Washington. Der US-Bundesstaat Montana schreibt Geschichte in Sachen Klimakrise: Ein Gericht entschied zugunsten 16 junger Klägerinnen und Kläger.

Greta Thunberg wird jubeln: Zum ersten Mal hat ein Gericht in Amerika entschieden, dass junge Menschen ein verfassungsmäßiges Recht auf eine gesunde Umwelt haben. Und dass der Staat bei der Genehmigung von fossilen Energie-Projekten gefälligst den Klimawandel berücksichtigen muss.

Im Bundesstaat Montana hat Richterin Kathy Seeley am Montag ein Gesetz gekippt, das den Behörden in der Hauptstadt Helena bisher per Gesetz untersagt hat, das Ja zu neuen Erdöl- und Erdgas-Projekten von der Beurteilung der Erderwärmung durch Treibhausgase abhängig zu machen.

Dabei heißt es in der Landesverfassung: "Der Staat und jede Person soll eine saubere und gesunde Umwelt in Montana für jetzige und künftige Generationen erhalten und verbessern."

16 junge Menschen hatten gegen Politik geklagt

In Montana stellen bereits heute 5000 Gas-, 4000 Öl-Förderstätten, vier Öl-Raffinerien und sechs Kohle-Minen nach Angaben von Wissenschaftlern eine hohe Umweltbelastung dar.

Richterin Seeley attestierte, dass der landwirtschaftlich geprägte Bundesstaat nahe der kanadischen Grenze genau so viel CO2-Abgase produziert wie Argentinien, die Niederlande oder Pakistan. Und dass es einen eindeutig bewiesenen Zusammenhang zwischen dem exzessiven Einsatz fossiler Energien und dem Anstieg der Erderwärmung gebe.

Gegen die von den regierenden Republikanern betriebene Politik, den Klimawandel auszublenden, hatten 16 junge Menschen im Alter von fünf bis 22 Jahren geklagt.

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Atembeschwerden und extreme Dürre

Bei einer Anhörung schilderten sie anhand von persönlichen Krankheitsgeschichten die Auswirkungen fossiler Energien. Badge Busse (15) aus Kalispell erklärte, wie sich seine Asthma-Erkrankung verschlimmert hat. Andere Jugendliche berichteten, dass sie bei der starken Rauchentwicklung im Zuge inflationärer Waldbrände chronische Atembeschwerden entwickelt haben. Oder dass ausgetrocknete Flüsse, dramatische Überflutungen oder extreme Dürre ihren Lebensraum einschränken.

Der 22-jährige Ricki Held, nach dem die Klage benannt war, beschrieb leidenschaftlich, wie extreme Wetterphänomene seiner Familie die wirtschaftliche Existenzgrundlage entziehen – eine große Rinder-Farm –, weil Tiere sterben und Ernten zerstört werden.

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Justizminister wollen Urteil anfechten

Das Justizministerium kündigte umgehend Berufung gegen das Urteil vor dem Obersten Verfassungsgericht des Bundesstaates an. "Der Richterspruch ist absurd, kommt aber nicht überraschend angesichts einer Richterin, die einen von den Steuerzahlern finanzierten Publicity Stunt ermöglicht hat", sagte eine Sprecherin von Generalstaatsanwalt Austin Knudsen.

In die gleiche Richtung argumentierte das regionale Petroleum-Konsortium: "Wenn das Urteil Bestand hat, ergeben sich gravierende Nachteile für den Wirtschaftsstandort Montana." Aus der Klimaschutz-Bewegung, die weltweit nach UN-Angaben über 2000 solcher Verfahren betreibt, ein Drittel davon in den USA, wurde dagegen Begeisterung gemeldet.

Michael Burger vom Sabin Center für Klimawandel-Prozesse der Columbia-Universität sagte, das Urteil werde "in ganz Amerika Wellen schlagen" und voraussichtlich weitere Gerichte beeinflussen. Die Botschaft sei, dass der Staat für jetzige und künftige Generationen eine gesunde Umwelt gewährleisten muss. In Virginia, Utah und Hawaii laufen bereits vergleichbare Verfahren.