Rom. Nach einem Felssturz am Gardasee fürchten Hoteliers um ihre Kundschaft. Auch Geologen sind besorgt um die Sicherheit der Uferstraße.

Die Räumungsarbeiten laufen auf Hochtouren. Arbeiter sind mit Baggern im Dauereinsatz, um die Gardesana-Staatsstraße, die westseitige Uferstraße am Gardasee, auf der Strecke zwischen Riva und Limone vom Geröll zu befreien, das nach einem massiven Felssturz die Fahrbahn blockiert. Ein 20 Kubikmeter großer Fels, der sich am vergangenen Freitagabend zwischen Riva del Garda und Limone löste, muss geräumt werden.

Der riesige Felsbrocken fiel kurz vor einer Tunneleinfahrt auf die Fahrbahn. Einige am Straßenrand geparkte wurden von Gesteinsbrocken getroffen und beschädigt. Verletzt wurde niemand, dennoch schürt der neuerliche Felssturz die Sorge um die Sicherheit der Uferstraße. Geologen untersuchen jetzt die Abbruchstellen. Die Felswände rund um den See stellen sie vor Herausforderungen. Hoteliers fürchten derweil, ihnen könnte die Kundschaft ausbleiben.

Ein massiver Felssturz sorgte für eine zeitweilige Sperrung der Gardesana am Westufer des Gardasees.
Ein massiver Felssturz sorgte für eine zeitweilige Sperrung der Gardesana am Westufer des Gardasees. © Koordinierungsstelle zum Schutz des Gardasees

Uferstraße am Gardasee: Hoteliers fürchten Sperrung

Am Westufer des nördlichen Teils des fjordartigen Sees, wo die Ufer schroff und die Böden karg sind, ist die 1931 gebaute Gardesana eine lebenswichtige Verkehrsader. „Die Gardesana ist die einzige Straße, die durch die Dörfer hier fährt. Wird sie gesperrt, sind diese Gemeinden abgeschnitten“, warnen die Hoteliers in Limone.

Mit einer Wiedereröffnung der Verkehrsachse wird nicht vor Ende der Woche gerechnet. In der Woche darauf sollte der Verkehr wieder normal laufen können, allerdings könnte es zu Unterbrechungen für kleinere Wartungsarbeiten kommen. Hoteliers und Touristik-Unternehmen, die angesichts der Osterfeiertage auf Buchungen warten, sind besorgt: Sie befürchten, dass es zu weiteren Felsstürzen kommen könnte, denn davon gab es seit Dezember bereits drei.

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Experten beobachten die Straße genau. „Circa 40 Kilometer der Gardesana sind von Felsstürzen gefährdet“, berichtet der lombardische Geologe Gilberto Zaina im Gespräch. „Regenfälle, Temperaturschwankungen, sowie die Vegetation, die in die Felsen eindringt, können dafür sorgen, dass sich Steine lösen.“

Einsturzgefahr am Gardasee: Deswegen sind die Steilhänge so brüchig

„Der obere Abschnitt der Gardesana verläuft teils in Tunneln und teils an Steilhängen entlang. Die Felswände sind im Allgemeinen sehr hoch und steil und weisen mitunter komplexe Bruchsysteme auf, was die Loslösung und den Einsturz von Gesteinsmassen begünstigen kann“, so Zaina. Ein System von Gittern und Netzen, um Felsstürze zu vermeiden, sei nicht immer realisierbar: Je größer der Fels ist, desto weniger helfen laut Experte Stahlgitter.

Auch ein beliebter Geh- und Radweg ist von der Instabilität der Felswände betroffen.
Auch ein beliebter Geh- und Radweg ist von der Instabilität der Felswände betroffen. © iStock | Gorfer

Um Gefahren für den Autoverkehr abzuwenden, müssten einige Strecken in Galerien verlaufen – die für den Tunnelbau veranschlagten Kosten seien jedoch hoch. Sorgen bestehen auch für einen auf spektakuläre Weise an das felsige Ufer geschraubten Geh- und Radweg, der seit 2018 zu den großen Attraktionen der Gegend zählt.

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Umweltschützer: Zu wenig Geld für vorbeugende Maßnahmen

Laut Zaina sei es wichtig, den Zustand der Gesteine ständig im Blick zu behalten. „Dabei kommen uns neue Technologien wie Drohnen und Laser-Scanner zugute“, meint Zaina. Umweltschützer beklagen, dass zu wenig Geld in hydrogeologische Vorbeugung der Erdrutsche investiert werde. Die 500.000 Euro, die die Provinz vor zwei Jahren zu diesem Zweck zur Verfügung gestellt habe, seien längst schon ausgegeben worden.

Doch die Gefahr ist greifbar: Im Dezember 2023 kam es an der Küstenstraße in der italienischen Gemeinde Tremosine zu einer gewaltigen Gerölllawine. Die Straße blieb mehrere Tage lang gesperrt, niemand wurde verletzt. Am 4. Januar, gegen 22 Uhr, lösten sich erneut etwa 30 Kubikmeter Gestein und landeten auf der Straße und vor dem Eingang des Hotels Splendid Palace in Limone. Glücklicherweise war das Hotel geschlossen. Doch die Instabilität der Gardesana macht seitdem der Bevölkerung immer mehr zu schaffen.