Teheran. 84 Menschen sind im Iran bei einem Anschlag gestorben. Die Lage droht zu eskalieren. Wer dafür verantwortlich ist, bleibt offen.

Für den Iran sollte es ein Tag werden, der vor Propaganda nur so strotzte: Zum Todestag des vor vier Jahren von den USA getöteten und im Land als Märtyrer verehrten Generals Kassem Soleimani waren Hunderte in dessen Heimatstadt Kerman gekommen. Selbst in der rund 800 Kilometer entfernten Hauptstadt Teheran war das Antlitz des Staatshelden überall auf Plakaten zu sehen.

Doch die von der Führung gesteuerte Trauer endete in einem Drama, das zahlreiche Menschen das Leben kostete: Zwei Explosionen in Kerman rissen nach derzeitigem Stand 84 Menschen in den Tod – zuvor war von über 100 die Rede gewesen. Hunderte weitere wurden verletzt. Der Vize-Gouverneur von Kerman, Rahman Dschalali, sprach noch am Abend von einem „terroristischen Anschlag“.

Attacke im Iran wäre tödlichster Anschlag in der Geschichte des Landes

Die iranische Nachrichtenagentur Tasnim berichtete unter Berufung auf informierte Kreise, dass „zwei Taschen mit Bomben“ an dem Ort explodiert seien. Die Bomben seien „offenbar ferngesteuert gezündet“ worden. Sollte es sich tatsächlich um eine Terrorattacke handeln, wäre es der tödlichste Anschlag in der rund 45-jährigen Geschichte der Islamischen Republik.

Für die Region kommt dieser zur Unzeit: Angesichts des Gaza-Kriegs zwischen Israel und der Hamas, die vom Iran unterstützt wird, und der Tötung von Saleh al-Arouri, einem der Top-Kommandeure der Terrororganisation, im Libanon, ist die Gefahr einer Eskalation des Nahost-Konflikts ohnehin so hoch wie lange nicht. Die Explosionen könnten nun wie ein Brandbeschleuniger wirken.

Anschlag im Iran: Hintergründe unklar – Teheran sieht Schuld bei USA und Israel

Wer für diese verantwortlich ist, ist auch am Tag nach der Attacke noch völlig unklar. Bekannt hat sich zu der Tat bisher niemand. Der Sprecher des US-Außenministeriums, Matthew Miller, betonte jedoch, es gebe keinen Grund zu der Annahme, dass Israel beteiligt gewesen sei. Auch die USA selbst hätten nichts mit den Explosionen zu tun. Das Ziel des Anschlags habe offenbar darin bestanden, die Spannungen zwischen Israel und dem Iran weiter anzuheizen, schrieb das „Wall Street Journal“ unter Berufung auf nicht genannte Personen, die mit Israels Vorgehen vertraut seien.

Der Iran dagegen sieht die Schuld für den Anschlag bei Israel und den USA. Die „Verantwortung für dieses Verbrechen“ liege „bei den USA und dem zionistischen Regime und der Terrorismus ist nur ein Werkzeug“, schrieb Präsidentenberater Mohammad Dschamschidi im Online-Dienst X, vormals Twitter. Die iranische Regierung erklärte den Donnerstag angesichts des Anschlags „zu einem Tag der öffentlichen Trauer im ganzen Land“.

Zum Todestag von General Soleimani ist dessen Konterfei im Iran nahezu omnipräsent.
Zum Todestag von General Soleimani ist dessen Konterfei im Iran nahezu omnipräsent. © AFP | ATTA KENARE

Experte: Iran ist nicht für breite Vergeltungsmaßnahmen bereit

Wie genau das Mullah-Regime auf den seiner Ansicht nach israelischen Anschlag reagiert, scheint noch offen. Allerdings seien weder die Hisbollah noch ihr Unterstützer, der Iran, bereit, sich größeren Vergeltungsmaßnahmen zu stellen, sagte der politische Analyst Makram Rabah der Deutschen Presse-Agentur (dpa). „Seit Beginn des Konflikts ist klar, dass der Iran kein Interesse an einer umfassenden Konfrontation hat.“

Kerman liegt im Süden des Irans.
Kerman liegt im Süden des Irans. © DPA Images | dpa-infografik GmbH

Wichtig dürfte nun sein, genau abzuklären, was in Kerman passiert ist. Die Nachrichtenagentur Isna zitierte den Bürgermeister der Stadt, Saeed Tabrisi, mit den Worten, die Bomben seien im Abstand von zehn Minuten explodiert. Ein Augenzeuge berichtete, auf dem Weg zum Grab Soleimanis habe plötzlich ein Auto hinter der Menschenmenge angehalten, und es sei eine Mülltonne mit einer Bombe explodiert.