Frankfurt am Main. Es sind harte Zeiten für Reisende und Pendler. Ab Donnerstag wird im Personenverkehr wieder gestreikt, und zwar länger als zuletzt. Im Thüringer Regionalverkehr fahren deutlich weniger Züge.

Bei der Deutschen Bahn stehen die Zeichen weiter auf Streik. Zwischen dem Konzern und der Lokführergewerkschaft GDL ist bislang keine Annäherung zu erkennen. Damit dürfte der fünftägige Streik im Personenverkehr wie angekündigt am Donnerstag beginnen. Die Bahn rief Kunden am Dienstag nochmals auf, Reisen möglichst vorzuziehen. Im Güterverkehr soll der Streik schon am Mittwochabend beginnen. Erst nach Streik-Ende in der Nacht zu Dienstag nächster Woche fahren die Züge voraussichtlich wieder weitgehend nach Plan.

Der dritte Streik in wenigen Wochen trifft Hunderttausende Pendler und Reisende. Die für die Streikdauer gebuchten Fahrkarten können auch an anderen Tagen genutzt werden. Das gilt auch noch bis zum 17. September, wie die Bahn am Dienstag mitteilte. Sie will im Fernverkehr etwa ein Viertel des üblichen Angebots aufrecht erhalten, im Regionalverkehr im Schnitt etwa 40 Prozent.

Fahrgastvertreter: Streik-Fahrpläne müssen früher online sein

In Thüringen wird der Regionalverkehr nur eingeschränkt gewährleistet sein. Laut Deutscher Bahn ist der aktuelle Ersatzfahrplan noch nicht für alle Streiktage auf der Homepage und in der App eingearbeitet. Für die ersten beiden Tage - Donnerstag und Freitag - kann er online bereits eingesehen werden, für die weiteren Tage werden die Pläne jeweils mit zwei Tagen Vorlauf veröffentlicht.

Dafür gab es vom Verein Pro Bahn am Mittwoch Kritik: Die Deutsche Bahn informiere ihre Kunden zu spät darüber, welche Züge des Regionalverkehrs trotz des Streiks noch fahren. Streikfahrpläne sollten mindestens 48 Stunden vor Beginn des Arbeitskampfes veröffentlicht werden, so die Fahrgastvertreter.

Diese Linien sind im Ersatzfahrplan enthalten, alle nicht aufgeführten entfallen:

  • RE 1 Glauchau (Sachs) - Gera Hbf - Jena - Erfurt Hbf - Gotha - Leinefelde - Göttingen: Zug verkehrt ausschließlich zwischen Gera Hbf und Erfurt Hbf
  • RE 2 Erfurt Hbf - Bad Langensalza - Leinefelde - Eichenberg - Kassel-Wilhelmshöhe: Zug verkehrt ausschließelich zwischen Erfurt Hbf und Leinefelde
  • RE 3 Altenburg/Greiz - Gera Hbf - Jena - Erfurt Hbf: Linie soll im Zwei-Stunden-Takt fahren
  • RB 52 Erfurt Hbf - Bad Langensalza - Mühlhausen - Leinefelde: Linie soll im Zwei-Stunden-Takt fahren

Kein Streik bei Abellio

Die Erfurter Bahn ist vom Streik nicht unmittelbar betroffen. Doch Auswirkungen, Zugverspätungen oder -ausfälle können nicht ausgeschlossen werden, heißt es auf der Homepage.

Das trifft auch auf Abellio zu: Abellio ist nicht unmittelbar vom Streik betroffen, denn der Anbieter "verhandelt generell mit den Gewerkschaften eigene Tarifverträge", so der bundesweite Netzbetreiber. Streikbedingte Auswirkungen im laufenden Betrieb können jedoch auch hier möglich sein. Somit sind besetzte Gleise oder unbesetzte Stellwerke nicht ausgeschlossen.

Der Lokführerstreik Mitte August hatte in Thüringen massiv den Fernverkehr behindert. Zahlreiche ICE waren entweder gar nicht oder mit verkürzter Streckenführung gefahren. Der Ansturm auf die ICE, die noch fuhren, war teils so groß, dass Reisende auch stehen mussten. Insgesamt konnte die Bahn nach eigenen Angaben bundesweit jeden dritten Fernzug fahren lassen.

