Katzenjammer bei Grünen

Desaster bei Bremen-Wahl: Union spricht von „Habeck-Effekt“

Theresa Martus und Christiane Rebhan
| Lesedauer: 4 Minuten
Amtliche Hochrechnung bestätigt Sieg der SPD in Bremen

Amtliche Hochrechnung bestätigt Sieg der SPD in Bremen

Die SPD von Bürgermeister Andreas Bovenschulte hat die Bürgerschaftswahl in Bremen klar gewonnen. Vier Jahre nach ihrer Schlappe von 2019 kamen die Sozialdemokraten laut der letzten amtlichen Hochrechnung aus der Nacht auf 29,9 Prozent, die CDU fiel mit 25,7 Prozent wieder auf Platz zwei zurück.

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Berlin.  Die Grünen sind der große Wahlverlierer bei der Bremen-Wahl. Nun steht die Schuldfrage im Raum – und der Blick richtet sich auf Habeck.

Die Grünen ringen nach ihrem Einbruch bei der Wahl in Bremen um Konsequenzen für den Koalitionskurs im Bund. Das amtliche Wahlergebnis in Bremen steht zwar noch aus, offenbar rutschten die Grünen aber von 17,4 Prozent (2019) auf 11,7 Prozent ab. Bremens Bürgermeister Andreas Bovenschulte (SPD) hatte am Sonntagabend ankündigt, nicht nur mit Grünen und Linken über ein Bündnis zu sprechen, sondern auch mit der CDU.

Das schlechte Ergebnis der Grünen zeigt eine altbekannte Schwäche der Ökopartei deutlich: Der Ruf der Verbotspartei holt die Wahlkämpfer ein ums andere Mal ein, diesmal mit dem lokalen Thema Brötchentaste und den Plänen von Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) zum Heizungstausch. Die Grünen-Vorsitzende Ricarda Lang sagte in einem Fernsehinterview, die Partei müsse besser darin werden, Klimaschutzthemen mit dem „materiellen Kern der sozialen Sicherheit zu verbinden“.

Bremen: Grüne-Spitzenkandidatin Schaefer zieht sich zurück

Der Wahlausgang im Stadtstaat machte erneut Spannungen bei der Zusammenarbeit der Ampel-Koalition im Bund deutlich. „Man muss sich darüber im Klaren sein, dass das Kanzleramt den Grünen ungern Erfolge gönnt, und deshalb braucht es eine noch klarere und härtere Verhandlungsstrategie“, sagte der Grünen-Abgeordnete Anton Hofreiter. Aus den Reihen der Grünen kamen Rufe nach einer schärferen Profilierung in der Ampel.

Die Grünen-Spitzenkandidatin Maike Schaefer kündigte nach den Stimmverlusten ihren Rückzug aus dem Senat an. „Ich ziehe als Spitzenkandidatin die Konsequenz aus diesem Ergebnis gestern und stehe für die kommende Legislaturperiode nicht mehr als Senatorin zur Verfügung“, sagte die bisherige Umwelt- und Mobilitätssenatorin. Sie war vor vier Jahren angetreten, um Bremen ökologisch umzukrempeln, gab vielerorts Fahrradfahrern den Vorzug vor Autos.

Merz macht Habecks Heizungspolitik für Grünen-Verluste verantwortlich

Obwohl die CDU selbst leichte Verluste hinnehmen musste, bezeichnete Parteichef Friedrich Merz die Grünen als „große Wahlverlierer“. Der CDU-Vorsitzende sagte mit Blick auf die Gesetzespläne für den Umstieg zu Heizungen mit erneuerbaren Energien: „Da hat es einen Habeck-Effekt gegeben in erheblichem Umfang.“ Die Frage, ob die Ampel-Koalition daraus Schlussfolgerungen ziehe oder nicht, müsse diese selbst beurteilen, sagte Merz.

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Er könne nur den dringenden Rat geben, „Umwelt- und Klimaschutz in Deutschland nicht weiter mit der Brechstange zu probieren. Das geht schief.“ Die Akzeptanz in der Bevölkerung zu diesem notwendigen Thema nehme mit solch einem „obrigkeitsstaatlichen Vorgehen“ ab. Der Parteivorsitzende kündigte an, die Auseinandersetzung mit den Grünen im Bund weiter zuzuspitzen.

Nouripour: Nicht unbedingt Rückenwind von der Bundesebene

Grünen-Chef Omid Nouripour hofft, dass der Bremer Landesverband trotz des Ergebnisses weiter mitregieren kann. „Wir sind enttäuscht und hatten uns mehr erhofft.“ Die vergangenen 16 Jahre im Bund hätten allerdings gezeigt, „dass Große Koalitionen Stillstand bedeuten“, sagte Nouripour, um die Hoffnungen auf eine Neuauflage von Rot-grün-rot zu erhalten.

Auf bundespolitische Ebene wollte der Grünen-Chef das Ergebnis nicht hochziehen. „Wir haben klare Erhebungen, dass 78 Prozent der Menschen aus landespolitischen Gründen gewählt haben, wie sie gewählt haben.“ Er habe dieser Tage einen Begriff gelernt – nämlich die sogenannte „Brötchentaste“, mit der Autofahrer für eine halbe Stunde kostenlos parken können, um zum Bäcker einkaufen zu gehen. Das sei laut Nouripour ein großes Thema gewesen in Bremen. „Das war nicht Teil unserer Kampagne, aber hat natürlich hart reingeschlagen“, räumte Nouripour ein.

Zwar habe es nicht unbedingt „Rückenwind von der Bundesebene“ gegeben, aber das gute Abschneiden der Grünen bei der Kommunalwahl in Schleswig-Holstein zeige, dass Ergebnisse „nicht zwingend darauf basieren, was wir hier in Berlin machen“, so der Bundeschef der Grünen.

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Partei Bündnis 90/Die Grünen
Gründung 14. Mai 1993
Ideologie Grüne Politik, Ökologie, Soziale Gerechtigkeit, Europäische Integration
Vorsitzende Ricarda Lang und Omid Nouripour (Stand: April 2023)
Fraktionsstärke 118 Abgeordnete im Bundestag (Stand: April 2023)
Bekannte Mitglieder Robert Habeck, Annalena Baerbock, Winfried Kretschmann