Berlin. Millionen Handys schlummern ungenutzt in deutschen Haushalten. Metalle gehen so verloren. Doch wohin mit ihnen? Experten geben Tipps.

Ausgerüstet mit Laborkleidung, Schutzbrillen und Gummihandschuhen stehen die Mitarbeiter am Fließband und füttern „Daisy“ mit ausrangierten iPhones. Metallene Greifarme an dicken Kabeln packen ein Mobiltelefon nach dem anderen und zerlegen es in seine Einzelteile – schneller und effizienter, als es die menschlichen Kollegen könnten, die am Ende des Prozesses nur noch die Einzelteile händisch in kleine Körbchen sortieren müssen.

„Daisy“ steht im niederländischen Breda, sie ist einer von zwei modernen Recyclingrobotern, die der US-Hersteller Apple betreibt, um aus dem Innenleben ausrangierter iPhones möglichst viele Rohstoffe wiederzugewinnen. 200 Geräte je Stunde soll der Roboter schaffen, bis zu 1,2 Millionen Geräte pro Jahr. Neben Apple werben auch Samsung, Google und andere Handyhersteller werben offensiv mit eigenen Programmen, die weltweit Elektroschrott sammeln und Rohstoffe mittels Recycling wieder verfügbar machen sollen.

Tag der Erde: Was tun mit dem alten Smartphone?

„Das würde ich eher als PR-Aktion einstufen“, sagt Marieke Hoffmann, Expertin für Kreislaufwirtschaft bei der Deutschen Umwelthilfe (DUH), im Gespräch mit unserer Redaktion. Denn zugleich würden Verbraucher verführt, jedes Jahr dann doch das neueste Modell zu kaufen.

Kritisch sieht die Umweltschützerin auch die Praxis großer Hersteller wie Apple und Co., Ersatzteile oft so zu gestalten, dass freie Werkstätten die Geräte nicht ohne Weiteres reparieren könnten. Ähnlich sieht das Henning Wilts, Umweltexperte beim Wuppertal Institut: „Versuchen Sie mal ein Apple-Gerät auseinanderzubauen und die Batterie auszutauschen – da ist noch viel Luft nach oben.“

Recycling-Roboter „Daisy“: Im niederländischen Breda lässt Hersteller Apple nach dem Gebrauch zurückgegebene iPhones auseinanderbauen.
Recycling-Roboter „Daisy“: Im niederländischen Breda lässt Hersteller Apple nach dem Gebrauch zurückgegebene iPhones auseinanderbauen. © apple | apple

Produkte nachhaltiger nutzen, richtiges Recycling und den eigenen Konsum überdenken: Themen wie diese stehen auch in diesem Jahr im Mittelpunkt, wenn am kommenden Samstag (22. April) der sogenannte Tag der Erde mit vielen Aktionen von Umweltschutzorganisationen, Aktionsbündnissen, Ministerien und der Industrie begangen wird. Der „Earth Day“ gilt schon länger als internationaler Aktionstag, um vor Ort und im Netz auf die Folgen des Klimawandels aufmerksam zu machen und Gegenmaßnahmen zu diskutieren.

Während sich die Handyfirmen zumindest einen grünen Anstrich verleihen und Nachhaltigkeit geloben, gibt es bei den Käufern und Käuferinnen selbst noch Nachholbedarf: Etwa 210 Millionen Smartphones und Handys schlummern ungenutzt in den Schubladen der deutschen Haushalte. Zu diesem Ergebnis kam im Dezember eine Studie des Digitalverbands Bitkom. Darin enthalten: über sechs Tonnen Gold, mehr als 60 Tonnen Silber und fast 3500 Tonnen Kupfer, wie die Deutsche Umwelthilfe vorrechnet. Ein Ressourcen-Schatz, der laut dem Institut der deutschen Wirtschaft (IW) Millionen Euro wert ist.

Handy möglichst lange nutzen – oder weitergeben

Was aber sollte man mit Blick auf Nachhaltigkeit am besten mit seinen ausrangierten Handys tun?

„Das Umweltfreundlichste wäre, ein Smartphone immer so lang wie möglich zu nutzen und es bei Defekten zu reparieren“, sagt Marieke Hoffmann. Schutzhüllen, Displayfolien und wasserdichte Taschen können Schäden vorbeugen und die Lebensdauer der Geräte verlängern. Reparaturen seien leider oft überteuert, sagt Wilts.

