ich fühle mich oft ausgeschlossen.
      Nicht: Du schließt mich immer aus.
    • Ich fühle mich von dir nicht genug wertgeschätzt
      Nicht: Du schätzt mich nie.

    Der dritte Schritt ist die Präzisierung des eigenen Bedürfnisses oder der Ursache des Gefühls:

    • Weil ich XY schöner finde als mich selbst.
    • Weil ich an deinem Leben teilhaben möchte.
    • Weil ich mir mehr Anerkennung für meine Arbeit wünsche.

    4. Das eigene Selbstvertrauen stärken

    "Nur wer sich selbst liebt, kann auch andere lieben." Auch wenn diese Weisheit etwas abgedroschen klingt, ist viel Wahres dran. Denn Selbstbewusstsein und Selbstvertrauen sind enorm wichtig, um Eifersucht zu überwinden. Wer seine Selbstzweifel hinter sich lässt, zweifelt auch weniger an seinem Partner.

    Es gibt viele einfache Techniken, um das Selbstwertgefühl zu stärken: Sagen Sie sich zum Beispiel jeden Abend, was Sie am Tag Gutes geleistet haben. Fragen Sie auch Ihre Freundinnen und Freunde, was sie an Ihnen schätzen und lieben. So können Sie sich ihre positiven Eigenschaften immer wieder ins Gedächtnis rufen und Ihr Selbstwertgefühl stärken.

    5. Eigene Interessen entwickeln und unabhängig werden

    Im Rausch der Verliebtheit konzentrieren sich viele Menschen ganz auf den neuen Partner. Am Anfang einer Beziehung ist das vielleicht normal. Langfristig sollte man jedoch darauf achten, eigene Hobbys, Interessen und Freundschaften zu pflegen. Auch ein eigener Beruf trägt dazu bei, das Selbstwertgefühl zu erhalten. Denn wer über ein starkes soziales Netz verfügt und sich nicht von der Beziehungsperson abhängig macht, ist seltener eifersüchtig.

    Lesen Sie auch: Wann sollte man sich trennen? Psychologe erklärt Anzeichen

    Wie geht man mit einem eifersüchtigen Partner um?

    "Wer bei seinem Partner Angst und Eifersucht auslöst, muss lernen, einerseits geduldig und einfühlsam zu sein, andererseits aber auch eigene Grenzen zu setzen", sagt Psychologe Kunstleben. Eine offene und ehrliche Kommunikation könne helfen, die Ursachen der Eifersucht zu verstehen und besser nachzuvollziehen, was hinter den Ängsten und Sorgen des Eifersüchtigen steckt.

    Kunstleben betont, dass der Partner nicht die Verantwortung für die Eifersucht des anderen übernehmen kann. "Als Lebenspartner kann man Unterstützung anbieten und eine gesunde Kommunikation fördern, aber letztendlich muss der eifersüchtige Partner bereit sein, an seinen eigenen Gefühlen und Gedanken zu arbeiten, um diese Herausforderung zu meistern".

    --

    Wenn Sie oder jemand, den Sie kennen, Anzeichen von krankhafter Eifersucht zeigt, ist es wichtig, professionelle Hilfe in Anspruch zu nehmen. Ein Psychologe oder Therapeut kann helfen, die Situation einzuschätzen und geeignete Unterstützung anbieten, um mit den starken Gefühlen umzugehen und Wege aus der Eifersuchtsfalle zu finden.