Palma. Mallorcas Anwohner sind sauer und ziehen gegen die Touri-Massen auf die Straßen. Was die Protest-Aktion für Ihren Urlaub bedeutet.

Partytourismus, Exzesse und überfüllte Strände haben die Reiselust Richtung Mallorca nicht bremsen können. Die spanische Mittelmeerinsel, seit Jahren das meistbesuchte Eiland Europas, verzeichnet in diesem Jahr einen neuen Urlauberrekord: Bis Ende August kamen annähernd neun Millionen Urlauber auf die Insel – rund neun Prozent mehr als im Vorjahr. Doch bei den Anwohnern sorgt der Ansturm für Ärger. Sie demonstrieren gegen den Massentourismus.

Dass es auf Mallorca so voll ist wie noch nie – im ganzen Jahr 2022 waren 11,5 Millionen Feriengäste gezählt worden – freut die Tourismusindustrie. Nun sind die Einheimischen sauer. So demonstrierten in der Urlauberhochburg Alcúdia im Nordosten der Insel Bürger vor dem Rathaus gegen die Überfüllung der Kleinstadt.

In Alcúdia leben normalerweise 20.000 Einwohner. Aber in diesem Sommer verdoppelte sich mit den Touristen die Zahl der Menschen, die sich im Ort aufhalten. „Der übermäßige Andrang macht das Leben im Sommer unerträglich”, wetterten die Demonstranten. Auch Sauftouristen gehören zum Bild.

Bürgerinitiative provoziert Mallorca-Urlauber mit Plakaten

In anderen Touristenorten wie etwa Calvià vervierfachte sich sogar im Juli und August die Zahl der Gäste. Auch an vielen Strände wird es eng. Und zwar derart, dass sich bei den Einheimischen das Gefühl breit macht, keinen Platz mehr auf ihrer Insel zu haben.

Strand und Party – in der Bucht von Alcudia herrscht Hochbetrieb.
Strand und Party – in der Bucht von Alcudia herrscht Hochbetrieb. © imago/Eibner | imago stock

In der östlich gelegenen Feriengemeinde Manacor organisierte deswegen eine Bürgerinitiative eine Aufsehen erregende Protestaktion: Sie installierten an etlichen Strandzugängen Schilder, auf denen auf Englisch zu lesen war: „Beach closed“ (Strand geschlossen). Oder „Beware of dangerous jellyfish“ (Es wird vor gefährlichen Quallen gewarnt).

Doch das waren nur Fake-Schilder: Unter dem englischen Text konnte man auf Mallorquinisch, der Inselsprache, lesen: „Der Strand ist geöffnet“. Und: „Die einzige Gefahr hier ist die touristische Überfüllung.“

Deutscher Urlauber empört sich über den Protest der Einheimischen

Bei ausländischen Urlaubern stieß die Aktion auf ein kritisches Echo. „Mallorca lebt doch vom Tourismus“, sagte ein britischer Feriengast im örtlichen Fernsehen. Und ein deutscher Urlauber empörte sich über das, was er im Urlaub auf Spaniens beliebter Insel erlebt: „Die haben kein Recht zu entscheiden, wer hier baden darf und wer nicht.“

An anderen mallorquinischen Stränden wird die Frage, wer sein Handtuch ausbreiten darf, mit einem einfachen Kriterium geregelt: Überall dort, wo der verfügbare Platz relativ klein ist, haben auch jetzt im Spätsommermonat September nur Frühaufsteher eine Chance. Etwa am Traumnaturstrand Es Trenc im Inselsüden, zu dem man nur mit dem Auto kommt. Dort ist der Parkplatz ist schon am frühen Vormittag voll.

Komplett überfüllt: Die Felsenbucht von Cala del Moro wird überrannt

Wer es später trotzdem versucht, steht oft stundenlang im Stau auf der sehr engen Zufahrtsstraße, auf der es dann weder vor noch zurück geht. Zum Symbolbild für die Überfüllung vieler mallorquinischen Playas ist in diesem Jahr vor allem die romantische Felsenbucht Cala del Moro in der Urlaubsgemeinde Santanyí im Südosten geworden. Seit der malerische Ministrand in den sozialen Netzwerken als „Geheimtipp“ gepriesen wurde, wird die Bucht buchstäblich von Touristen überrannt.

Auch hier herrscht mittlerweile täglich ein großes Verkehrs- und Parkchaos, das den Anwohnern zunehmend auf die Nerven geht. Nicht nur die Einheimischen an der Cala de Moro sehnen den Winter herbei – die einzige Zeit, in der es auf der Insel noch halbwegs einsame Strände gibt.

Mallorca: Anwohnerin fühlt sich von Touristen umzingelt

Eine Anwohnerin der Cala de Moro beschreibt ihr Unbehagen mit den Touristenmassen so: „Das ist eine Überfüllung, die ein Gefühl der Beklommenheit verursacht. Die Urlauber umzingeln uns.“

Bisher sprechen die Besucherzahlen auf Mallorca nicht dafür, dass sich die Urlauber von dem touristischen Massenbetrieb, Warteschlangen, Verkehrsstaus und vollen Stränden abschrecken lassen. Aber es gibt Warnzeichen, die sich zum Beispiel in der neusten Umfrage der mallorquinischen Stiftung Quaderns Gadeso über die Zufriedenheit der Mallorca-Touristen spiegelt.

Dicht an dicht – Partymeile in Palma auf der Schinkenstraße.
Dicht an dicht – Partymeile in Palma auf der Schinkenstraße. © dpa | Clara Margais

Laut Umfrage bekommt die Insel zwar immer noch relativ gute Noten für Unterkünfte, Strände und Infrastruktur. Doch in einem Punkt fällt Mallorca durch: Viele Strände, Sehenswürdigkeiten oder Ausflugsziele werden als überfüllt wahrgenommen. Es werde zur großen Herausforderung für die touristische Zukunft der Insel, heißt es in der Meinungsstudie, die Besucherströme zu steuern.

Schlimmes Szenario vom Untergang der Insel

Der Inselpolitiker Joan Mas von der linksökologischen Partei Més sagt: „Entweder wir bremsen den Tourismus – oder Mallorca wird untergehen.“ Die Insel habe eine begrenzte Aufnahmekapazität. Landschaft, Badebuchten und Trinkwasser seien nicht unbegrenzt vorhanden. „Wir riskieren, dass die Leute nicht wiederkommen, weil sie schlechte touristische Erfahrungen gemacht haben.“

Die neue konservative Inselregierung hält die Debatte über die Überfüllung Mallorcas für Schwarzmalerei: Die regionale Ministerpräsidentin Marga Prohens kündigte deswegen bereits an, dass sie von der rot-grünen Vorgängerregierung eingeführte touristische Wachstumslimits aufheben will. Warum? Weil sie den marktwirtschaftlichen Prinzipien ihrer konservativen Volkspartei widersprechen würden, erklärte sie.

Urlauber müssen sich auf noch mehr Massen gefasst machen

Deswegen sollen demnächst Moratorien, mit denen bisher Bettenzahl, Hotelbauten und die Ankunft von Kreuzfahrtschiffen begrenzt wurde, gekippt werden. Mallorca-Urlauber müssen sich also darauf gefasst machen, dass es in der kommenden Saison noch voller auf der Insel werden kann.