Berlin. Die Grabanlage diente vor 4000 Jahren als Sonnenkalender. Ein sensationeller Fund in einem Grab fasziniert die Forscher besonders.

Jedes jahr feierten Tausende Menschen in Großbritannien die Sommersonnenwende am legendären Steinkreis "Stonehenge". Welche Bedeutung Stonehenge für die frühen Bewohner Englands hatte, darüber sind sich die Archäologen immer noch nicht ganz einig. Jetzt bekommt das steinzeitliche Monument europäische Konkurrenz: Als "Stonehenge der Niederlande" wird eine kürzlich nahe Utrecht ausgegrabene religiöse Stätte bezeichnet. Laut niederländischer Archäologen ist sie 4000 Jahre alt.

Der Grundstein für die sensationelle Entdeckung des Sonnenheiligtums wurde 2016 gelegt, als in Medel ein Gewerbegebiet entstehen sollte.
Der Grundstein für die sensationelle Entdeckung des Sonnenheiligtums wurde 2016 gelegt, als in Medel ein Gewerbegebiet entstehen sollte. © Gemeinde Tiel

Ein Grabhügel in der Mitte der Anlage soll dabei, ähnlich wie der Stonehenge-Steinkreis, als Sonnenkalender gedient haben. "Was für eine spektakuläre archäologische Entdeckung", schrieb die Stadt Tiel, die rund 50 Kilometer südöstlich von Utrecht liegt, dazu auf Facebook. Es sei das erste Mal, dass eine solche Stätte in den Niederlanden entdeckt wurde.

Der Grabhügel, der auf einem Industriegelände gefunden wurde, hat einen Durchmesser von etwa 20 Metern. Er enthielt den Angaben zufolge die sterblichen Überreste von 60 Menschen und hatte mehrere Durchgänge, durch die an den längsten und den kürzesten Tagen des Jahres die Sonne schien. Die Gänge ermöglichten die Nutzung als Sonnenkalender.

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"Stonehenge der Niederlande": Archäologen machen sensationellen Fund

"Die Menschen nutzten diesen Kalender, um wichtige Momente wie Feste und Erntetage zu bestimmen", hieß es von den Archäologen. Die Fachleute entdeckten bei den 2017 begonnenen Ausgrabungen auch zwei weitere, kleinere Grabhügel. 800 Jahre lang seien dort Opferfeste, Rituale und Feiern abgehalten worden. Die Menschen bestatteten dort auch ihre Toten.

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Quentin Bourgeois, Prähistoriker an der Universität Leiden, sagte dem Tagesspiegel: "Wir wissen nicht, was die Menschen damals dachten, aber es muss eine Verbindung zwischen dem Tod und der Sonne gegeben haben. Die Toten wurden so bestattet, dass sie an einem bestimmten Tag der aufgehenden Sonne entgegenschauten“

Niederlande: Weitere einzigartige Funde

Insgesamt gruben die Archäologen rund eine Million Gegenstände aus. Darunter befand sich auch eine Speerspitze aus Kupfer und Zinn – Materialien, die es damals in den Niederlanden noch nicht gab und daher wahrscheinlich aus dem Ausland importiert wurden. Ein noch beeindruckender Fund ist eine etwa tausend Jahre alte Glasperle aus dem damaligen Mesopotamien in Westasien. „Diese Perle hat vor vier Jahrtausenden eine Strecke von rund 5000 Kilometern zurückgelegt“, sagte Forschungsleiter Cristian van der Linde.

Diese 4000 Jahre alte grüne Glasperle aus Mesopotamien (heute Irak) wurde in einer Grabgrube in Tiel gefunden.
Diese 4000 Jahre alte grüne Glasperle aus Mesopotamien (heute Irak) wurde in einer Grabgrube in Tiel gefunden. © Flipje- und Streekmuseum Tiel

Die Archäologen der Gemeinde Tiel vermuten, dass nicht nur Glasperlen den Besitzer wechselten, sondern auch astronomisches Wissen ausgetauscht wurde. Denn das war nötig, um einen so genauen Sonnenkalender wie den auf dem Grabhügel zu erstellen. (mit dpa)