Erfurt. Der Drogenprozess ist einer der größten, die bisher im Freistaat verhandelt wurden. Was Kryptohandys und das FBI damit zu tun haben.

Harte Strafen hat das Landgericht Erfurt am Dienstag gegen fünf einheimische Drogendealer verhängt. Zwei der Angeklagten wurden unter anderem wegen bandenmäßigem Drogenhandel zu jeweils 14 Jahren Haft verurteilt. Angeklagter Nummer drei soll dafür zwölf Jahre und Angeklagter Nummer vier zehneinhalb Jahre hinter Gitter. Sieben Jahre Haft lautet das Urteil gegen den fünften Angeklagten. Er muss sich wegen Drogenbesitz in nicht geringen Mengen verantworten.

Damit folgt die 4. Strafkammer weitgehend dem Plädoyer der Staatsanwaltschaft. Das Gericht verlängerte nach der knapp zweieinhalbstündigen Urteilsbegründung gegen alle fünf Männer die Haftbefehle. Allerdings sind die Urteile noch nicht rechtskräftig. Es werden Rechtsmittel der Verteidigung dagegen erwartet.

Richterin: Haben Sie sich Gedanken über Ihre Opfer und deren Familien gemacht?

Der Drogenprozess ist einer der größten, die bisher im Freistaat verhandelt wurden. Strenge Sicherheitsvorkehrungen der Polizei sicherten auch den letzten Verhandlungstag ab. Die Verurteilten sollen zwischen März 2020 und dem Tag der Razzia im Mai 2021 bis zu 200 Kilogramm Meth-Amphetamin und bis zu 300 Kilogramm Marihuana illegal zumeist aus Holland bezogen und in Thüringen weiter vertrieben haben.

Ob sich die Angeklagten auch einmal Gedanken über ihre Opfer und deren Familien gemacht hätten, fragte die Vorsitzende Richterin. Das Auftreten der Männer vor Gericht, die alle Schuld von sich gewiesen haben, sei nicht gut angekommen. Die Richterin fragte auch, was die Familien der Angeklagten von den illegalen Geschäften wirklich wussten. Deutliche Worte, die unter einigen Zuschauern für Unruhe sorgten.

Verteidigung forderte Freisprüche und Verwertungsverbot der Chat-Verläufe

Die Verteidiger forderten in ihren Plädoyers in den vergangenen Wochen Freisprüche. Eine der Besonderheiten dieses Verfahrens ist, dass die Polizei keine illegalen Drogen sicherstellen konnte. Die Anklage der Staatsanwaltschaft Gera basiert vor allem auf ausgewerteten Chat-Protokollen zwischen Krypto-Handys, einmal des französischen Anbieters „EncroChat“ und später von „Anom“. Wobei hinter der zweiten Marke das amerikanische FBI steckt. Mit Hilfe solcher Mobiltelefone sollen die fünf Männer ihre Drogendeals abgewickelt haben.

Die entschlüsselten Daten seien von Europol sowie dem FBI an das Bundeskriminalamt und von dort ans Landeskriminalamt in Erfurt weitergeleitet worden. Deshalb fordert die Verteidigung ein Verwertungsverbot für die Chat-Protokolle. Aus ihrer Sicht sei weder die Richtigkeit der Daten noch deren Vollständigkeit nachweisbar.

Das Gericht betonte dagegen, dass die ausgewerteten Chat-Verläufe eindeutig jedem einzelnen zuzuordnen seien. Zudem beruft sich die 4. Kammer auf Entscheidungen des Bundesgerichtshofs zu einem der Krypto-Anbieter. Allerdings fehlt bisher eine richterliche Klarstellung auf europäischer Ebene.