Berlin. Frauen in Deutschland bekommen meist weniger Rente und müssen deshalb privat vorsorgen. Expertinnen erklären, worauf es dabei ankommt.

Früher gaben Mütter ihren Töchtern beim Auszug vielleicht ein Kochbuch mit Geheimtipps für Kohlrouladen mit oder Bettwäsche. Heute ist stattdessen häufiger der warnende Satz „Und denk an die Rente!“ zu hören. Denn junge Frauen können genauso in die Altersarmut rutschen, wie es ihre Mütter und Großmütter möglicherweise schon erleben.

Die Gründe sind vielfältig: Der Gender Pay Gap, also dass Frauen für gleiche Arbeit weniger Lohn bekommen; außerdem arbeiten sie häufiger in weniger gut bezahlten Jobs und zu guter Letzt hängen Frauen – gewollt oder ungewollt – in der Teilzeitfalle. All diese Ursachen führen jedenfalls dazu, dass Frauen knapp ein Drittel weniger Alterseinkünfte haben als Männer. Dieser sogenannte Gender Pension Gap liegt in Deutschland laut Statistischem Bundesamt bei 29,9 Prozent.

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Was müssen Frauen also tun, um im Alter gut abgesichert zu sein? Dazu haben wir uns bei der Verbraucherzentrale informiert und zudem mit Anne Connelly gesprochen – bekannt als Gründerin der Finanzplattform „Her-Money“. Sie war lange in der Finanzbranche tätig, informiert auf Instagram und in einem Podcast: „Ich will Frauen ertüchtigen, ihre Finanzen selbst in die Hand zu nehmen.“

Anne Connelly ist die Gründerin der Finanzplattform „Her-Money“.
Anne Connelly ist die Gründerin der Finanzplattform „Her-Money“. © Foto Mohr | Foto Mohr

Nicole Lamping von der Verbraucherzentrale Niedersachsen sieht eine positive Entwicklung: „Frauen mit Anfang 20 sprechen mehr über das Thema Geldanlage. Sie informieren sich über YouTube, Podcasts oder Seminare.“ Die Jüngeren wollen Verantwortung übernehmen, ihre Altersvorsorge und den Vermögensaufbau angehen.

Dadurch sei das Gespenst der Altersarmut bei nicht mehr so furchteinflößend wie bei der älteren Generation. „Diese Frauen wurden von der veränderten Gesetzeslage rund um 2010 herum überrascht“, sagt Anne Connelly. Die lebenslange Rente oder nachehelichen Unterhaltsanspruch bei Scheidungen gebe es heute nicht mehr. Wir geben einen Überblick, über die verschiedenen Bausteine.

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Altersvorsorge für Frauen: Die gesetzliche Rente reicht nicht aus

Die gesetzliche Rente ist kein ausreichender Baustein für die Absicherung, sind sich Connelly und Lamping einig. Wer angestellt ist, zahlt automatische in die gesetzliche Rentenversicherung ein. Beamte sind ausgenommen – erhalten nach dem Erwerbsleben ihre Pension. Mit wie viel Geld man aus der gesetzlichen Rente etwa rechnen kann, steht auf dem jährlichen Bescheid der Deutschen Rentenversicherung.

„Davon ausgehend sollte man zuerst seine Rentenlücke berechnen“, rät Verbraucherschützerin Lamping, also wie viele Jahre es noch sind bis Rentenbeginn und anhand dessen orientieren wie viel man investieren muss, um bis dahin die Lücke zwischen dem aktuellen Einkommen und der versprochenen Rente zu schließen.

Wie viel Rente man bekommt, richtet sich danach, wie viel Geld man als Berufstätige in die Rentenkasse einzahlt. Das heißt: Wie lange man gearbeitet und wie viel man verdient hat. Unter den alleinstehenden 65-Jährigen und Älteren beziehen Männer im Durchschnitt ein Gesamteinkommen von 1.816 Euro, bei Frauen sind es nur 1.607 Euro.

Der Notgroschen: Drei Nettogehälter auf dem Tagesgeldkonto

Verbraucherzentrale rät dazu eine Notreserve anzulegen. Hierfür ist ein Tagesgeldkonto bestens geeignet, auf dem drei Nettogehälter liegen. „Diese Summe muss ich mir erst aufbauen und sie sollte unberührt bleiben und wirklich nur im existenziellen Notfall zum Einsatz kommen“, sagt Lamping. Damit steht der erste Baustein, die Sicherheit.

