Berlin. Die EU feilt an neuen Plänen für Hausbesitzer. Werden bestimmte Heizungen verboten? In Verbänden sowie der Politik ist man besorgt.

  • Die Ampel-Koalition hat sich auf Änderungen am Heizungsgesetz geeinigt, das Gesetz soll den Bundestag passieren
  • Bei Umweltschützern sorgt das Gesetz für Kritik: Gasheizungen können unter bestimmten Voraussetzungen etwa weiter eingebaut werden
  • In der EU arbeitet man derweil ebenfalls an neuen Regelungen. Und die könnten es in sich haben

Klimaneutralität – dieses Ziel wollen immer mehr Staaten erreichen. Dieser Begriff kann zweierlei bedeuten: Zum einen werden für die Produktion oder auch die Anwendung eines Produktes keine klimaschädlichen Stoffe wie Treibhausgase oder CO2 ausgestoßen. Oder aber die entstehenden Emissionen werden in irgendeiner Form kompensiert – am Ende soll die Klimabilanz bei null liegen. Deutschland peilt das Jahr 2045 für die Klimaneutralität an – damit einhergeht die Energie- und Wärmewende und ein neues Heizungsgesetz.

Hier hat sich die Ampel-Koalition nach einem harten Ringen geeinigt. Die Novelle soll noch vor der Sommerpause den Bundestag passieren. Die geplanten Änderungen am Heizungsgesetz sorgen für viel Kritik: Unter anderem wird bemängelt, dass der Einbau von Gahseizungen weiter erlaubt ist, wenn sie auf Wasserstoff umgerüstet werden könnten.

EU-Pläne ab 2029 schockieren – diese Heizungen wären de facto verboten

Noch härtere Regeln für Hausbesitzer könnten bald aus Brüssel kommen. Denn auch auf EU-Ebene ist die Klimaneutralität das große Ziel. Ursula von der Leyen hatte das Thema bei ihrer Amtseinführung zur Präsidentin der EU-Kommission ganz oben auf die Agenda gesetzt. Und nun kommt offenbar weiter Dynamik in die Sache. Dem Entwurf für eine neue Richtlinie zufolge sollen schon ab 2029 fast ausschließlich nur noch Wärmepumpen in der Europäischen Union erlaubt sein. Der Entwurf sieht unter anderem einen Wirkungsgrad von 115 bei einer neu eingebauten Heizung vor.

Lesen Sie auch: Wirbel um EU-Pläne – jetzt droht ein Verbot dieser Heizungen

Der Wirkungsgrad definiert die Wärmeleistung eines Heizsystems in Bezug auf die zugeführte Energie. Der Wirkungsgrad wird für verschiedene Heiztypen über einen längeren Zeitraum ermittelt – später wird dann auch vom Nutzungsgrad gesprochen. Wie viel der gewonnenen Energie einer Heizung wird am Ende tatsächlich zur Raumheizung genutzt? Die Frage lässt sich mithilfe von Wirkungs- und Nutzungsgrad beantworten. Je höher die Effizienz einer Heizung ist, desto weniger Energie wird verbraucht – somit werden auch Kosten eingespart.

Die Wirkungsgrade verschiedener Heizsysteme:

HeizungWirkungsgrad in Prozent (Spanne)
Wärmepumpe300 bis 500
Gasbrennwertheizung100 bis 111
Klassische Gasheizung85 bis 93
Ölbrennwertheizung102 bis 106
Klassische Ölheizung70 bis 90
Heizkessel mit Scheitholz80 bis 95
Pelletkessel85 bis 103

Quelle: thermondo.de

FDP-Fraktionsvize Dürr zu EU-Plänen: "In Wahrheit ein Verbot von Gas- und Ölheizungen"

Im Entwurf der EU-Kommission ist von mindestens "115 Prozent Wirkungsgrad" in neu eingebauten Heizungen ab 2029 die Rede. Der Blick in die Tabelle zeigt: Die Richtlinie würde de facto auf eine Wärmepumpen-Pflicht hinauslaufen. Nicht einmal moderne Gas- oder Ölheizungen mit Brennwert-Technik erreichen einen so hohen Wirkungsgrad. Auch die Pelletheizung kommt nur auf Wirkungsgrade zwischen 85 und 103. Damit könnte die geplante EU-Verordnung das deutsche Heizungsgesetz einschränken.

Der FDP-Franktionsvorsitzende Christian Dürr gegenüber unserer Redaktion: Was die EU-Kommission vorhat, ist in Wahrheit ein Verbot von Gas- und Ölheizungen. Während wir uns in Berlin um Technologieoffenheit im Heizungsgesetz bemühen, bereitet EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen von der CDU einen Rechtsrahmen vor, der dieses Ziel aushebeln würde. Die Union wettert in Berlin gegen das Heizungsgesetz, plant in Brüssel aber viel schlimmeres."

Dieser Darstellung widerspricht eine Sprecherin der Europäischen Kommission in Berlin. Die derzeit geltenden Anforderungen an die Energieeffizienz von Heizungen seien inzwischen zehn Jahre alt. Die Aktualisierung der Ökodesign-Richtlinie sei daher ein "normales Verfahren". Auch die Bezeichnung einer "Wärmepumpen-Pflicht" sei nicht korrekt. In einem Stellungnahme auf Twitter heißt es: "Neue Gasheizkessel in Kombination mit Solarthermie oder Wärmepumpen wären weiter zulässig."

