Berlin. Für die Gesundheit ihrer Kinder sind in erster Linie die Eltern verantwortlich. Ein Handyverbot an Schulen macht es ihnen zu leicht.

Eltern kennen das. Um das quengelnde Kind im Restaurant oder dem Auto für gewisse Zeit ruhig zu stellen, gibt’s das Smartphone in die Hand. Ein paar Minuten Youtube oder Instagram – wird schon nicht schaden, möchte man meinen. Doch das rächt sich schnell. Aus ein paar Minuten wird eine Stunde. Irgendwann nicht mehr nur ausnahmsweise, sondern jeden Tag.

Bewegungsmangel, psychische Erkrankungen, emotionaler Stress: Mehrfach warnte Kinderärzte-Präsident Thomas Fischbach in der Vergangenheit vor den Folgen des zu frühen Internetkonsums. Nun mahnt er erneut: kein Handy unter zwölf Jahren! Doch der bloße Appell reicht manchem nicht. Schleswig-Holsteins Bildungsministerin und CDU-Bundesvize Karin Prien plädiert für ein „generelles Handynutzungsverbot“ an Grundschulen – ein richtiger Ansatz, allerdings an falscher Stelle.

Wenn schon Neunjährige keine 45 Minuten ohne Handy mehr aushalten, ist das Kind sprichwörtlich längst in den Brunnen gefallen. Natürlich können schädliche Inhalte auch in einer Zehn-Minuten-Pause auf dem Schulhof ausgetauscht werden. Doch ein Handyverbot würde lediglich bewirken, dass sie stattdessen nach Schulschluss die Runde machen. Der Schutz vor ungesundem Internetkonsum muss woanders ansetzen: dort, wo Kinder stundenlang daddeln, wenn keiner hinguckt.

Wieder einmal sollen Schulen Erziehungsarbeit leisten

Befürworter des Handyverbots argumentieren mit seiner Lenkungswirkung. Eltern sollen dazu motiviert werden, auch daheim genauer hinzuschauen – womöglich sogar ein Handyfasten einzuführen. Wenn es in der Schule geht, warum sollte es dann nicht auch daheim klappen? Doch was, wenn nicht? Konflikte zwischen Lehrenden und Eltern wären programmiert.

Judith Görs Redakteurin Politik/Wirtschaft FUNKE Zentralredaktion
Judith Görs Redakteurin Politik/Wirtschaft FUNKE Zentralredaktion © Privat | Privat

Den ohnehin von Personalmangel und Sparmaßnahmen geplagten Grundschulen macht Prien mit ihrem Vorschlag keinen Gefallen: Denn wieder einmal soll an Schulen Erziehungsarbeit geleistet werden, die eigentlich vom Elternhaus erbracht werden müsste. Für die Gesundheit ihrer Kinder tragen in erster Linie die Eltern Verantwortung. Das Handy-Verbot würde die einen davon freisprechen – und von den anderen als Bevormundung empfunden werden.

Was tatsächlich helfen kann, ist Aufklärung: Broschüren für Eltern in den Kinderarztpraxen und bei Kinderpsychologen. Aktive Ansprache über die Jugendämter – so, wie es auch kurz nach der Geburt eines Kindes gemacht wird. Selbst die Mobilfunkkonzerne können eine Mitverantwortung tragen, indem sie verpflichtet werden, bei Neuverträgen über Möglichkeiten der eingeschränkten Handy-Nutzung für Kinder aufzuklären – etwa durch Bildschirmfixierung oder die zeitweise Sperrung bestimmter Apps.

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