Mannheim. Mit Pflanzen in eine bessere Zukunft – die Bundesgartenschau 2023 setzt auf Umweltrettung. Doch die Kritik an dem Spektakel ist immens.

Es war knapp, aber die Stadt Mannheim verbucht es als Erfolg: Fast alle Vögel sind schon da. Gerade noch rechtzeitig zur Eröffnung der Bundesgartenschau konnten die Pinguine aus ihrem Exil im Frankfurter Zoo zurückkehren und ihr neues Domizil im Luisenpark beziehen – zusammen mit dem etwa 80 Hektar großen Gelände rund um die frühere US-Spinelli-Kaserne einer der beiden Schauplätze des 180-Tage-Großereignisses. Noch unklar ist allerdings das Schicksal der Hühner. Die hatte das Veterinäramt in Quarantäne geschickt – Vogelgrippe-Gefahr.

Aber die Buga ist ja keine Vogelschau, es soll um Blumen gehen. Alle zwei Jahre findet sie in einer anderen Stadt statt, die dann die Gelegenheit nutzt, sich herauszuputzen. Mannheim will sich dieses Jahr eine noch grünere Lunge verpassen. Die Vorläufer der Buga reichen bis ins Jahr 1865 zurück, die erste Schau in ihrer heutigen Form war 1951 in Hannover.

Buga in Mannheim setzt auf Öko-Seilbahn und Wildblumen

In der Blütezeit des Wirtschaftswunders ging es darum, Blümchen zu gucken und sich Anregungen für den Garten des Eigenheims zu holen. Jetzt ist das Anliegen, die Welt zu retten. Und das geht nur mit Pflanzen. Die vier Leitthemen sind diesmal:

Was auf den insgesamt 100 Hektar Ausstellungsfläche – nach Überzeugung der Stadt die zweitgrößte aller bisherigen Zeiten – präsentiert wird, hört sich futuristisch an. Lesen Sie: Alles über Nachhaltigkeit

Zu den Highlights zählt eine mit Ökostrom betriebene Seilbahn, die – neben Shuttlebussen – das Spinelligelände mit dem Luisenpark verbindet. Pro Stunde und Richtung können bis zu 2800 Personen transportiert werden. Als architektonisches Glanzlicht gilt der Panoramasteg im Spinelli-Park. Von dem 81 Meter langen und 12 Meter hohen Steg kann man über die Stadt und das gesamte Buga-Gelände blicken.

Bundesgartenschau: „Zukunftsbäume“ trotzen dem Klimawandel

Ebenfalls im Spinelli-Park liegt die sogenannte U-Halle. Kennzeichen der früheren Lagerhalle sind gerüstartige Strukturen, die mit Kletterpflanzen und Wildblumen versehen werden. Auf einem Experimentierfeld stehen 2023 klimaresiliente Zukunftsbäume. Das Projekt PeePower erforscht Stromgewinnung aus Urin. Nach der Buga soll das Kerngebiet zwischen Feudenheim und Käfertal als Freilandfläche für das Klima erhalten bleiben und als neue Parklandschaft zur Verfügung stehen.

Chinesisches Teehaus im Luisenpark – große weite Welt bei der Bundesgartenschau in Mannheim.
Chinesisches Teehaus im Luisenpark – große weite Welt bei der Bundesgartenschau in Mannheim. © ddp/Dirk Zengel | Dirk Zengel

Die spektakuläre Unterwasser-Aquariumanlage wird nicht mehr rechtzeitig zum Start fertig. „In 80 Schritten um die Welt“ soll das Motto sein, unter dem Parkgänger mit stolzen 21 Becken durch die verschiedenen Wasserwelten des Globus geführt werden sollen. 1,3 Millionen Liter Wasser Platz für marines Leben sind geplant, mit einer gewölbten „Taucherglocke“ aus Glas.

Kosten von 60 Millionen Euro für die Bundesgartenschau in Mannheim

Die Buga an sich kostete rund 60 Millionen Euro, die durch Ticketverkauf, Sponsoring und Verpachtungen wieder hereingeholt werden sollen. Hinzu kommen 135 Millionen Euro für städtebauliche Projekte, die im Zusammenhang mit dem Event geplant wurden. 45.000 Dauerkarten und 72.000 Tageskarten wurden schon verkauft, teilten die Organisatoren am Donnerstag mit. Angesichts von so viel Flowerpower müssten doch alle glücklich sein?

Von wegen. Die Kritik im Vorfeld war immens. Die Nachhaltigkeit der Buga sei nur ein Etikett: Der künstliche Buga-See und die Bewässerung der Grünanlage ziehe unnötig Grundwasser, klagte der Umweltverband BUND. „Die Mengen an Grundwasser, die jetzt über mehrere Jahre hochgepumpt und entnommen werden müssen, sind für uns ein weiterer Grund, dass man hier nicht von einer nachhaltigen Bewirtschaftung sprechen kann“, erklärte Wolfgang Schuy, vom Kreisverband Mannheim.

Neue Blumenzüchtungen sollen hitzebeständig sein und dem Klimawandel trotzen.
Neue Blumenzüchtungen sollen hitzebeständig sein und dem Klimawandel trotzen. © dpa | Uwe Anspach

Ein Radschnellweg sei jetzt zudem 20 statt zehn Meter breit und störe das ökologische Gleichgewicht der Wiesen. Und so gab es Gutachten und Gegengutachten, Bürgerproteste und Versammlungen. 10.000 Mauereidechsen wurden am Kasernengelände eingefangen und umgesiedelt – nicht etwa weil ihr Lebensraum zubetoniert werden sollte, sondern weil Grünflächen entstanden. Manchmal treibt Nachhaltigkeit seltsame Blüten.