Berlin. Laut Umfragen hätte die Ampel keine Mehrheit mehr, die CDU wäre nun stärkte Kraft. Als Partner kämen die Grünen infrage. Klappt das?

Die CDU ist weiter in der Findungsphase. Ein Teil davon ist die eigene inhaltliche Arbeit – die Partei schmiedet in über einem Jahr ihr Grundsatzprogramm – ein weiterer Teil sind die Überlegungen zu möglichen Bündnispartnern. Aktuellen Umfragen nach würde es mit den Grünen im Bund nicht für eine Mehrheit reichen, aber immerhin läge man prozentual knapp vor dem Dreierbündnis der Ampel. Könnte sich der CDU-Parteivorsitzende Friedrich Merz und die Union generell mit der Ökopartei anfreunden?

In der Bundestagsfraktion gehen die Meinungen dazu weit auseinander, wie hart man gegen die Grünen und ihre Wählerschaft schießen sollte. Bei der Schwesterpartei in Bayern haben sie diese Frage anscheinend längst für sich beantwortet. Der Vorsitzende der CSU im Bundestag, Alexander Dobrindt, sprach in der Graichen-Affäre von „grünen Clan-Strukturen“ im Wirtschaftsministerium. Auch der CSU-Chef Markus Söder hat die Grünen klar als Feindbild ausgemacht: „Diese Verbotspartei wollen wir nicht in der bayerischen Staatsregierung haben“, sagte der bayerische Ministerpräsident beim Parteitag im Mai.

Prien: Die CDU sei schon immer eine Brückenbauer-Partei

Immerhin in sechs deutschen Bundesländern haben beide Parteien schon Übung in der Zusammenarbeit. Von den Spitzen-CDUlern aus Baden-Württemberg, Schleswig-Holstein und Nordrhein-Westfalen hört man viel Gutes: Auch wenn man bei Themen wie Migration und Wirtschaft weit auseinander liege, seien die Grünen ein verlässlicher Partner, sagt einer, der in NRW am Koalitionsvertrag mitverhandelt hat.

Die schleswig-holsteinische Bildungsminister Karin Prien (CDU) sagte unserer Redaktion: „In Schleswig-Holstein gelingt es uns trotz erheblicher Unterschiede bei den politischen Grundüberzeugungen Kompromisse zu finden.“ Die CDU sei schon immer Brückenbauerin gewesen, zudem müssten „demokratische Parteien immer miteinander gesprächsfähig und koalitionsfähig sein und respektvoll miteinander umgehen, auch wenn man sich inhaltlich schärfere Auseinandersetzungen erlaubt“, sagt Prien.

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Der baden-württembergische Landesvorsitzende und stellvertretende Ministerpräsident, Thomas Strobl, urteilt nüchtern: „Nach der Landtagswahl 2016 haben wir uns nicht gesucht, aber gefunden.“ Man arbeite seit sieben Jahren „sehr erfolgreich mit den Grünen in der Regierung zusammen: stabil, verlässlich und vertrauensvoll“. Strobl geht sogar noch eine Schritt weiter: „Mittlerweile sind wir zum Modell für Deutschland geworden.“

An die Grünen wäre Hendrik Wüst anschlussfähiger

Aber sowohl Strobl als auch Karin Prien nehmen eine Einschränkung vor: „Die Grünen im Land sind freilich nicht die Grünen im Bund“, sagt der Landesinnenminister und die Bildungsministerin räumt ein: „Dass wir auf mehreren Spielfeldern mit den Grünen spielen, macht es für die CDU schwierig.“ Was beide bestätigen: sowohl im Land als auch im Bund sind die Drähte zu den Grünen gut. Wie man aus der Parteizentrale in Berlin hört, kann auch Merz mit den Grünen und pflegt den persönlichen Umgang.

Mit Hendrik Wüst, Ministerpräsident in Nordrhein-Westfalen, als Kanzlerkandidat der Union wäre eine Koalition mit den Grünen im Falle eines Wahlerfolgs wahrscheinlicher.
Mit Hendrik Wüst, Ministerpräsident in Nordrhein-Westfalen, als Kanzlerkandidat der Union wäre eine Koalition mit den Grünen im Falle eines Wahlerfolgs wahrscheinlicher. © IMAGO/Political-Moments | imago

Auch bei den Grünen steht die Ampel auf grün. Allerdings nicht unbedingt mit Friedrich Merz als Kanzler. Es ist ein offenes Geheimnis, dass NRW-Ministerpräsident Hendrik Wüst den Grünen mehr läge als Koalitionspartner. Wüst sagt Sätze wie „Es ist nicht entscheiden, wo ein Kind herkommt, es sind alles unsere Kinder“ statt wie Merz von „kleinen Paschas“ zu sprechen. Doch auch beim Punkt vom richtigen Kanzlerkandidaten befindet sich die CDU noch in der Findungsphase.

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