Steigt man dennoch mal auf ein neues Smartphone um, könne man sein gebrauchtes Gerät innerhalb der Familie oder an Bekannte weitergeben, rät der Experte. Oder aber auf gängigen Kleinanzeigen- oder Ankaufportalen verkaufen. Viele der Letztgenannten reparieren und reinigen die Altgeräte fachgerecht und bringen sie als generalüberholte Refurbished-Geräte wieder in den Verkauf.

Und wenn das Schubladenhandy gar nichts mehr wert ist? Auf keinen Fall sollte das ausgediente Smartphone im Hausmüll landen. „Dabei können Schadstoffe freigesetzt werden und es gehen wertvolle Rohstoffe für das Recycling verloren“, sagt Hoffmann. Immer wieder komme es durch im Hausmüll oder gelben Sack entsorgte Handys sogar zu Bränden in den Sortieranlagen der Entsorger, weil sich die Lithium-Ionen-Akkus entzündeten.

Handy richtig entsorgen – Welche Anlaufstellen gibt es?

Stattdessen solle man seine Altgeräte fachgerecht entsorgen. Hoffmann verweist auf die DUH-eigene Initiative „Handys für die Umwelt“ (handysfuerdieumwelt.de). Hier haben Verbraucher die Möglichkeit, ausgediente Smartphones oder Diensthandys an bundesweit aufgestellten Sammelboxen abzugeben oder per Post einzuschicken. Jedes Handy wird laut DUH geprüft, ob es sich wiederverwenden lässt, und dann nach einer gründlichen Datenlöschung wenn möglich aufbereitet, repariert oder zur Gewinnung von Ersatzteilen genutzt.

Grundsätzlich sollten alte Handys wie sonstiger Elektromüll nur bei offiziellen Annahmestellen entsorgt werden. Die Kommunen müssen dafür kostenlose Möglichkeiten bieten, meist die Wertstoffhöfe. Zudem sind größere Elektronikhändler verpflichtet, Altgeräte kostenfrei zurückzunehmen.

Seit Juli vergangenen Jahres sind auch Lebensmitteleinzelhändler oder Discounter zur Rücknahme von Elektro-Altgeräten verpflichtet, die regelmäßig Elektrogeräte vertreiben und deren gesamte Verkaufsfläche größer als 800 Quadratmeter ist. Die großen Mobilfunkanbieter Telekom, Vodafone oder O2 nehmen über Kooperationspartner ebenso Althandys an.

Über die Hälfte aller Elektrogeräte komme jedoch nie in der Wertstoffsammlung an, beklagt Hoffmann. Der Rest werde dort nachlässig behandelt: Laut DUH werden in den Wertstoffhöfen bislang nur 1,6 Prozent aller gesammelten Elektrogeräte wiederaufbereitet. „Dabei wären bis zu 15 Prozent dieser Geräte noch funktionstüchtig“, sagt Hoffmann.

Rohstoffe aus Smartphones retten: Recycling mit Tücken

Selbst ältere Smartphones können in Fachwerkstätten oft noch repariert und verkauft oder gespendet werden.
Selbst ältere Smartphones können in Fachwerkstätten oft noch repariert und verkauft oder gespendet werden. © Shutterstock/sasirin pamai | sasirin pamai

Zumindest jene wertvollen Metalle, die in Smartphones den größten Anteil ausmachen, lassen sich laut Umweltexperten recht gut recyceln: darunter Kupfer, Silber, Gold, teils auch Palladium und Platin. Doch je kleiner der Anteil, desto aufwendiger und teurer wird die Wiedergewinnung aus Handys. „Das rechnet sich leider nicht immer“, sagt Henning Wilts.

„Dadurch gehen sehr knappe und wertvolle Rohstoffe im Moment noch verloren“, so Hoffmann. Dazu zählten neben Kobalt auch Tantal, Indium oder Gallium sowie Seltene Erden wie Neodym und Cer. Hier fordert die DUH mehr Investitionen. Der Abbau dieser Stoffe gilt als extrem aufwendig und belastet die Umwelt.

Nachhaltigkeit: Was tun mit eigenen Schubladen-Handys?

Im Vergleich zum Recycling habe die Wiederverwendung ökologisch dennoch einen viel größeren Wert, betont Hoffmann. 80 Prozent der CO2-Belastung jedes Handys fallen bei der Herstellung an.

Wer also der Umwelt etwas Gutes tun will, sorgt beim Handy für eine möglichst lange Nutzung. Und greift beim Kauf zu einem gebrauchten Smartphone – das ist obendrein meist günstiger als ein Neugerät.