Mellingen. Zu DDR-Zeiten hat Hartmut Heyer an der Friedrich-Schiller-Universität in Jena ein Verfahren erforscht, das heute 350 Arbeitsplätze sichert: Der Unternehmer wird mit dem Ernst-Abbe-Preis ausgezeichnet.

Die Erfolgsgeschichten von Amazon, Google oder Apple nahmen ihren Lauf aus einer Garage heraus – wie bei Layertec in Mellingen (Weimarer Land). Das Unternehmen ist heute ein weltweit geschätzter Lieferant für optische Komponenten höchster Güte. Inhaber Hartmut Heyer (67) erhält am Mittwoch in Weimar den Ernst-Abbe-Preis für innovatives Unternehmertum von den Trägern des Thüringer Innovationspreis verliehen.

Die Geschichte, die Heyer erzählt, beginnt schon zu DDR-Zeiten. Der Thüringer, gelernter Baufacharbeiter, hatte an der Friedrich-Schiller-Universität in Jena Physik studiert und sich anschließend als Forschungsingenieur mit der Herstellung optischer Schichtsysteme durch Magnetronsputtern beschäftigt. Er entwickelte mit Geräten aus dem Forschungsinstitut Manfred von Ardenne Dresden erstmalig in Deutschland eine Technologie, die Schichtsysteme mit geringsten optischen Verlusten und höchster Klimabeständigkeit ermöglichte.

Ritterschlag: Forschungsabteilung des Carl-Zeiss-Kombinats wird aufmerksam

Den Ritterschlag erhielt Heyer, als Zeiss ihn um Hilfe bat. Seine speziell angefertigten Spiegel brachten das Kombinat entscheidend voran beim Ziel, Laser mit grünem Licht leuchten zu lassen. Das DDR-Wirtschaftssystem verhinderte jedoch eine Ausgründung aus der Hochschule, obwohl auch andere Abnehmer Bedarf angemeldet hatten.

Nach der Wende war schnell absehbar, dass der akademische Mittelbau ausgedünnt wird. Heyer fasste den Entschluss, eine eigene Firma zu gründen. Die Universität unterstützte die Pläne, wurden seine Laborräume doch dringend für andere Zwecke benötigt. Heyer kaufte für 20.000 Ostmark die Laboreinrichtung inklusive der Maschinen.

Erster Firmensitz: Doppelgarage in Mellingen

Nun kommt die Doppelgarage seines Bauernhofs im Heimatort Mellingen ins Spiel: Irgendwann sechs bis acht Mitarbeiter zu beschäftigten, war Heyers Vision. Doch der Start fiel schwer. Fördermittel halfen über die umsatzschwache Zeit Anfang der 1990er Jahre. Während in den neuen Bundesländern viele Betriebe schlossen, tourte der Thüringer durch die Republik und rettete so manche Maschine vor der Verschrottung.

Die Kontakte zu einstigen Kollegen, die nun für westdeutsche Firmen arbeiteten, halfen. „Es gab nicht mal ein Faxgerät. Die ersten Aufträge kamen per Brief rein“, sagt Heyer. Von Beginn an war Layertec in viele Entwicklungsprojekte mittelständischer Kunden involviert und lieferte unverzichtbare Spezialanfertigungen. Heute profitiert das Unternehmen von den aufgebauten Partnerschaften und kombiniert eine Hochpräzisionsoptikfertigung mit 40 Beschichtungsanlagen. Alle Bearbeitungsschritte vom Rohglas bis zum Endprodukt erfolgen direkt bei Layertec, um jederzeit den vollen Einfluss auf die Produktqualität zu haben.

„Technologieanbieter an den Grenzen der Physik“

Zum Sortiment gehören winzige optische Elemente mit nur einem Millimeter Durchmesser genauso wie Großoptiken mit einer Kantenlänge von 1,80 Meter. Der Geschäftsführer sieht das Erfolgsrezept darin, nicht als verlängerte Werkbank zu arbeiten, sondern als „Technologieanbieter an den Grenzen der Physik“. Auf der Kunden­liste stehen Konzerne wie der größte Laserhersteller Europas, Trumpf, aber auch Universitäten und Forschungseinrichtungen aus aller Welt. Wachstumschancen versprechen Lösungen für die Elektromobilität, Satellitenprogramme und die Quantenkommunikation.

Das Familienunternehmen mit inzwischen 350 Beschäftigten blieb Mellingen stets treu. „Wir wollen keine Malocherbude sein, sondern die Arbeit muss Spaß machen, sonst kommen keine Erfolge zustande“, sagt Heyer, der in der raren Freizeit gern mit dem Fahrrad fährt.

Sein Unternehmen konkurriert mit vielen Jenaer Betrieben um Mitarbeiter. Die Träger des Preises loben eine familienfreundliche Personalpolitik mit flexiblen Arbeitszeitmodellen, finanziellen Zusatzleistungen oder einem modernen Betriebsrestaurant im jüngst erweiterten Firmensitz. Dieser befindet sich inzwischen – ganz passend zur Auszeichnung – im Ernst-Abbe-Weg.

Liveübertragung der Preisverleihung

Am Mittwoch wird ab 17 Uhr in Weimar der Thüringer Innovationspreis verliehen: Ein Livestream der Preisverleihung läuft auf unserer Internetseite.

In unserer Serie zum Thüringer Innovationspreis haben wird bereits folgende Neuheiten vorgestellt:

- TITK: Klebstoff auf rein natürlicher Basis

- Legionellen auf der Spur: Innovatives Verfahren aus Jena

- Intelligenter Frontscheinwerfer für Autos aus Brotterode

- Jenoptik entwickelt Prüfkarte zur schnellen Kontrolle von Schaltkreisen der Zukunft

- Carl Zeiss Jena: Das Planetarium der Zukunft

- Entwicklung aus Jena: Eisstrahlen soll Sandstrahlen ersetzen

- Funkwerk aus Kölleda mit moderner Technik für den Bahnverkehr

- IMMS aus Ilmenau mit neuer Sensorplattform

- VST Saalfeld entwickelt Übertragungsanlage für Hörsäle

- Dauermessung des Blutdrucks: Keine Manschette mehr benötigt

- Fingerabdrücke kontaktlos erfassen: Weltweites Interesse an Erfindung aus Jena