Berlin. Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) will in Kiew ein Zeichen der Solidarität senden. Vor allem ein Thema liegt ihr am Herzen.

Außenministerin Annalena Baerbock hat die Ukraine zum vierten Mal seit Beginn des russischen Angriffskrieges im Februar 2022 besucht. Ihr Besuch in Kiew, der aus Sicherheitsgründen zunächst geheim gehalten wurde, erfolgte kurz vor der UN-Generalversammlung in New York und sollte zweifellos als Zeichen der Solidarität verstanden werden.

Aufgrund der anhaltenden Sperrung des Luftraums über der Ukraine erfolgte Baerbocks nächtliche Anreise von Polen aus im Sonderzug, wie es bei hochrangigen Politikerbesuchen üblich ist. Am Bahnsteig in Kiew wurde sie von Martin Jäger, dem deutschen Botschafter, empfangen.

Bundesaußenministerin Annalena Baerbock trifft mit dem Zug zu einem geheim gehaltenen Besuch in der ukrainischen Hauptstadt ein.
Bundesaußenministerin Annalena Baerbock trifft mit dem Zug zu einem geheim gehaltenen Besuch in der ukrainischen Hauptstadt ein. © Oliver Weiken/dpa

Bei ihrer Ankunft betonte Baerbock, dass Deutschland der Ukraine auf ihrem Weg in die Europäische Union entschlossen zur Seite stehen werde. Sie unterstrich jedoch auch die Notwendigkeit weiterer Reformen, insbesondere im Kampf gegen die Korruption.

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Die Ukraine verteidige „auch unser aller Freiheit. So wie sich die Ukraine vor uns stellt, kann auch sie sich auf uns verlassen“- etwa darauf, dass Deutschland der Ukraine auf ihrem Weg in die Europäische Union entschlossen unter die Arme greife.

Baerbock pocht auf mehr Korruptionsbekämpfung

Die Ukraine erhielt im Juni 2022 den Status eines EU-Beitrittskandidaten. Die EU-Kommission definierte sieben Reformprioritäten, von denen einige bereits als erfüllt betrachtet werden.

Baerbock sagte, bei der Justizreform und der Mediengesetzgebung könne sich die Bilanz Kiews schon sehen lassen. Aber „bei der Umsetzung des Anti-Oligarchen-Gesetzes und dem Kampf gegen Korruption gilt es noch einen Weg zu gehen.“ Die EU müsse selbst zudem „zügig daran arbeiten, dass wir für mehr Stühle am Tisch richtig aufgestellt sind“.

Angesichts der anhaltenden russischen Angriffe auf die Infrastruktur und die Energieversorgung betonte Baerbock die Notwendigkeit, das Energienetz enger mit der Ukraine zu verknüpfen. Sie äußerte die Besorgnis, dass Familien in Angst leben müssten, wenn russische Angriffe die Stromversorgung gefährden. Deutschland lasse nicht nach, „die Ukraine bei ihrer Verteidigung gegen Russlands Aggression zu unterstützen: wirtschaftlich, militärisch, humanitär“.

Baerbock kritisiert Verschleppung von Kinder

Russland töte nicht nur mit seinen Bomben, sondern raube auch vielen tausenden ukrainischen Kindern ihre Zukunft, kritisierte Baerbock. Sie würden aus Kindereinrichtungen, Waisenhäusern und Schulen verschleppt, „um sie in russische Umerziehungslager zu deportieren oder in Russland zur Adoption freizugegeben“. Berichte über extreme Gehirnwäsche, mit der russische Stellen Kindern jede Brücke zu ihren Familien und ihrer Heimat zertrümmerten, brächen das Herz.

Deutschland unterstütze jene Organisationen und Behörden, „die den traumatisierten Kindern wieder ein Zuhause in Sicherheit und Geborgenheit geben“, sagte die Ministerin. Diese Verbrechen müssten aufgearbeitet werden. „Der allererste Friedensschritt ist, dass Putin diese Kinder zurück nach Hause lässt“, forderte sie. Das Thema soll auch in der UN-Vollversammlungswoche eine wichtige Rolle spielen.

Baerbock war zuletzt im Januar in der Ukraine

Die Bundesaußenministerin war zuletzt im Januar als erstes deutsches Kabinettsmitglied seit Beginn des Krieges in die nahe der russischen Grenze gelegene Ostukraine gereist und hatte das umkämpfte Charkiw besucht. Davor war sie nach Kriegsbeginn im Februar 2022 zwei Mal in Kiew - Mitte Mai 2022 als erstes Mitglied des Bundeskabinetts und Mitte September vergangenen Jahres. (dpa/fmg)