Berlin. Der Finanzminister will Firmen vom Soli befreien. Zuspruch bekommt er aus Wissenschaft und Wirtschaft – aber nicht aus der Koalition.

Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) bekommt Rückendeckung aus Wirtschaft und Wissenschaft für seinen Vorschlag, den Solidaritätszuschlag für Unternehmen abzuschaffen, um die Wirtschaft zu entlasten. „Die vollständige Abschaffung des Solidaritätszuschlags oder eine Senkung des Körperschaftsteuersatzes wären wichtige Entlastungssignale“, sagte Peter Adrian, Präsident der Deutschen Industrie- und Handelskammer (DIHK), dieser Redaktion.

Nach wie vor zahlten alle rund 800.000 Kapitalgesellschaften den Soli, aber auch viele Einzelunternehmen und Personengesellschafter, wenn ihr Einkommen die gesetzten Grenzen überschreite. Adrian betonte, dass es jetzt wichtig sei, die Investitionskraft der Betriebe zu stärken, um den Wirtschaftsstandort zukunftsfähig zu machen.

Bundeswirtschaftsministerium und Bundesfinanzministerium teilen die Analyse, dass Unternehmen in der aktuellen wirtschaftlichen Situation steuerlich entlastet werden sollten. Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) hatte dazu Vorschläge für eine Reform der Unternehmensbesteuerung gemacht. Finanzminister Lindner brachte eine Abschaffung des Solidaritätszuschlags ins Spiel.

„Überfällig“: IW-Chef Hüther begrüßt Lindners Soli-Vorschlag

Diese sei „überfällig“, sagte Michael Hüther, Präsident des arbeitgebernahen Institut der deutschen Wirtschaft Köln (IW). Im Grunde sei der Soli inzwischen eine „verkappte Unternehmenssteuer“, zwei Drittel der Kosten trügen die Unternehmen. Nötig ist seiner Meinung aber noch mehr: Um ein international wettbewerbsfähiges Steuerniveau zu erreichen, brauche Deutschland eine Reform der Körperschaftssteuer.

Der Bund der Steuerzahler begrüßte Lindners Vorstoß ebenfalls, findet aber, der Finanzminister gehe nicht weit genug. „Der Soli sollte komplett und für alle fallen“, sagte Reiner Holznagel, Präsident des Steuerzahlerbunds, dieser Redaktion. Auch viele Facharbeiter und Fachangestellte würden ihn noch zahlen. Dabei gehe es vor allem um Vertrauensschutz: „Die Menschen haben sich darauf verlassen, dass der Soli mit dem Auslaufen der besonderen finanziellen Hilfen für die fünf neuen Bundesländer wegfällt“, sagte Holznagel. Seit 2019 zahlen nur noch die obersten zehn Prozent der Einkommensteuer-Zahlenden auch den Soli.

Lang und Esken lehnen Soli-Abschaffung ab

SPD-Chef Lars Klingbeil sagte dieser Redaktion, es sei gut, „dass Christian Lindner und Robert Habeck als zuständige Minister daran arbeiten, die wirtschaftliche Lage in Deutschland weiter zu verbessern und zusätzliche Investitionen zu ermöglichen“. Die SPD habe umfassende wirtschaftspolitische Vorschläge erarbeitet, damit Deutschland ein starkes Land bleibt. SPD-Chefin Saskia Esken wies Lindners konkreten Vorschlag allerdings zurück, ebenso Grünen-Chefin Ricarda Lang.