Der Tötungsbefehl für die Problembärin JJ4 wurde aufgehoben. Nun wollen Tierschützer die Bärin von Italien nach Rumänien verlegen.

Der Streit um die Problembärin JJ4, die nach dem tödlichen Angriff auf einen Jogger im April eingefangen und in ein Tierschutzgehege eingeliefert wurde, eskaliert. Bis zum 27. Juni wurde ein von der Trentiner Behörde erlassener Tötungsbefehl für die Bärin und für ein weiteres Problemexemplar ausgesetzt, danach bleibt jedoch noch unklar, was mit den Tieren geschehen soll. Italienische Tierschutzverbände machen sich für die Verlegung der Problembärin in ein Bärenschutzgebiet in Rumänien stark. Kontakte zu einem Tierschutzgebiet in den südlichen rumänischen Vorkarpaten sind im Gange.

Rumänien: 7500 bis 8000 Bären im Land

Rumänien ist das Land mit den meisten Bären in Europa. Einer Schätzung des dortigen Umweltministeriums zufolge leben dort 7500 bis 8000 Bären. In den wenig bevölkerten rumänischen Gebirgsgegenden sind die Bären eher menschenscheu und greifen daher kaum an. Mitglieder des italienischen Tierschutzverbands Lav besuchten das "Libearty Sanctuary" im rumänischen Zărneşti, wo auf einer Fläche von 70 Hektar mehrere Braunbären leben.

Das lokale Wildtierzentrum ist weltweit das größte seiner Art für Braunbären. Dank der langjährigen Erfahrung und der Kompetenz des Personals sei größtmöglicher Respekt für das Leben und die Bedürfnisse der Tiere garantiert, berichtete Lav. "Wir hoffen auf ein Happy End für JJ4 und die anderen Bären", schrieb der Verband.

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Tötungsbefehl für Bären in Trentino: Spitzenpolitiker erhält Drohbriefe

Nach Angaben des Tierschutzvereins wurde bei dem Treffen in Zărneşti auch mit der Ausarbeitung eines detaillierten Plans für die Überführung von JJ4 begonnen. Die Tierschützer kämpfen gegen die Zeit, denn die Nerven liegen in der Bergregion Trentino blank. Der Trentiner Landeshauptmann Maurizio Fugatti ist unter Polizeischutz gestellt worden, da er in den vergangenen Tagen einen Drohbrief erhalten hatte.

Sein Haus wird überwacht, nachdem im Postverteilzentrum in Trient ein Umschlag mit einer Patrone abgefangen wurde, die an das Sekretariat des Landeshauptmanns gerichtet war. Der Brief war mit "Der einsame Wolf" unterzeichnet und enthielt Drohungen gegen Fugatti und seine Kinder. Die Ermittlungen der Polizei in Trient konzentrieren sich auf radikale Tierschützer.

Fugatti, ein Spitzenpolitiker der rechten Regierungspartei Lega, hatte sich in den vergangenen Wochen viel Kritik zugezogen, weil er "Problembären" erschießen lassen will. Die Entscheidung umfasst außerdem den Tötungsbefehl für einen weiteren Bären, MJ5, der nach dem Willen der Provinz ebenso erlegt werden soll, weil er einen Mann und seinen Sohn angegriffen hatte. Der Befehl wurde jedoch von einem Trentiner Gericht vorerst ausgesetzt. Bis dahin sucht man nach Lösungen für die Problembärin.

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Toter Bär in Italien: Todesursache unklar

JJ4, eine Schwester des 2006 in Bayern getöteten Problembären Bruno, wurde vor drei Wochen eingefangen und in ein abgesichertes Wildgehege in der Region gebracht. Tierschützer hatten Anfang Mai ein Gutachten erstellen lassen, wonach der Jogger nicht von JJ4, sondern von einem ausgewachsenen Bärenmännchen getötet worden sein soll. Dies sei etwa aus dem Abstand der Eckzähne in den Bisswunden ersichtlich.

Der Kadaver eines ausgewachsenen Bären ist inzwischen von Förstern in der Gegend des Bergs Peller im Trentino entdeckt worden. Wegen des fortgeschrittenen Verwesungszustands war es vorerst schwierig, die Todesursache festzustellen. Experten wiesen jedoch darauf hin, dass die Paarungszeit auch mit einer Zunahme der Konkurrenz zwischen den Tieren einhergeht und Zusammenstöße zwischen Artgenossen keine Seltenheit darstellen.

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Italien: Pfefferspray gegen Bären

Proben wurden gesammelt und an ein Labor geschickt. Die Hoffnung ist, dass damit Informationen über die Herkunft und die Todesursache des Bären in Erfahrung gebracht werden können. In Sachen Großraubwild regt sich einiges auch in Rom. Die Abgeordnetenkammer hat Förster in den norditalienischen Alpenregionen Trentino-Südtirol und in Friaul-Julisch Venetien die Genehmigung erteilt, sich notfalls mit Pfefferspray gegen Bären zu verteidigen.

Der Gesetzesentwurf erlaubt in Italien die Nutzung des sogenannten "Bear Spray", einem speziellen Pfefferspray, wie er weltweit in vielen Nationalparks zur Verteidigung gegen Bären zugelassen wird. Derzeit sind Verkauf und Verwendung des Sprays in Italien verboten, aber auch der World Wildlife Fund (WWF) hat sich inzwischen für die Zulassung von "Bear Spray" ausgesprochen.

Anti-Bärensprays werden in mehreren Ländern der Welt in Gebieten mit Bären eingesetzt, um die Gefahr eines Angriffs zu verhindern und den Einsatz von Schusswaffen auszuschließen.