Weimar / Altenfeld. Im Ringen um Standorte für neue Windräder wird in Thüringen immer häufiger bis in die höchsten Instanzen geklagt.

Wie das Oberverwaltungsgericht Thüringen dem MDR bestätigte, liegen gegen die neuen Windvorranggebiete für Mittelthüringen inzwischen sechs Normenkontrollklagen vor. Der entsprechende „Sachliche Teilplan Wind“ zum Regionalplan Mittelthüringen war Ende Dezember 2018 in Kraft getreten. Betroffene hatten danach ein Jahr lang Zeit, Klagen dagegen einzureichen. Neben der Gemeinde Ilmtal-Weinstraße haben auch fünf Projektierungsunternehmen, die in Thüringen Windparks betreiben oder Windräder bauen wollen, diese Möglichkeit genutzt.

Windenergie-Verband: Politische Ausbauziele durch Restriktionen nicht erreichbar

Laut Oberverwaltungsgericht Thüringen geht es den Windparkbetreibern vor allem um genügend Flächen für neue Windräder. Laut Gesetz müsse dem weiteren Ausbau „substanziell Raum gegeben werden“. Die fünf Kläger dagegen sehen den Raum dafür durch die strikte Anwendung von Ausschluss-Kriterien zu stark begrenzt. Der Thüringer Landesvorsitzende im Bundesverband Windenergie, Frank Groß, sagte dem MDR, damit stehe nicht genügend Platz zur Verfügung, um die politisch vorgegebenen Ausbauziele zu erreichen. Vor allem ein pauschaler Abstand von 1.250 Metern zu Siedlungen, ein genereller Abstand von fünf Kilometern zwischen einzelnen Vorranggebieten und die teilweise vorgegebenen Beschränkungen bei der Höhe der Anlagen werden von den Branchenvertretern kritisiert.

Daneben gehen die Unternehmen auch dagegen vor, dass in Gebieten, in denen viele Rotmilane leben, geprüft werden soll, ob hier Windräder generell außen vor bleiben müssen. Groß beklagt, dass mit dem 2018 vorgelegten Plan nur 0,63 Prozent der Fläche von Mittelthüringen für Windräder nutzbar sind. Landesweit gilt laut Klimaschutzgesetz das Ziel von einem Prozent.

Die Gemeinde Ilmtal-Weinstraße wendet sich mit ihrer Klage dagegen, dass Kriterien, die den Vogelschutz betreffen, nicht überall einheitlich angewendet werden. Der scheidende Bürgermeister Thomas Gottweiss (CDU) sagte, in der Nähe von Willerstedt sei ein Windvorranggebiet mitten in ein sogenanntes Rotmilan-Dichtezentrum hineingeplant worden. An anderen Orten in Mittelthüringen seien Windräder in solchen Dichtezentren ausgeschlossen. Hier würden, so Gottweiss, Kriterien willkürlich angewendet und damit gültige Planungsgrundsätze verletzt. Deshalb sei es Ziel der Gemeinde Ilmtal-Weinstraße, den vorgelegten Plan zu kippen.

Oberverwaltungsgericht rechnet mit langer Verfahrensdauer

Die Sprecherin des Oberverwaltungsgerichtes Thüringen, Katharina Hoffmann, geht davon aus, dass sich das Normenkontrollverfahren hinziehen wird. Aktuell würden zwischen den Anwälten der Kläger und der regionalen Planungsgemeinschaft Akten in einem Umfang von 16.000 Blatt hin und her transportiert. Das sei notwendig, um die entsprechenden juristischen Stellungnahmen abgeben zu können. Habe nur eine der Klagen Erfolg, so Hoffmann, dann sei die Ausweisung der Windvorranggebiete für Mittelthüringen nicht rechtskräftig.

Das eröffne interessierten Firmen die Möglichkeit, neue Anlagen auch dort zu beantragen, wo sich Flächen außerhalb von Vorranggebieten dafür eignen. Das Oberverwaltungsgericht hatte in zwei Normenkontrollverfahren bereits 2014 geplante Windvorranggebiete für Ostthüringen und 2015 für Mittelthüringen gekippt. Eine Revision vor dem Bundesverwaltungsgericht ist in der Regel nicht möglich.