Berlin/Kiew. Die Ukraine kommt bei ihrer Gegenoffensive schrittweise voran. Präsident Wolodymyr Selenskyj holt zur Verbalattacke auf Putin aus.

Aus Sicht des ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj ist es notwendig, dass Russland seine Bürger auf den Verlust der besetzten Gebiete vorbereitet. Selenskyj erklärte in seinem allabendlichen Video, das am Sonntag in Kiew veröffentlicht wurde, Russland habe mit dem Krieg nicht nur seine eigene Zukunft zerstört.

Es werde auch sämtliche besetzten Gebiete wieder verlieren. "Für unsere Schritte einer De-Okkupation gibt es keine Alternative und wird es keine geben." Schritt für Schritt bewegten sich die ukrainischen Streitkräfte voran, um ihr Land zu befreien, sagt er.

Des Weiteren kündigte Selenskyj an, dass die Ukraine in den kommenden Tagen neue militärische Unterstützung von ihren Verbündeten erwarte. Er kommentierte auch den Besuch von Vertretern mehrerer afrikanischer Staaten bei Kremlchef Wladimir Putin in St. Petersburg: Sie hätten sich dort überzeugen können, dass die Ukraine auf Frieden aus sei, Russland hingegen Krieg wolle, um "weiter das Leben zu zerstören".

Krieg: Delegation erarbeitet Friedensplan für Verhandlungen mit Russland

Im Rahmen ihrer Friedensinitiative hat die afrikanische Delegation, bestehend aus Vertretern aus Südafrika, Ägypten, dem Senegal, Sambia, der Republik Kongo und Uganda, eigenen Angaben zufolge einen Zehn-Punkte-Plan erarbeitet.

Angesichts des fast 16-monatigen russischen Angriffskrieges ist die Hoffnung auf Erfolg jedoch äußerst gering. Vor ihrem Besuch in St. Petersburg trafen die Delegationsmitglieder am Freitag mit Selenskyj in Kiew zusammen. Der ukrainische Präsident stellt den Abzug russischer Truppen als Voraussetzung für Verhandlungen.

Ukraine-Krieg: Friedensinitiative stellt Plan für Verhandlungen mit Russland vor
Ukraine-Krieg: Friedensinitiative stellt Plan für Verhandlungen mit Russland vor © Uncredited/Ukrainian Presidential Press Office/AP/dpa

In seinem Video machte sich Selenskyj zudem über Putin lustig, der am Freitag in St. Petersburg behauptete, dass die russischen Streitkräfte bereits fünf Flugabwehrsysteme des US-Typs Patriot in Kiew zerstört hätten. Laut US-Medien gibt es jedoch nur zwei solcher Systeme in der Ukraine. Der ukrainische Staatschef erklärte, dass alle Systeme intakt seien. "Kein einziger Patriot wurde zerstört!", betonte er. In den letzten sieben Tagen allein seien drei Dutzend russische Raketen abgewehrt worden.

Putin: Ukrainische Gegenoffensive hat keine Chance

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    Ukraine-Offensive: Brigadegeneral hält sich mit Beurteilungen zurück

    Bei der Bewertung der ukrainischen Gegenoffensive ist nach Meinung des Leiters des Lagezentrums Ukraine im Verteidigungsministerium, Brigadegeneral Christian Freuding, Zurückhaltung angebracht. "Wir müssen ein bisschen vorsichtig sein, damit wir nicht anmaßend werden, dass wir von der Berliner Sommerterrasse aus die ukrainische Taktik beurteilen", sagte Freuding am Sonntagabend im ARD-"Bericht aus Berlin".

    Die Ukrainer zahlten in diesem Krieg seit über 400 Tagen einen hohen Preis. "Und ich glaube, wir haben weder die Sicht drauf, noch auch das Recht drauf, das ukrainische Vorgehen der Truppenteile in der Art und Weise zu beurteilen, ob es gut, schlecht, zweckmäßig oder unzweckmäßig war." Nach Angaben Freudings geht die Ukraine sehr restriktiv mit Informationen zur Lage um. "Wir nennen das militärisch "operational security". Das ist natürlich auch nachvollziehbar, weil daraus sonst der Feind Schlüsse ziehen könnte."

    Er wolle sich dem Urteil aber nicht anschließen, dass das Vorgehen der Ukraine nicht so gut laufe, sagte Freuding. Es gebe ein Wiedergewinnen der Initiative durch die ukrainischen Streitkräfte und erste Angriffserfolge. "Wir haben aber auch gesehen, dass die Verteidigungsstellungen der russischen Streitkräfte sehr stark vorbereitet wurden." Derzeit konsolidierten sich die ukrainischen Kräfte, um zu schauen, wo und womit sie Erfolg hatten. (she/dpa)