Empfohlener externer Inhalt
An dieser Stelle befindet sich ein externer Inhalt von X, der von unserer Redaktion empfohlen wird. Er ergänzt den Artikel und kann mit einem Klick angezeigt und wieder ausgeblendet werden.
Externer Inhalt
Ich bin damit einverstanden, dass mir dieser externe Inhalt angezeigt wird. Es können dabei personenbezogene Daten an den Anbieter des Inhalts und Drittdienste übermittelt werden. Mehr dazu in unserer Datenschutzerklärung

Sprecherin der EU-Kommission verteidigt neue Richtlinie – doch ein Punkt wirft Fragen auf

Zudem würden bestehende Heizungen nicht erfasst werden – bedeutet: Diese könnten auch nach 2029 noch weiter genutzt werden. Nicht zu lesen ist in der Stellungnahme vom Wirkungsgrad. Eine Vorschrift von 115 würde de facto die Wahl einer neuen Heizung eingrenzen. Denn selbst moderne Gas- oder Ölheizungen können diesen Wert nicht erreichen. Eine Option wäre: Die Wirkungsgrade mehrerer Technologien könnten addiert werden. Doch auch das ist mit Blick in den Entwurf nicht ganz eindeutig.

Die Heizungspläne der EU-Kommission und die von Deutschland (Symbolbild) gehen weit auseinander.
Die Heizungspläne der EU-Kommission und die von Deutschland (Symbolbild) gehen weit auseinander. © Kay Nietfeld/dpa

Von der EU-Kommission heißt es: "Mitgliedstaaten und Verbände werden im aktuellen Verfahren umfassend beteiligt." EU-Rat und Parlament haben ein Mitspracherecht – erst dann könne der EU-Vorschlag überhaupt angenommen werden. Ein "durchdrücken" vonseiten der EU-Kommission ist demnach nicht möglich. Derzeit sei aber noch nichts final beschlossen. Die Gespräche würden aktuell laufen. Erste Verbände sind mit Blick auf die Entwicklung in Brüssel dennoch besorgt.

EU-Pläne ab 2029: Experte ist alarmiert – nicht nur klassische Gas- und Ölheizungen betroffen

Im Verband Flüssiggas (DVFG) war man sich schon im Mai alarmiert: Im schlimmsten Fall droht ein Verbot des Inverkehrbringens von einzeln aufgestellten Heizkesseln ab 2029 – auch solchen zum Betrieb mit erneuerbaren Gasen", erklärte Hauptgeschäftsführer Andreas Stücke gegenüber dieser Redaktion. "Die 115-Prozent-Anforderung können brennstoffbasierte Kessel physikalisch nicht erfüllen." Betroffen wären nicht nur klassische Heizungen. Nach DVFG-Informationen wären auch Gasheizungen im Hybrid- oder Wasserstoffbetrieb betroffen.

Dabei sind auch hybride Heizsysteme – etwa Heizung und Photovoltaik oder Heizung und Wärmepumpe – als Option im deutschen Heizungsgesetz festgehalten. Im Gesetzentwurf wird nur die Anforderung für einen Mindestanteil erneuerbarer Energien von 65 Prozent für neue Heizungen definiert. Einen bestimmten Wirkungsgrad muss eine neu eingebaute Heizung ab 2024 nicht erfüllen.

Für viele Hausbesitzer in Deutschland – für die eine Wärmepumpe nicht infrage kommt – könnten nach den Plänen der Bundesregierung weiter eine Gas- oder Ölheizung einbauen. Die EU-Verordnung könnte das aushebeln. Stücke gibt zu Bedenken: "Vor allem Eigentümer im ländlichen Raum – die ohnehin nicht über die Option zur Nutzung eines Wärmenetzes verfügen – verlieren mit der Verordnung eine weitere Möglichkeit, das 65-Prozent-Ziel zu erreichen."

Wie steht die Bundesregierung zu den Plänen aus Brüssel? Im Mai 2023 hatten wir Bauministerin Klara Geywitz auf die Ökodesign-Richtlinie angesprochen.

Heizung ab 2029: Bauministerin Geywitz spricht Klartext – "wird es mit uns nicht geben"

Die SPD-Politikerin stellte klar: "Die deutsche Position wird so sein, dass es mit dem Gebäudeenergiegesetz vereinbar ist." Die europäische Gesetzgebung werde man so anwenden, dass sie zum deutschen Recht passt. "Vorgaben zur Energieeffizienz – die auf ein Verbot von Gasheizungen auch im Biogas- oder Wasserstoffbetrieb hinauslaufen – wird es mit uns nicht geben." Noch laufen die Beratungen über die Novelle der Ökodesign-Richtlinie. EU-Parlament sowie EU-Rat müssen der Änderung zustimmen.

Der Europäische Rat ist das Gremium der Staats- und Regierungschefs – hier kann die Bundesregierung Einfluss auf die Novelle nehmen. Dafür müssen sich die Ampel-Parteien in der Sache aber einig sein – sprich: SPD, FDP und Grüne müssen in der Heizungsdebatte an einem Strang ziehen. Zumindest auf nationaler Ebene kracht es an dieser Stelle. Vor allem zwischen den Liberalen und den Grünen sind die Fronten verhärtet. Jüngst erst hatte die FDP die Debatte im Bundestag zum Heizungsgesetz blockiert.