Legefeld. Die Ortsteilbürgermeisterin von Legefeld spricht über ihr Ehrenamt und das, was sie von der neuen Landesregierung erwartet.

Nach zwei Jahren zieht Petra Seidel eine positive Bilanz. Die Gründung des Vereins „Legefeld aktiv“ hat sich bewährt. Der Ortsteil von Weimar, ein Dorf mit 2500 Einwohnern, lebt. Seidel ist hier Ortsteilbürgermeisterin. Seit 16 Jahren. Solange kämpft sie engagiert für die Bürgerinnen und Bürger in ihrem Ort und der Gemeinde Holzdorf, die verwaltungsseitig zu Legefeld zählt. Beide Orte wiederum sind Teile der Stadt Weimar. Petra Seidel nippt an ihrer heißen Schokolade. Die trinkt sie mit Vorliebe im großen Hotel des Ortes, das trotz verschiedener Namenswechsel in der Vergangenheit weiter existiert. Legefeld floriert. Es gibt einen Arzt, ein Einkaufszentrum, eine Schule, einen Kindergarten.

Die 59-Jährige ist zufrieden. Auch wenn nicht alles funktioniert in der Kommunikation mit der Stadt sagt sie: „Es ist viel besser geworden.“ Das impliziert, ohne, dass sie es direkt anspricht, dass sie mit dem Wechsel im Rathaus von Ex-OB Stefan Wolf (SPD) zum parteilosen, aber auf CDU- und Weimarwerk-Ticket gewählten, Oberbürgermeister Peter Kleine einen neuen Aufbruch verbindet. Hat Sie diese Hoffnung auch mit Blick auf eine mögliche neue Landesregierung? Wenn am kommenden Sonntag die Thüringerinnen und Thüringer aufgerufen sind, ihre Stimmen für einen neuen Landtag abzugeben, dann schaut auch die Legefeld-Bürgermeisterin genau hin. Die Berührungspunkte mit der Landespolitik sind zwar gering, aber es gibt sie. Beispiel Schule: Schon 2007 wollte das Land Hand an die örtliche Grundschule anlegen. „Wir haben gekämpft“, erinnert sich Seidel im Gespräch mit dieser Zeitung. Und gewonnen.

„Wollen nicht um die Schule bangen müssen“

Die kleine Grundschule im Ort existiert weiter und derzeit besuchen etwa 100 Kinder die Bildungseinrichtung. Dennoch: Die Angst, dass das Land wieder einmal den Versuch der Schließung unternehmen könnte, bleibt. Auch die ersten Debatten um das neue Schulgesetz hatten dieser Befürchtung neue Nahrung gegeben. Jetzt scheint die Schule sicher. Vorerst. „Wir wollen aber nicht immer um unsere Schule bangen müssen“, sagt die Ortsteilbürgermeisterin. Deshalb werde jetzt auch überlegt, ob nicht ein staatlich anerkannter Träger die Schule führen könnte. Vertrauen in die Landespolitik? Es erscheint in dieser Frage nur in überschaubarer Form vorhanden. Ein Grund auch: Die Hortbetreuung in den Ferien sollte in der Schule wiederholt nicht gesichert werden können. Die Kinder sollten im Ferienhort nach Weimar fahren.

Beispiel Landesmuseum: Seidel, die auch Stadträtin für das Weimarwerk ist, nimmt mit Blick auf die Pläne der rot-rot-grünen Landesregierung für ein Landesmuseum in Erfurt kein Blatt vor den Mund. „Die sollen mal die Bälle flach halten und nicht alles von Weimar nach Erfurt holen“, echauffiert sich die engagierte Frau. Um nachzuschieben: „So wird das auch in Legefeld diskutiert.“ Seidel selbst gehört dem Verein „Unser Museum bleibt“ an. Der wiederum wird vom Weimarer SPD-Landtagsabgeordneten Dr. Thomas Hartung geführt, der gerade für eine Fortsetzung von rot-rot-grüner Landespolitik wahlkämpft.

Landesmuseum für Archäologie soll in Weimar bleiben

Eine Konstellation, die es nicht alle Tage gibt. Oder, wie Petra Seidel es sagt, eine „überparteiliche Vereinigung“. Die stellt sich gegen die Pläne der Landesregierung, dem Landesmuseum in Weimar möglicherweise den Garaus zu machen. Ob es die in dieser konkreten Form überhaupt gibt? Petra Seidel mag nicht spekulieren darüber. Indizien liegen in jedem Fall vor. Deshalb sagt sie: „Ich habe ja gar nichts gegen ein Landesmuseum in Erfurt. Aber es soll dann bitte auch eines sein, das den Namen verdient hat.“ Schlaglichter aus allen Regionen, vom Altenburger Skatspiel bis zur Eichsfelder Schlachtekultur, seien doch vorstellbar.

Die Archäologie möge man aber bitte in Weimar belassen. „Wir haben hier nun mal den Ehringsdorfer Urmenschen“, unterstreicht Seidel. Die Bürgermeisterin redet sich langsam warm. In der Hotellobby grüßt sie viele Menschen. Sie ist bekannt im Ort – und geschätzt für ihren Einsatz, den sie jedem Bürger zuteil werden lässt, wenn sie von einer Notlage erfährt. Erst kürzlich hat sie dafür gesorgt, dass eine junge Mutter ihr Kind im Mai in den Kindergarten geben kann, statt bis zum nächsten Gruppenwechsel Monate später warten zu müssen.

