Berlin. Die FDP will massive Änderungen beim Heizungsgesetz durchsetzen. Welche Regeln besonders strittig sind – und wo sich Lösungen andeuten.

  • Die Diskussion um das Heizungsgesetz geht weiter und es ist keine schnelle Lösung in Sicht
  • Einige Ausnahmen für Hauseigentümer sind auch verfassungsrechtlich zumindest umstritten
  • Wie geht es nun mit dem Heizungsgesetz von Robert Habeck weiter?

Der Streit um das Heizungsgesetz geht weiter – ein schnelles Ende im Ringen um die umstrittenen Regeln ist nicht in Sicht. Im Gegenteil: Die FDP-Minister in der Ampel-Regierung hatten zwar im Prinzip zugestimmt – gleichzeitig aber klargemacht: Im Detail muss sich noch vieles ändern, bevor es auch ein Ja der FDP im Parlament gibt. Rückenwind für die neue Verhandlungsrunde gab es am Wochenende beim Bundesparteitag der Liberalen. Christian Lindners Partei will massive Änderungen durchsetzen. Welche Regeln besonders strittig sind – und wo sich Lösungen andeuten.

Heizungen: Kann das Gesetz zum 1. Januar in Kraft treten?

Das ist das Ziel. Doch innerhalb der FDP sind die Zweifel derzeit so groß, dass nicht ausgeschlossen ist, dass der Startzeitpunkt noch einmal nach hinten rückt. Denn: Nichts sei schlimmer als ein unausgegorenes Regelwerk, das Heizungsbesitzer, Installateure und Gasnetzbetreiber vor unlösbare Fragen stelle, heißt aus FDP-Kreisen. „Wir wollen das Gebäudeenergiegesetz ändern“, sagte FDP-Fraktionschef Christian Dürr am Wochenende. „Die Fraktion steht dafür, dass ein gutes Gesetz beschlossen wird.“ Die Sorge ist groß, dass ein Gesetz, das nicht praxistauglich ist, angesichts der anstehenden Landtagswahlen, gerade auch in den ostdeutschen Bundesländern, am Ende zu einer Wahlhilfe für die AfD werden könnte.

Auch wenn es unter den FDP-Delegierten am Wochenende brodelte - grundsätzlich will die Parteispitze aber an ihrer Zustimmung zum Heizungsgesetz festhalten. „Die FDP ist nicht Opposition, die fortwährend Maximalpositionen aufstellt“ – lautet die Ansage aus der Führungsetage an die eigenen Leute. Grundsätzlich steht auch die Mehrheit der Anhänger hinter diesem Kurs - wie eine neue Umfrage zeigt: Während in der Gesamtbevölkerung eine Mehrheit von 56 Prozent gegen das geplante Verbot neuer Gasheizungen ist, verhält es sich bei den Wählern der FDP umgekehrt: 55 Prozent der FDP-Anhänger sind dafür. Bei einigen Fragen hakt es allerdings noch massiv.

Bleibt es bei der Ausnahme für Heizungsbesitzer über 80 Jahre?

Der ursprüngliche Plan sieht eine Altersgrenze von 80 Jahren für Ausnahmen von der Austauschpflicht vor: Geht die Heizung kaputt, dürfen betagte Eigentümer auch wieder eine konventionelle Heizung einbauen. Sie sind befreit von der Vorgabe, zu 65 Prozent klimafreundliche Energie zu nutzen. Nicht nur in der FDP halten viele diese Grenze für willkürlich und damit verfassungswidrig. Das Argument, die 80-Jahre-Marke errechne sich durch die schwierige Kosten-Nutzen-Bilanz angesichts der hohen Investitionskosten (etwa für eine Wärmepumpe) und der begrenzten Lebenserwartung der hochbetagten Verbraucher, lassen sie nicht gelten. Schlicht, weil es zu viele Sonderfälle gebe. Zum Beispiel der Fall einer Erbengemeinschaft aus einem 80-Jährigen und einem 60-Jährigen. „Was macht man da? Bildet man den Durchschnitt?“ fragte der FDP-Abgeordnete Frank Schäffler beim Parteitag am Wochenende.

Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) hat bereits darauf hingewiesen, dass auch unter 80-Jährige eine Ausnahme beantragen könnten. Und zwar, wenn ein Heizungstausch „eine unbillige Härte bedeuten würde“. Für alle, „also auch für den 79-Jährigen, bleibt die Möglichkeit, konkret eine Ausnahme zu beantragen“. Doch das reicht der FDP nicht. Eine verfassungsfeste Lösung, so heißt es, könnte möglicherweise eine Regelung analog zum gesetzlichen Renteneintrittsalter sein.

Heizungstausch: Gibt es weitere Ausnahmen?

Zumindest gibt es bereits eine Debatte darum: SPD-Gesundheitsminister Karl Lauterbach forderte am Sonntag großzügige Ausnahmeregelungen für Krankenhäuser, Pflege- und Reha-Einrichtungen. „Wir werden nicht zulassen, dass steigende Energie- und Heizkosten Krankenhäuser in ihrer Existenz gefährden“, sagte Lauterbach der „Bild am Sonntag“. Konkret soll es den genannten Einrichtungen demnach möglich sein, auch nach 2024 den Einbau einer neuen Gasheizung zu beantragen, wenn die Investitionen eine unverhältnismäßige Belastung für die Gesundheitseinrichtungen darstellen. Die Austauschpflicht wäre damit ausgesetzt.

HeizungKosten in EUR
Ölheizungab ca. 8.000
Gasheizungab ca. 7.000
Holz- oder Pelletheizungab ca. 10.000
Nah- und Fernwärmeab ca. 5.000
Wasserstoffheizungab ca. 30.000
Solarthermieab ca. 10.000
Luft-Wasser-Wärmepumpe8000 bis 16.000
Erdwärmepumpe12.000 bis 15.000 (ohne Erschließung)
Grundwasser-Wärmepumpe9000 bis 12.000 (ohne Erschließung)

Zu beachten ist: Die Kosten in dieser Tabelle sind durchschnittliche Werte und können im individuellen Fall abweichen. Nicht beachtet werden zudem die Kosten für die Installation oder einen nötigen Umbau/Sanierung. Auch Förderungen werden nicht berücksichtigt.

Lauterbachs Kabinettskollegin, Bildungsministerin Bettina Stark-Watzinger, kritisierte den Vorstoß: „Ein Heizungstausch muss machbar, bezahlbar und auch technologieoffen sein. Allerdings kann jetzt nicht die Lösung sein, über einzelne Ausnahmen zu diskutieren“, sagte die FDP-Politikerin dieser Redaktion. Das greife zu kurz. „Sonst hätten auch Schulen, Hochschulen und Forschungseinrichtungen eine besondere Berücksichtigung verdient.“ Vielmehr müsse das Gebäudeenergiegesetz im parlamentarischen Verfahren so überarbeitet werden, dass es für alle praxistauglich sei und niemanden überfordere.

Klimaschutz: Sind die kommunalen Gasnetze bereit für klimafreundliche Energie?

Viele Fragen sind hier noch offen: Können die kommunalen Gasnetzbetreiber über ihre bisherigen Leitungssysteme problemlos die künftigen Anforderungen an klimafreundliches Heizen erfüllen? Was passiert, wenn ein Hauseigentümer eine neue Therme einbauen will, die zu 65 Prozent mit erneuerbaren Energien laufen muss – aber nur herkömmliches Gas geliefert bekommt? Gerade bei der kommunalen Wärmeplanung müsse man auf angemessene Übergangsfristen achten und sicherstellen, dass alle grüne Gase sowie deren Mischungen als Erfüllungsoptionen zulässig seien, verlangt die FDP.