Berlin. Der Finanzminister wollte politisches Kapital aus dem jüngsten Urteil des Verfassungsgerichts schlagen. Das ging gründlich schief.

In dem Trauerspiel, das die Ampel-Koalition gerade in Sachen Bundeshaushalt aufführt, verdient die Rolle des Finanzministers besondere Beachtung. Als in der vergangenen Woche das Verfassungsgericht die Umwidmung von 60 Milliarden Euro nicht genutzter Corona-Kredite für den Klimaschutz für unzulässig erklärte, vermittelte Christian Lindner (FDP) sofort den Eindruck, als wolle er aus der Entscheidung politisches Kapital schlagen. Das Urteil schaffe „Klarheit zur Schuldenbremse“, sagte er. Subtext: Die FDP und ich stehen bekanntlich ohne Wenn und Aber zur Schuldenbremse, im Grunde haben wir jetzt die Karlsruher Richter auf unserer Seite.

Politik-Korrespondent Thorsten Knuf
Politik-Korrespondent Thorsten Knuf © Funke Foto Services | Reto Klar

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FDP hat Haushaltsdebakel genauso zu verantworten wie SPD und Grüne

Acht Tage später steht der Minister ziemlich entblößt dar. Inzwischen ist klar, dass das Urteil die gesamte Finanzplanung der Ampel über den Haufen wirft, inklusive der Preisbremsen für Strom und Gas. Am Donnerstag kündigte Lindner an, in Kürze den Entwurf für einen Nachtragshaushalt 2023 vorzulegen. Die Koalition wird noch einmal die Schuldenbremse außer Kraft setzen und Kredite aufnehmen, um die entstandenen Löcher zu stopfen. Vermutlich wird ihr auch für das Haushaltsjahr 2024 nicht viel anderes übrigbleiben.

Es ist zwar richtig, dass die Schuldenlast in der Summe nicht steigt. Die neuen Kredite werden nur anders verbucht. Christian Lindner kann sich aber von seiner Erzählung verabschieden, dass er es gewesen sei, der der Schuldenbremse ab 2023 wieder zur Geltung verholfen habe. Die FDP ist eben doch nicht die Garantien einer seriösen Haushaltspolitik, als die sie sich immer darstellt. Die Tricksereien der vergangenen Jahre, die Karlsruhe nun gestoppt hat, haben Lindner und seine FDP genauso zu verantworten wie SPD und Grüne.