Berlin. In Charkiw ist ein Team des ZDF bei einem Raketeneinschlag verletzt worden. Der Sender spricht von einem Angriff auf die freie Presse.

Bei einem russischen Raketenangriff auf ein Hotel in der Stadt Charkiw ist am Samstag auch ein ZDF-Team getroffen worden. Das siebenköpfige Team um ZDF-Reporterin Alica Jung befand sich zur Zeit des Beschusses im Kharkiv-Palace-Hotel, als die Rakete im Gebäude einschlug.

Journalistin beschreibt den Moment des Angriffs

Jung berichtet von dem Einschlag: „Es tut einen unfassbar lauten Schlag, das Gebäude bebt.“ Als sie ihre Zimmertüre öffnet, sieht sie nicht die Lobby, „sondern Dunkelheit und schwarzen Rauch“. Sie habe nicht gewusst, „ob meine Kollegen noch leben und was von dem Gebäude noch steht“. Sie habe sich sofort auf die Suche gemacht, „über Scherben und Trümmerteile“, ins Parkhaus, das dem Hotel als Bunker dient.

Die ukrainische Übersetzerin wurde von Trümmerteilen getroffen und schwer verletzt, ein Sicherheitsmann verletzt. Das „Kharkiv-Palace“ ist ein Hotel, das vorwiegend von Journalisten genutzt wird, weil es über einen Bunker verfügt. Dass keines der Team-Mitglieder getötet wurde, sei für Jung „ein Wunder“. „Es zeigt sich, dass es keinen sicheren Ort in der Ukraine mehr gibt.“

Chefredakteurin Schausten: „Angriff auf die freie Presse“

ZDF-Chefredakteurin Bettina Schausten sagte am Sonntag in einer Mitteilung des Senders: „Dies ist ein weiterer Angriff Russlands auf die freie Presse. Wir hoffen, dass die verletzten Kollegen schnell genesen. Das ZDF wird weiterhin über den Krieg gegen die ukrainische Zivilbevölkerung berichten.“

Die Hotelmanagerin sagte dem Sender, mindestens zehn Journalistinnen und Journalisten hätten zum Zeitpunkt des Angriffs im Gebäude ein Zimmer gemietet gehabt.

Das ZDF berichtet seit fast zwei Jahren kontinuierlich über den russischen Angriffskrieg in der Ukraine. Bereits zuvor waren Hotels, in denen Journalisten und NGO-Mitarbeiter übernachteten, von russischen Angriffen betroffen.

Russland-Reportagen von Jan Jessen

Russland führt Krieg gegen Zivilisten

Bei mehreren Raketenangriffen auf Charkiw sind nach ukrainischen Angaben 28 Menschen verletzt worden. Das russische Verteidigungsministerium in Moskau bestätigte den Angriff auf das Hotel. Es sei beschossen worden, weil Vertreter der ukrainischen Geheimdienste von dort den Beschuss der russischen Stadt Belgorod geplant hätten, gab ein Militärsprecher am Sonntag vor.

ZDF-Journalistin Jung berichtet, wie sie Drohnen auf dem Weg ins Zentrum von Charkiw gehört hat. „Ein weiteres Mal zeigt sich: Russland führt auch einen Krieg gegen Zivilisten.“

Bürgermeister Ihor Terechow und die örtliche Staatsanwaltschaft sprachen morgens von Angriffen mit Kampfdrohnen. Dadurch seien im Zentrum mehrere Wohngebäude, Büros und ein Café beschädigt worden. „Es gab einige Einschläge im Zentrum“, schrieb Terechow im sozialen Netzwerk Telegram. Informationen über Verletzte würden noch gesammelt.

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