Damit sind wir beim Beispiel Kindergarten: Das mit den Betreuungsplätzen sei ein Problem, gibt die Bürgermeisterin zu. 50 gebe es in der Tageseinrichtung im Ort. Die reichen aber ganz oft nicht aus.

Auch deshalb nicht, weil die Menschen nach Legefeld ziehen. Seidel hat eine klare Erwartung an eine künftige Landesregierung: „Das Land muss sich dafür einsetzen, dass Eltern, wenn sie nach der Geburt ihrer Kinder wieder in den Job einsteigen wollen, das auch können.“

Viel Landespolitik kommt in einem kleinen Ort wie Legefeld nicht an. Aber das, was durchschlägt, möge bitte auch funktionieren, sagt Seidel. Schule und Kindergarten sind die wichtigsten Punkte, das Thema Museum natürlich eines, das von speziellem Weimarer Interesse ist. „Das Leben im Ort funktioniert“, sagt die Bürgermeisterin stolz. Damals wollte sie eigentlich nicht in die Kommunalpolitik, obwohl sie ihre beruflichen Wurzeln in der Kommunalverwaltung hat. Heute ist sie froh, im Jahr 2003 diesen Schritt gegangen zu sein. „Mit Menschen etwas zu bewegen, das ist mein Anspruch“, sagt Petra Seidel. In Legefeld spürt man das an vielen Stellen – ein Paradebeispiel dafür ist der Verein „Legefeld aktiv“.

Zur Sache: Parteien zum Thema Kindergarten

CDU: Kindergärten sollen zu Familienzentren erweitert werden. Kommunen, die kinderfreundlich sind, sollen finanziell profitieren. Für Kindergartenbeiträge verspricht die Union in ihrem Wahlprogramm eine Höchstgrenze – und will kostenfreie Verpflegung in den Kindergärten in Thüringen organisieren. Linke: Die Thüringer Linke behält in ihrem Wahlprogramm die bereits vor der Landtagswahl 2014 eingeschlagene Linie zur kostenfreien Kinderbetreuung bei. „Die frühkindliche Bildung Schritt für Schritt kostenfrei zu machen“ wird als ein Ziel ausgegeben. Außerdem wird formuliert, dass die Qualität der Betreuung durch die Einstellung von mehr Personal eine Verbesserung erfahren soll. Damit einher geht auch ein weiteres Versprechen im Wahlprogramm: Der Betreuungsschlüssel (Zahl der Kinder pro Erzieher) soll weiter verbessert werden.

SPD: Auch die Sozialdemokraten haben eine Verbesserung des Betreuungsschlüssels in den Kindertageseinrichtungen auf dem Plan. Sie wollen sich, heißt es im Wahlprogramm, mit Maßnahmen den empfohlenen Schlüsseln von 1:3 (bei Kindern unter drei Jahre) und 1:7,5 (bei Kindern ab drei Jahre bis zum Schuleintritt) deutlich annähern. Wie die Linke hat auch die SPD die Beitragsfreiheit schrittweise für alle Betreuungsjahre in ihrem Programm verankert. Außerdem sollen Einrichtungen, die eigene Küchen vorhalten, besondere Förderung genießen. Grüne: „Für uns haben die Qualität und die Schaffung zusätzlicher Kita-Plätze Vorrang“, heißt es im Grünen-Wahlprogramm. Damit sollen die Wartezeiten verkürzt werden, bis ein Kind in den Kindergarten kommen kann. Außerdem sollen auch die Erzieher besser bezahlt werden. Weiteres Ziel der Grünen: die Beitragsfreiheit. Bis es soweit ist, sollen nach dem Willen der Partei die Elternbeiträge landesweit einheitlich erhoben werden. Dazu soll der Dialog mit den Verantwortlichen bei den Kommunen, Trägern und Elternvertretungen gesucht werden. AfD: Konkret wird die AfD beim Thema Kindergärten an zwei Stellen. Die Partei lehnt es ab, dass das Thema sexuelle Aufklärung bereits im Kindergarten eine Rolle spielt. Außerdem will sie alle Kinder, die bei der Aufnahme in den Kindergarten Lücken bei den Vorsorgeuntersuchungen U1 bis U8 aufweisen, auf „ansteckende Krankheiten“ verpflichtend untersuchen lassen. Daneben heißt es auch, dass der Betreuungsschlüssel verbessert werden soll und regionale Versorgung in Kindergärten notwendig sei.

FDP: Die FDP will die fünfjährige Ausbildung für Erzieher auf dreieinhalb Jahre verkürzen. So soll ein größerer Anreiz geschaffen werden, diesen Beruf zu ergreifen. Außerdem sollen Quereinsteiger bessere Chancen bekommen, als Erzieher zu arbeiten. Daneben will sich die FDP für die Sanierung bestehender Kindertagesstätten einsetzen.