Berlin/Brüssel. Die geplanten Richtlinien für neue Heizungen der EU-Kommission sorgen für Wirbel. Wer betroffen ist und wie die Reaktionen ausfallen.

  • In Deutschland wird aktuell viel über das neue Heizungsgesetz debattiert
  • Doch Pläne der EU könnten das nationale Gesetz ausbremsen – denn auch in Brüssel ist die Wärmewende Thema
  • Wie realistisch sind die geplanten Richtlinien? Mittlerweile hat sich auch die Vertretung EU-Kommission dazu geäußert

Das Thema Heizen sorgt derzeit für viel Gesprächsstoff. Die Energiepreise sind seit Jahresbeginn drastisch gesunken – trotzdem sollen Gas und Heizöl in Deutschland bald der Vergangenheit angehören. Ab 2024 plant die Ampel-Koalition ein schrittweises Verbot von Gas- und Ölheizungen ohne regenerativen Anteil. Betroffen sind neue Heizungen. Im Bestand kann die Gas- oder Ölheizung weiter genutzt werden. Zudem soll neben der Wärmepumpe auch die Pellet- oder Gasheizung unter gewissen Voraussetzungen eine Option sein.

Nächsten Heizungen droht das Verbot: EU-Kommission legt Pläne für neue Verordnung vor

Kollidieren könnte das mit den Plänen der EU zur Überarbeitung der Ökodesign-Richtlinie. Die Verordnung definiert Mindeststandards für Raum- und Kombiheizgeräte – dazu zählen auch Heizkessel. Konkret sehen die Pläne der EU-Kommission eine stufenweise Verschärfung der Mindesteffizienz-Anforderungen für diverse Arten von Heizgeräten vor. Die verlangte Effizienz von Brennwertgeräten soll ab 2029 auf 115 Prozent gesetzt werden. Der Deutscher Verband Flüssiggas e. V. (DVFG) gibt zu bedenken: "Diese Anforderung können brennstoffbasierte Kessel physikalisch nicht erfüllen."

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    Mindeststandards für Heizkessel sollen verschärft werden: Was für Heizungen betroffen wären

    "Im schlimmsten Fall droht ein Verbot des Inverkehrbringens von einzeln aufgestellten Heizkesseln ab 2029 – auch solchen zum Betrieb mit erneuerbaren Gasen", erklärt DVFG-Hauptgeschäftsführer Andreas Stücke. Ungeachtet der geplanten Ausnahmen im neuen Heizungsgesetz für Gasheizungen im Hybrid- oder Wasserstoffbetrieb könnte die EU-Verordnung den Betrieb verschiedener Heizungsanlagen unmöglich machen. Dazu zählen neben Hybridheizungen in Deutschland auch Heizungen auf Grundlage von Biomasse oder Wasserstoff, heißt es vom DVFG.

    Von den EU-Plänen laut DVFG betroffen:

    • Heizungsanlagen mit Nutzung von flüssiger oder gasförmiger Biomasse – von Wasserstoff oder -derivaten in Neubau und Bestand
    • Hybridheizungen – bei denen das Gasgerät eine separate Gerätezulassung aufweist
    • Rechtlich zulässige Heizungskombinationen – etwa aus Abwärmenutzung, Solarthermie oder anteiliger Biomassenutzung

    Auch der FDP-Fraktionsvorsitzende Christian Dürr zeigt sich besorgt. "Während wir uns in Berlin um Technologieoffenheit im Heizungsgesetz bemühen, bereitet EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen von der CDU einen Rechtsrahmen vor, der dieses Ziel aushebeln würde. Große Sorge macht mir auch, dass das Verfahren unter Ausschluss der Parlamente stattfindet: Eine Zustimmung von Europäischem Parlament oder Bundestag ist in dieser Frage nicht notwendig. Bei solch weitreichenden Eingriffen halte ich das für sehr problematisch, denn das verunsichert die Menschen zurecht."

    Anderer Ansicht ist Grünen-Politikerin Anna Cavazzini – Vorsitzende des Ausschusses für Binnenmarkt und Verbraucherschutz im EU-Parlament. "Ab 2029 können Verbraucherinnen und Verbraucher sich so darauf verlassen, dass bei Neuanschaffung einer Heizung die aktuellsten Effizienzvorgaben gelten – und sparen dadurch Energiekosten." Die aktuell geltenden Effizienzvorgaben für Heizgeräte seien 10 Jahre alt – die Überarbeitung der Richtlinien sei daher ein normaler Vorgang. Alte oder gebrauchte Heizgeräte seien von den angehobenen Standards zudem nicht betroffen.

