Berlin. Unser Planet ist nicht kugelrund, sondern hat die Form einer Kartoffel. Schuld ist die Gravitation der Erde. Alle Infos im Überblick.

Erst hieß es, die Erde sei eine Scheibe. Dann fanden die Menschen heraus, dass sie eigentlich eine Kugel ist. Doch wer sich die Erde einmal genau anschaut, sieht, dass unser Planet weniger wie eine Kugel und mehr wie eine zerknautsche Kartoffel aussieht. Grund dafür ist die Gravitation.

Planet Erde: Darum ist er keine Kugel

In Büchern wird die Erde immer als perfekt gerundete Kugel dargestellt. Doch die Realität sieht anders aus: Die Erde ist um den Nord- und Südpol flacher und wölbt sich in Äquatornähe nach außen. Hinzu kommt, dass in verschiedenen Regionen unterschiedlich starke Gravitationskräfte wirken. Die Schwerkraft ist nicht an jedem Punkt der Erdoberfläche gleich groß, was sich auf ihre Form auswirkt. Forschende haben die Verteilung der Schwerkräfte mit Satelliten vermessen und ein genaueres Bild bekommen. Es zeigt deutlich, dass die Erde eigentlich keine Kugel ist, sondern eher wie eine Kartoffel aussieht.

Der korrekte Fachbegriff dafür lautet Geoid. Dabei handelt es sich um eine geometrische Form, die eine unregelmäßige Fläche mit vielen Beulen und Dellen aufweist. Es ist keine perfekte Kugel, sondern eine komplexe Form mit zahlreichen Höhenvariationen, die dem kartoffelartigen Aussehen der Erde am nächsten kommt. Deshalb wird der Planet Erde auch als Geoid bezeichnet.

Erdoberfläche: So erhält der Planet die Form einer Kartoffel

Die Unebenheiten auf der Oberfläche der Erde entstehen durch verschiedene Prozesse. Die Hauptursache ist jedoch die Schwerkraft oder Gravitation, die eine anziehende Kraft zwischen allen Massenobjekten darstellt. Sie zieht alle Objekte zur Mitte der Erde. Aufgrund der unterschiedlichen Verteilung der Masse auf der Erde variiert die Stärke der Schwerkraft von Ort zu Ort. An Stellen mit größerer Masse ist die Schwerkraft stärker, während sie an Stellen mit geringerer Masse schwächer ist.

Diese Variationen in der Schwerkraft werden auch als Gravitationsanomalien bezeichnet und führen zu Höhenunterschieden auf der Erdoberfläche. Regionen mit einer größeren Masse, wie beispielsweise Gebirgen, üben eine größere Anziehungskraft aus und erzeugen daher Erhebungen. Gebiete mit geringerer Masse, wie Ozeanbecken, üben eine geringere Anziehungskraft aus und erzeugen Senken.

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Gravitationsanomalie: Das ist die größte Delle der Erde

Im indischen Ozean gibt es eine ausgeprägte Gravitationsanomalie, die eine besonders große Delle auf der Erdoberfläche verursacht. Sie wird als "Indian Ocean Geoid Low" (IOGL) bezeichnet. Das IOGL erstreckt sich über mehr als drei Millionen Quadratkilometer und liegt etwa 1200 Kilometer südwestlich der Südspitze Indiens.

An dieser Stelle wirkt die Schwerkraft der Erde weitaus geringer als im Durchschnitt. Infolge dieser geringeren Gravitation dort und der höheren Anziehungskraft der umliegenden Gebiete liegt der Meeresspiegel des Indischen Ozeans über dem Loch um enorme 106 Meter tiefer als der globale Durchschnitt, sagt Attreyee Ghosh, Geophysiker am Indian Institute of Science (IISc) in Bangalore und Hauptautor der in "Geophysical Research Letters" erschienenen Studie in einem Bericht von "Spektrum".

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    Kartoffelform: Forschende wissen endlich, woher die Gravitationsanomalie kommt

    Die Gravitationsanomalie im indischen Ozean wurde bereits 1948 von dem niederländischen Geophysiker Felix Andries Vening Meinesz entdeckt. Doch warum die Delle im Indischen Ozean so ausgeprägt ist, blieb ungeklärt – zumindest bis jetzt. Forschende haben herausgefunden, wieso die Schwerkraft in dieser Region des indischen Ozeans so gering ausfällt.

    Dazu haben sie über ein Dutzend Computermodelle miteinander verglichen, die simuliert haben, wie sich die Region in den letzten 140 Milliarden Jahren entwickelt hat. Sie haben festgestellt, dass das IOGL aufgrund einer ausgeprägten Struktur im Erdmantel auftritt, die mit einer benachbarten Störung unter Afrika in Verbindung steht. Diese Struktur wird als "large low-shear-velocity provinces" (LLSVP) bezeichnet, was bedeutet, dass es sich um große Gebiete mit niedriger Schergeschwindigkeit handelt.

    Die Schergeschwindigkeit bezieht sich auf die Geschwindigkeit, mit der Gesteinsschichten entlang einer Störung oder einer tektonischen Grenze aneinander vorbeigleiten oder zueinander versetzt werden. Sie gibt die Geschwindigkeit an, mit der Deformationen im Gestein auftreten.

    Die LLSVPs sind eine Art geologische Regionen im Erdmantel, die sich unter Afrika befinden. Sie werden auch als "Afrikanischer Blob" bezeichnet und bestehen aus heißem Material mit geringerer Dichte, die im Erdmantel zu finden sind. Dieses Material befindet sich laut den Wissenschaftlern auch unter dem Indischen Ozean und erzeugt die am tiefsten reichenden Gravitationsanomalie auf dem Planeten Erde.

    Den Forschenden zufolge hat sich das Geoid im indischen Ozean vor 20 Millionen Jahren ausgebildet und wird solange fortbestehen, wie das Mantelmaterial aus dem "Afrikanischen Blob" fließt. Das wird "wohl noch viele Millionen Jahre dauern", heißt es in dem Spektrum-Bericht.