Sparen in ETF-Fonds: Die beste Strategie für den langfristigen Vermögensaufbau

Sowohl die Finanzberaterin Anne Connelly als auch die Verbraucherschützerin sind sich einig: Frauen sollten so früh wie möglich monatlich mindestens zehn – besser 25 bis 50 – Euro in den langfristigen Vermögensaufbau stecken. „Optimal wären zehn Prozent des Monatseinkommens“, sagt die Verbraucherschützerin. Die „Her-Money“-Gründerin ergänzt: „Wer mehr verdient, sollte die Summe höher setzen.“

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Das Geld könne man zum Beispiel in einen Aktienfonds stecken, das sind Pakete aus verschiedenen Aktien, die von einem Fondsmanager verwaltet werden. Mindestens zehn bis 15 Jahre sollte man das Geld nicht benötigen. Die Expertinnen raten zu einem monatlich besparten ETF, das sind börsengehandelte Indexfonds. Diese hätten bei moderatem Risiko und langer Anlagezeit den besten Ertrag. „Wenn das Geld über 30 Jahre liegt kommt durch Zinseszins eine ordentlich Summe zusammen“, sagt Connelly.

Nicole Lamping ist Finanzexpertin bei der Verbraucherzentrale Niedersachsen.
Nicole Lamping ist Finanzexpertin bei der Verbraucherzentrale Niedersachsen. © Nicky Dömer | Markus Dömer

Geeignet sei einer der zahlreichen MSCI World-ETFs, die in bis zu 1600 Einzelaktien investieren. „Da muss man sich nicht groß kümmern – ein Anfängerprodukt“, sagt die Finanzexpertin. Auch die vermögenswirksamen Leistungen, die manche Arbeitgeber anbieten können in einen ETF-Fondssparplan oder einen Banksparplan fließen, rät Lamping.

Riester-Rente: Auf keinen Fall neu abschließen

Die Beraterinnen sind sich einig: Auf keinen Fall sollte man einen Riestervertrag neu abschließen. „Riester ist gescheitert“, sagt die Verbraucherschützerin. Für Mütter mit mehreren Kindern sei es wegen der staatlichen Zuschüsse vielleicht noch eine Option, sagt die Her-Money-Gründerin. Wer schon einen Riestervertrag hat, solle diesen auf keinen Fall kündigen, sondern nur stilllegen. Auch die Rürup-Rente empfiehlt Lamping nicht. Der Garantiezins sei bei hohen Abschlusskosten viel zu niedrig.

Betriebliche Altersvorsorge: Zuschüsse vom Arbeitgeber

Für diese Bruttoentgeltumwandlung gibt es Zuschüsse vom Arbeitgeber. Fallen diese höher als die vorgeschriebenen 15 Prozent aus, sollte man das Angebot mitnehmen, sagen die Expertinnen. Lamping gibt zu bedenken, dass sich die Verträge bei geringeren Zuschüssen manchmal nicht rechnen: „Wer gesetzlich krankenversichert ist, muss bei Fälligkeit Kranken- und Pflegeversicherungsanteile nachzahlen und hat dadurch eine Minderung der gesetzlichen Rente.“

Das Häuschen im Grünen: Eigene Immobilie als Altersvorsorge

Eine eigene Immobilie als Altersvorsorge könne gut funktionieren, sagt die Verbraucherschützerin und schränkt ein: „Wenn ich diese günstig erwerbe und dadurch ein Mehrwert entsteht.“ Das heißt eine Rendite von etwa drei Prozent aus Mieteinnahmen, obwohl Rücklagen gebildet werden müssen und Steuern anfallen. Aktuell sei die Nachfrage groß und die Preise sehr teuer. „Ich rate dazu bis zu zwei Jahre abzuwarten.“

Die Verbraucherschützerin und die Finanzberaterin raten Frauen einfach loszulegen: Ein Buch über Altersvorsorge lesen oder im Austausch mit Freundinnen Bedenken besprechen. „Hauptsache sie fangen an!“, sagt Anne Connelly.

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