Lufthansa startet Sonderflüge wegen Bahnstreik

Der anstehende Bahnstreik treibt bei der Lufthansa die Buchungen für innerdeutsche Flüge deutlich nach oben. Die Fluggesellschaft und ihre Billigtochter Eurowings stocken deshalb ihr Flugangebot bis zum 7. September um mehr als 7000 Sitzplätze auf, wie ein Konzernsprecher am Mittwoch mitteilte. Dazu setzen sie auf etwa 150 Flügen größere Flugzeuge ein als eigentlich geplant und bieten außerdem insgesamt rund 30 zusätzliche Flüge an.

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    Darum geht es im Bahn-Tarifkonflikt

    • Löhne und Gehälter: Die GDL verlangt für die Beschäftigten 1,4 Prozent mehr Geld in diesem Jahr und 1,8 Prozent mehr 2022 - in Summe 3,2 Prozent. Das entspricht dem Abschluss im Öffentlichen Dienst. Ihre ursprüngliche Forderung von 4,8 Prozent mehr Geld hat die GDL fallen gelassen. Sie verlangt aber zusätzlich eine Corona-Prämie von 600 Euro, die noch 2021 fließen soll.
    • Die Bahn hat 3,2 Prozent mehr Entgelt angeboten, jedoch zu späteren Zeitpunkten. Sie orientiert sich dabei mit Blick auf die Laufzeit an den Regelungen, die im Öffentlichen Dienst für die Flughäfen getroffen wurden: Sie bietet 1,5 Prozent mehr Geld ab Januar und 1,7 Prozent zum März 2023 bei einer Laufzeit bis zum 30. Juni 2024. Kurz vor Beginn der zweiten Streikwelle bot das Unternehmen zudem an, über die geforderte Corona-Prämie zu verhandeln.
    • Laufzeit: Gewerkschaften wollen meist kurze Laufzeiten für Tarifverträge; dann lässt sich schneller wieder verhandeln. Die GDL kämpft für eine Laufzeit von 28 Monaten. Die Bahn strebt 40 Monate an.
    • Mit der zweiten Bahn-Gewerkschaft EVG gilt seit 2020 ein Vertrag bis Februar 2023. Holt die GDL für die Zeit bis dahin mehr raus, hat die EVG ein Sonderkündigungsrecht und kann nachverhandeln.
    • Geltungsbreich: Die Lokführergewerkschaft will Rahmentarifverträge für weitere Berufsgruppen abschließen. 2014/2015 war es ihr nach Streiks gelungen, auch für Zugbegleiter einen Abschluss auszuhandeln. Nun will sie auch die Fahrzeuginstandhaltung, den Netzbetrieb und die Fahrweginstandhaltung sowie die Rahmenbedingungen für die Auszubildenden tarifieren.
    • Die Bahn lehnt das ab. Sie geht davon aus, dass die GDL in den Infrastrukturbetrieben kaum Mitglieder hat. Nach dem Tarifeinheitsgesetz käme dann ohnehin nur der Vertrag der größeren Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft (EVG) zur Geltung. Das Verfahren dazu greift die GDL gerichtlich an. Zudem will sie mehr Mitglieder gewinnen, um den Mechanismus auszuhebeln.
    • Betriebsrente: Sie fußt hauptsächlich auf einem Pensionsfonds, der in Aktien und Anleihen investiert. Es gibt aber auch den sogenannten Zusatzversorgungstarifvertrag. Für diese Zusatzrente legt die Bahn für Beschäftigte Geld zurück. Weil es kaum noch Zinsen gibt und die Rücklagen die Bilanz belasten, hat die Bahn den Vertrag 2020 gekündigt. Die Arbeitgeberbeiträge zum Pensionsfonds stiegen unterdessen auf 3,3 Prozent des Jahresgehalts.
    • Die GDL will an der Zusatzrente festhalten. Die Bahn will das System in den Pensionsfonds überführen und hat in einer Schlichtung 2020 angeboten, die Beiträge auf 3,7 Prozent zu erhöhen. Die GDL lehnte die Schlichtungsempfehlung ab. Sie fürchtet, dass Beschäftigte im Alter insgesamt weniger Geld erhalten, während die Bahn für sie unterm Strich ein Plus erwartet.

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