Rom. Das Bootsunglücks auf dem Lago Maggiore wirft Fragen auf. Die Ursache ist weiter ungeklärt, ebenso warum Geheimdienstler an Bord waren.

Das Kentern eines Bootes im Lago Maggiore mit vier Todesopfern am Sonntag entwickelt sich immer mehr zu einem Geheimdienst-Krimi. Die Staatsanwaltschaft in der norditalienischen Stadt Varese untersucht die Hintergründe des Schiffsunglücks. Sie prüft, warum sich an Bord des gesunkenen Hausbootes 19 Mitglieder italienischer und israelischer Geheimdienste befanden.

"Schiffbruch der 007" titelte edie italienische Tageszeitung La Stampa ihren Bericht über das Unglück. Eines der vier Todesopfer war demnach ein ehemaliger Agent des israelischen Geheimdienstes Mossad. Zwei weitere Opfer arbeiteten für den italienischen Geheimdienst AISE. Zudem starb die russische Ehefrau des Skippers und Besitzers des Hausbootes.

Bootsunglück auf dem Lago Maggiore: Eines der Todesopfer war Ex-Mossad-Mitglied

Die Gruppe wollte angeblich einen Geburtstag an Bord des Hausbootes feiern, als ein heftiges Gewitter mit Sturm und Hagel ausbrach. Das Boot befand sich in der Nähe von Lisanza rund 150 Meter vom Ufer entfernt, als es sank. Einige Menschen an Bord konnten schwimmend das Ufer erreichen, andere wurden von Seglern gerettet.

Eines der Todesopfer, ein 53-jähriger Israeli, war ein Ex-Mossad-Mitglied, bestätigte die israelische Regierung. Israels Auslandsgeheimdienst habe "einen lieben Freund verloren, einen engagierten und professionellen Mitarbeiter, der sein Leben jahrzehntelang, auch nach seiner Pensionierung, der Sicherheit des Staates Israel gewidmet hat", hieß es in der Mitteilung. Sein Leichnam wurde bereits in die Heimat überführt.

Alle Israelis, die das Schiffsunglück überlebten, wurden in ihr Land mit einem Privatjet zurückgeflogen, der normalerweise für sensible und offizielle Flüge benutzt wird. Israelische Überlebende, die nach dem Schiffsunglück im Krankenhaus behandelt werden mussten, berichteten, sie seien Mitglieder einer israelischen Regierungsdelegation.

Geimheimdienstler an Bord: Waren sie russischen Oligarchen auf der Spur?

Noch unklar ist, warum es zum Treffen der Geheimdienstler am Lago Maggiore gekommen sei. Spekulationen kursieren, laut denen man russischen Oligarchen mit Villen am Lago Maggiore und in der Schweiz auf der Spur war.

Nicht ausgeschlossen wird auch, dass die Geheimdienstagenten hinter einem Magnaten und seinem Geld her waren. Vermutet wird ebenfalls, dass die israelischen Geheimdienste Kontakten zwischen italienischen und iranischen Firmen nachgingen, die im Bau von Drohnen spezialisiert sind.

Die Leichen der vier Todesopfer wurden nicht obduziert. Der Gerichtsmediziner stellte in dem Attest fest, dass die zwei Frauen und die zwei Männer ertrunken seien. Der italienische Schiffskapitän soll in den nächsten Tagen auf die Fragen der Ermittler antworten.

Lesen Sie auch: Gardasee: Unwetter in Italien sorgen für spektakuläre Bilder

Ursache des Unglücks weiter unklar

Unterdessen versuchten die Einsatzkräfte weiter, das in Slowenien zugelassene Boot zu bergen und an Land zu bringen. Nachdem einige Versuche gescheitert waren, erwägt die Feuerwehr offenbar den Einsatz eines Spezialkrans. Auf Videos war zu verfolgen, wie das Boot zwar mit Ballons aus rund 15 Metern Tiefe zum Teil an die Oberfläche geholt wurde, es danach aber nicht gelang, das Gefährt ans Ufer zu ziehen.

Die ermittelnde Staatsanwaltschaft hat sich die Schiffsunterlagen beschafft, angefangen bei den Zulassungspapieren des Bootes, in denen die technisch-rechtlichen Daten enthalten sind, darunter der Tiefgang des Rumpfes, eventuelle Erweiterungs- oder Modernisierungsarbeiten und die Sicherheitsausrüstung. Nicht ausgeschlossen wird, dass das Boot für 25 Personen an Bord nicht geeignet war.

Lesen Sie auch: Italien: Mann lebt jahrelang neben seiner toten Mutter

Lago Maggiore: Beliebter See für Passagierschifffahrten

Die gesunkene "Goduria" war ein 1982 gebautes und 16 Meter langes Schiff, das mit allem Komfort für kurze Kreuzfahrten auf dem See ausgestattet war. Der in den norditalienischen Regionen Piemont und Lombardei sowie in der Schweiz gelegene Lago Maggiore ist der zweitgrößte See Italiens und ein beliebtes Urlaubsziel. Seit 1826 gibt es auf dem Lago Maggiore eine Passagierschifffahrt. 1852 wurde sie vom Österreichischen Lloyd übernommen und neu organisiert.

Heute betreibt der italienische Staatsbetrieb "Gestione governativa navigazione laghi" mit Sitz in Mailand gemeinsam mit der "Navigazione del Lago Maggiore" ("NLM") eine Flotte von 25 Schiffen, darunter der Raddampfer Piemonte. Die lokale Schifffahrt auf Schweizer Territorium wird seit 2018 von der "Società Navigazione del Lago di Lugano" wahrgenommen.