Washington. Die Idee eines spektakulären Deals macht in Washington die Runde. Hätte er Erfolg, stünden die USA vor einem politischen Neuanfang.

  • Auch wenn es unrealistisch scheint: Donald Trump könnte erneut US-Präsident werden
  • Eine Möglichkeit, wie das verhindert werden könnte, elektrisiert nun Trump-Fans in den USA
  • Das Problem: Auch für Joe Biden würde es den Abschied bedeuten

Es ist zurzeit nur eine Utopie in den USA. Aber sie hält sich hartnäckig – dafür haben seriös argumentierende Experten und Medienberichte gesorgt. Um eine inner-amerikanische Zerreißprobe abzuwenden, die mit der anrollenden Prozesslawine gegen Ex-Präsident Donald Trump droht, kursiert die Idee eines „Mega-Deals” in Washington. Bei Zustandekommen würde er das politische Terrain vor den Präsidentschaftswahlen 2024 komplett verändern. Lesen Sie auch: Top-Juristen sind sicher: So kann Trump verhindert werden

Der Plan, den der demokratische Wahlstratege Doug Schoen und der ehemalige republikanische Kongress-Abgeordnete John LeBoutillier dieser Tage in die Welt setzten, funktioniert so: Die Justiz auf Bundesebene wie aufseiten der Bundesstaaten New York und Georgia verzichtet in einer konzertierten Aktion auf die Strafverfolgung des ehemaligen Präsidenten – als Gegenleistung bekennt sich Trump öffentlich schuldig, dass seine Versuche falsch und illegal waren, das Wahlergebnis von 2020 nachträglich zu kippen.

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Zudem muss er seine Präsidentschaftskandidatur für 2024 zurücknehmen und erklären, auf Lebenszeit kein öffentliches Amt mehr anzustreben. Trump wird eine Verschwörung gegen sein Land und der Versuch der Wahlmanipulation vorgeworfen. Ihm droht eine Gefängnisstrafe.

Trump-Verzicht auf Kandidatur hätte gleich mehrere Vorteile

Amerika, so Schoen und LeBoutillier, bliebe ein jahrelanger Rechtsstreit erspart, der die in der Causa Trump heillos verfeindeten Bevölkerungsgruppen weiter in Wallung brächte. In der republikanischen Partei könne ein Generationenwechsel stattfinden. Mit Trump verschwände eine der polarisierendsten Personen der jüngeren Geschichte von der Bildfläche. Und das Land könnte sich endlich wieder den wichtigen Themen zuwenden: „Einkommensungleichheit, Illegale Einwanderung, Kriminalität, Inflation und das Versagen des Bildungssystems.”

Um dem Gefängnis zu entgehen, könnte Donald Trump einem Deal zustimmen
Um dem Gefängnis zu entgehen, könnte Donald Trump einem Deal zustimmen © AFP | TIMOTHY A. CLARY

Chris Christie, Ex-Gouverneur von New Jersey, Präsidentschaftskandidat, einstiger Wegbegleiter und jetzt Erzfeind Trumps, gab der Idee unlängst mit einem bestechenden Argument Auftrieb: Trump würde alles tun, um nicht hinter Gitter zu müssen – alles.

Tatsächlich gibt es eine Art Präzedenzfall für dieses Vorgehen. 1973 wurde Richard Nixons Vize Spiro Agnew wegen Bestechung und Steuervergehen angeklagt. Im Rahmen eines Teilgeständnisses kam er mit 10.000 Dollar Strafe und drei Jahren Bewährung um eine Gefängnisstrafe herum.

Agnews damaliger Anwalt, Martin London, sah darin bereits im Frühjahr eine Blaupause für Trump. „Es wäre im nationalen Interesse, wenn er sich zurückziehen würde. Und ich denke, er würde es tun, wenn eine Gefängnisstrafe real erscheint”, sagte London in einem Interview. Zu einem „universellen Deal” müsse aber eine Reißleine gehören: Sollte Trump die Vereinbarung brechen, nimmt die Justiz den Ball gegen ihn wieder auf.

Auch Biden könnte verzichten – um Sohn Hunter zu schützen

Eine zweite Facette dieses Gedanken-Experiments betrifft den amtierenden Präsidenten: Joe Biden könnte Trump perspektivisch eine Begnadigung für sämtliche auf Bundesebene Vorwürfe anbieten – unter der Voraussetzung, dass Trump noch in diesem Jahr aus dem Präsidentschaftsrennen 2024 aussteigt. Im Gegenzug müsste die republikanische Partei ihre immer intensiver werdenden Untersuchungen gegen Präsidenten-Sohn Hunter Biden einstellen. Als Anreiz würde Biden mit Trump gleichziehen und vor der Wahl 2024 den Weg für einen jüngeren demokratischen Kandidaten freimachen.

Für den Verzicht auf die Kandidatur 2024 könnte die republikanische Partei die Untersuchungen gegen Hunter Biden (r.) fallen lassen.
Für den Verzicht auf die Kandidatur 2024 könnte die republikanische Partei die Untersuchungen gegen Hunter Biden (r.) fallen lassen. © dpa | Manuel Balce Ceneta

Die Idee hat Dutzende Fragezeichen. Aber angesichts der miesen Beliebtheitswerte von Trump und Biden und laut Umfragen überwältigenden Wunsch der meisten Amerikaner nach einem Abtritt der beiden Alten (80 und 77 Jahre), darf man den Gedanken nicht einfach abhaken. „Beide, Trump wie Biden, würden sich verdient machen um ihr Land”, sagte ein republikanischer Funktionär in Washington dieser Zeitung. Seinen Namen will er aus Furcht vor Repressalien nicht veröffentlicht wissen.

Zweite Amtszeit: Demokraten planen inoffiziell den Ausfall Bidens

Aufseiten der Demokraten, die fast geschlossen hinter Biden stehen, hat der Kongressabgeordnete Dean Philipps aus Minnesota die Debatte eröffnet. Der 54-Jährige, nach eigenen Worten ein glühender Fan des Präsidenten, sieht angesichts des in Umfragen abgebildeten Kopf-an-Kopf-Rennens der designierten Kandidaten die reale Gefahr eines Trump-Sieges. Joe Biden tue Land und Partei einen Gefallen, wenn er den Weg für Jüngere ebne und sich nicht mit dann 81 Jahren einer erneuten Amtszeit stelle.

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Philipps spricht aus, was weite Teile der Partei nur hinter vorgehaltener Hand laut denken. „Gott bewahre, dass der Präsident während der Vorwahlen ein gesundheitliches Problem bekommt oder etwas anderes passiert”, so Philipps. Die offizielle Haltung der Demokraten ist hingegen, dass Biden mit wegweisenden Entscheidungen zur Reformierung des Landes beigetragen und milliardenschwere Investitionen durchgesetzt hat. Er habe Trump ein Mal bezwungen, er könne es wieder tun.

Bidens Kandidatur – sie sei alternativlos. Inoffiziell plant man bereits mit dem Ernstfall. Sollte Joe Biden auf der Strecke bis zur Wahl einen schweren gesundheitlichen Rückschlag erleiden, muss die „Reservebank” ran. Dazu zählen der ehemalige Bill Clinton-Berater James Carville und vor allem die Gouverneure in den Bundesstaaten, die 2020 knapp für Biden gestimmt hatten – Josh Shapiro aus Pennsylvania etwa oder Tony Evers aus Wisconsin und Gretchen Whitmer aus Michigan. Sie alle, heißt es, besäßen „herausragendes Potenzial”.