Erfurt. Im Prozess um versuchten Mord sagen vor dem Landgericht Erfurt Kollegen und Freunde aus. Ein 24-Jähriger soll einen Radfahrer abends angefahren haben und weitergefahren sein. Der Radfahrer starb womöglich Stunden später, weil ihm keiner half.

„Ich kann mich jetzt daran nicht erinnern.“ Diesen kurzen Satz hören die Zuschauer in Saal 1.42 gestern oft, dort verhandelt die 1. Strafkammer des Erfurter Landgerichts.

Zeugen werden gehört, die zu einem Unfall aus dem Juni 2017 und den Begleitumständen befragt werden. Es sind Freunde beziehungsweise Bekannte von Felix K. Oder seine Kollegen, die wie er in der Fleischerei des Vaters in dem kleinen Ort im Weimarer Land arbeiten.

Das Schwurgericht ist mit diesem ungewöhnlichen Fall deshalb befasst, weil die Erfurter Staatsanwaltschaft „versuchten Mord“ angeklagt hat. Felix K. soll mit dem Firmenwagen der elterlichen Fleischerei im Juni 2017 einen Radfahrer abends angefahren haben und anschließend weitergefahren sein. Der Radfahrer hat möglicherweise mehrere Stunden um sein Leben gekämpft, bevor er starb.

Was hat Felix K. zu den Vorfällen an dem Abend erzählt? Ein Freund sagt, dass K. ihm gegenüber den Unfall mit dem Transporter zugegeben habe. Bei hartnäckigerem Nachfragen erinnert er sich dann aber nicht mehr, ob er die Informationen nicht doch aus den Medien bekommen habe – die Kammer lässt seine Aussage deshalb wörtlich protokollieren.

Nach Fahrerflucht des versuchten Mordes angeklagt: Erschütternde Details

Ein anderer Bekannter, von dessen Nummer aus die Polizei informiert worden war, will sich nicht mehr daran erinnern, dass er überhaupt jemals die Polizeibeamten angerufen hat.

Nicht anders wird es, als zwei Mitarbeiter und drei Verkäuferinnen der Metzgerei im Zeugenstand befragt werden. Sie wechseln wahlweise Erinnerungslücken mit Sätzen ab, wie „Da hab ich mich immer rausgehalten“ und verwickeln sich dabei mehr denn je in Widersprüche darüber, was denn der Angeklagte ihnen gegenüber nun gesagt habe oder wie er aufgetreten sei an jenem Morgen. Dass führte so weit, dass zwei Verkäuferinnen sogar behaupteten, dass kein Kunde im Laden gewesen wäre, als der KfZ-Meister des Ortes den Schlüssel des Wagens wieder gebracht hatte und die mit den Worten „Der Wagen war nie bei mir“ übergeben haben soll.

Eben jene Szene hatte aber ein Kunde beobachtet und daraufhin die Polizei gerufen, weil er sich in Verbindung mit der Berichterstattung über den Unfall einen Reim darauf gemacht hat, dass es sich bei dem übergebenen Fahrzeug um den Unfallwagen handeln könnte – das war für die Polizei der entscheidende Hinweis, der zum mutmaßlichen Unfallfahrzeug und damit auch zum Angeklagten führte.