    Über die Pläne der EU-Kommission für Heizgeräte (Symbolbild) wird aktuell viel diskutiert.
    Über die Pläne der EU-Kommission für Heizgeräte (Symbolbild) wird aktuell viel diskutiert. © Zhang Cheng/XinHua/dpa

    DVFG-Chef Stücke sieht das Problem aber gerade bei Neugeräten und gibt zu Bedenken: "Gerade Verbraucher im ländlichen Raum – die ohnehin nicht über die Option zur Nutzung eines Wärmenetzes verfügen – verlieren mit der Verordnung eine weitere Möglichkeit, das 65-Prozent-Ziel zu erreichen." Dieser Darstellung wiederspricht die Vertretung der EU-Kommission in Deutschland. Die Bezeichnung "Wärmepumpen-Pflicht" sei nicht korrekt, erklärt eine Sprecherin. "Neue Gasheizkessel in Kombination mit Solarenergie wären weiter zulässig."

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    Flüssiggas-Verband warnt: 65-Prozent-Ziel für Hunderttausende Haushalte nicht erreichbar

    Es gibt aber einen Haken: Selbst moderne Gas- oder Ölheizungen erreichen nur Wirkungsgrade zwischen 100 und 110. Dabei seien viele Eigentümer auf passgenaue Heizungslösungen für ihr Gebäude angewiesen, sagt Stücke. "Rund 830.000 Gebäude mit alten Ölheizungen in Deutschland können das 65-Prozent-Erneuerbare-Energien-Ziel praktisch nur über einen Umstieg auf Flüssiggas-Hybridheizungen oder Flüssiggas-Heizungen mit biogenem Flüssiggas erreichen."

    HeizungWirkungsgrad in Prozent (Spanne)
    Wärmepumpe300 bis 500
    Gasbrennwertheizung100 bis 111
    Klassische Gasheizung85 bis 93
    Ölbrennwertheizung102 bis 106
    Klassische Ölheizung70 bis 90
    Heizkessel mit Scheitholz80 bis 95
    Pelletkessel85 bis 103

    Quelle: thermondo.de

    Bauministerin über Deutschlands Position zu EU-Plänen: Keine Verbote für Gasheizungen

    Doch wie realistisch sind die Pläne aus Brüssel? Könnten die EU-Pläne die deutschen Heizungspläne aushebeln? Wir haben die deutsche Bauministerin – Klara Geywitz – auf das Thema Anfang Mai angesprochen. Die SPD-Politikerin stellt klar: "Die deutsche Position wird so sein, dass es mit dem Gebäudeenergiegesetz vereinbar ist." Die europäische Gesetzgebung werde man so anwenden, dass sie zum deutschen Recht passt. "Vorgaben zur Energieeffizienz – die auf ein Verbot von Gasheizungen auch im Biogas- oder Wasserstoffbetrieb hinauslaufen – wird es mit uns nicht geben."

    Dazu kommt: Bisher handelt es sich um einen Entwurf – beschlossen ist noch nichts. Zunächst soll in einem Konsultationsforum auf EU-Ebene über den Entwurf der Kommission diskutiert werden. Das Gremium gewährleistet eine Beteiligung der Interessensgruppen auf EU-Ebene. Dem Forum gehören unter anderem Vertreter aus Industrie, Handel, Umwelt- und Verbraucherschutzverbänden der Mitgliedsstaaten an. Das Gremium hat gegenüber der EU-Kommission eine beratende Funktion.

    Erteilt einem strikten Verbot für Gasheizungen eine Absage: Bauministerin Klara Geywitz (SPD).
    Erteilt einem strikten Verbot für Gasheizungen eine Absage: Bauministerin Klara Geywitz (SPD). © Sergej Glanze / FUNKE Foto Services

    Pläne sehen Verbot für bestimmte Heizungen vor: Wie es auf EU-Ebene jetzt weitergeht

    Im Anschluss geht der Entwurf in die kommissionsinterne Abstimmung und danach in einen Regelungsausschuss. Hier haben die Vertreterinnen und Vertretern der Mitgliedsstaaten die Möglichkeit zur Stellungnahme und müssen den Plänen zur Überarbeitung der Ökodesign-Durchführungsverordnung im Gremium mehrheitlich zustimmen. Dann legt die Kommission dem Europäischen Parlament und dem Europäischen Rat den Entwurf zur Kontrolle vor – auch hier sind Änderungen oder sogar die Ablehnung der Pläne möglich.

    Für die Verbraucherinnen und Verbraucher bedeutet das: Die Beratungen im ersten Konsultationsforum sind nicht die letzte Instanz. Die Mitgliedsstaaten sowie Europäischer Rat und EU-Parlament können die Pläne später noch abändern oder sogar kippen. Ähnlich sieht es im Übrigen auch mit Blick auf die nationalen Heizungspläne der Bundesregierung aus. Der Bundestag wird über den Gesetzentwurf beraten und kann Änderungen vornehmen oder die Gesetzesinitiative kippen. Daher sind auch die Heizungspläne in Deutschland noch nicht in Stein gemeißelt.