Vacha. Hans-Peter Häfner wird erst Vize-Bürgermeister in Vacha und dann Volkskammerabgeordneter. Danach gehört er bis 1999 dem Landtag an.

Hans-Peter Häfner, Jahrgang 1938, hat Bergbau studiert und als Ingenieur promoviert. 1987 wird er „kaltgestellt als unnützer Ingenieur“ im Kalibergbau; Häfner ist „in der Verbannung auf einem kleinen Schacht“. Grund ist eine Auseinandersetzung mit einem ZK-Mitglied, sagt er.

Der DDR-CDU gehört Häfner seit 1972 an. Im Herbst 1989 tritt er für die Erneuerung der CDU ein; der „Brief von Weimar“ findet seine Zustimmung, er schreibt im Oktober an den CDU-Hauptvorstand, dass dieser nun in diesem Sinne aktiv werden müsse. Häfner leitet im November die montäglichen Bürgerversammlungen in Vacha, damit diese friedlich bleiben. Am 17. November packt er seine drei Kinder in den Wartburg und fährt mit ihnen zur Westverwandtschaft. In Kassel, Münster und Bonn, wo seine Schwester lebt, machen sie Station. Sein Schwager ist Jurist und Häfner kommt bei ihm mit weiteren Juristen ins Gespräch. Sie wollen wissen, wie er die Revolution erlebt hat und wie es nun weitergehen soll. Häfner sagt: Jetzt werden wir der SED auf die Finger sehen, damit sie den Karren, den sie in den Dreck gefahren hat, wieder rausholt. Wer soll es denn sonst machen? Seine Gesprächspartner sagen ihm: Du musst es machen! „Ich habe erst einmal geschluckt. Aber dann hat es mir eingeleuchtet“, beschreibt Häfner seinen Weg in die Politik.

Mitte Dezember wird er zum stellvertretenden Bürgermeister in Vacha gewählt. Er rückt ins Blickfeld der CDU im Bezirk und wird nach Claudia Nolte (inzwischen Crawford) und Hans-Henning Axthelm auf Platz 3 der Bezirksliste für die Wahl am 18. März gesetzt. Erst danach wird er gefragt, ob er will. „Ich habe ‘Ja’ gesagt, weil ich dachte, dann kann ich etwas für die Stadt Vacha bewegen“, sagt Häfner.

In der Volkskammer gehört er dem Haushaltsausschuss unter Leitung von Christa Luft (PDS) an. „Wir mussten für das zweite Halbjahr 1990, als es schon die D-Mark gab, den Haushalt kürzen. Genehmigt waren 63 Milliarden D-Mark; die Anforderungen aus den einzelnen Ministerien lagen bei mehr 70 Milliarden“, erinnert er sich. „Wir haben gesagt, im Sozial- und im Bauministerium kürzen wir nicht. Dafür sparen wir überproportional im Ministerium für Abrüstung und Verteidigung sowie im Justizministerium.“ Da sind zum Beispiel 95 Militärstaatsanwälte aufgeführt; Häfner findet: fünf reichen.

Wichtig ist ihm, dass bei der Überprüfung der Volkskammerabgeordneten festgestellt wird, dass er 1980 einen Anwerbeversuch der Stasi „erfolgreich abwehren konnte“.

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Häfner, der auch dem Petitionsausschuss angehört, hält in seiner Volkskammerzeit keine einzige Rede. „Ich musste mich da nicht vordrängen. Da waren andere ehrgeiziger.“

In der Nacht zum Beitrittsbeschluss kommt seine große Stunde: Gesucht wird nach einer Formulierung, bei der sich die Alliierten angesichts der Einheit bereits am 3. Oktober 1990 nicht unter Druck gesetzt fühlen. Häfner schlägt vor, dass es mit Blick auf die Voraussetzungen ganz diplomatisch seitens der Volkskammer heißen könnte: „Sie geht dabei davon aus, dass...“ Diese Formulierung bringt den Durchbruch. „Das war mein wichtigster Beitrag in der ganzen Volkskammerzeit“, betont Häfner. Er hat sich diesen Hergang am 2. Oktober 1990 von Vizepräsident Reinhard Höppner bestätigen lassen, damit er einen Beleg für seine Enkel hat.

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