Berlin. Über den Mindestlohn müssen sich Deutschlands Topmanger keine Sorgen machen. Wer am meisten verdient – und wer Einbußen hinnehmen muss.

Auch Deutschlands Top-Manager haben die Krisen des vergangenen Jahres zu spüren bekommen. Der Angriff Russlands auf die Ukraine, die Inflation und die steigenden Zinsen bremsten den ein oder anderen ehrgeizigen Plan aus und ließ Ziele unerreichbar werden. Aktien verloren an Wert.

Und so schrumpften die Bezüge der Vorstandsmitglieder der Konzerne im Deutschen Aktienindex Dax im Schnitt um 8,4 Prozent, wie die Vergütungsstudie der Deutschen Schutzgemeinschaft für den Wertpapierbesitz (DSW) zeigt.

Gehalt von Top-Managern: 5,1 Millionen Euro erhält ein Vorstandschef im Schnitt

Im Schnitt bekam ein Vorstandsmitglied danach 3,34 Millionen Euro, ein Vorstandschef 5,1 Millionen Euro, wie Gunther Friedl von der Technischen Universität München berichtet. Sein Lehrstuhl für Controlling gräbt sich für die Anlegerschützer der DSW durch die Vergütungsberichte der Konzerne und arbeitet die Daten vergleichbar auf.

DSW-Hauptgeschäftsführer Marc Tüngler bemängelte die zunehmende Intransparenz bei Unternehmen, was die Zahlen betrifft. In die Bezüge gehen das Fixgehalt eines Topmanagers oder einer Topmanagerin ein, die kurzfristige variable Vergütung, die sich meist auf ein Jahr bezieht, und die langfristige, die oft an Aktien gebunden ist.

Betrachtet wurde das, was das Unternehmen im Jahr 2022 für den Vorstand aufwenden mussten – unabhängig davon, ob es auch tatsächlich sofort ausgezahlt wurde. Manche Aktienpakete etwa werden erst in einigen Jahren fällig. Nicht erfasst werden Pensionszusagen. Im Schnitt müssten dann noch weitere 415.000 Euro pro Kopf dazugerechnet werden.

Die durchschnittlichen Bezüge im Dax unterscheiden sich sehr: Die Deutsche Bank zahlte rund 6,8 Millionen Euro, der Onlinemodehändler und Technologiekonzern Zalando nur 810.000 Euro. Das größte Minus mussten die Vorstandsmitglieder von Adidas hinnehmen: Ihre variable Vergütung schrumpfte auf Null – ein Zeichen dafür, dass keines der Unternehmensziele erreicht wurde. Insgesamt gab es bei den Gehältern der Top-Manager ein Minus von 75,2 Prozent. Am meisten Plus machten die Topmanager bei Daimler Truck: 246,4 Prozent.

VW-Chef Blume ist Spitzenverdiener unter den Top-Managern

Und auch an der Spitze der Vorstände gibt es teils drastische Unterschiede: Topverdiener im vergangenen Jahr war Oliver Blume, Chef der beiden Dax-Unternehmen Volkswagen und Porsche. Beim größten deutschen Autobauer bekam Blume 8,85 Millionen Euro, bei Porsche waren es noch einmal 530.000 Euro.

Oliver Blume, Vorstandsvorsitzender der Porsche AG und der Volkswagen AG, verdient umgerechnet 25.699 Euro – pro Tag.
Oliver Blume, Vorstandsvorsitzender der Porsche AG und der Volkswagen AG, verdient umgerechnet 25.699 Euro – pro Tag. © picture alliance/dpa | Britta Pedersen

Mit insgesamt rund 9,38 Millionen Euro ließ Blume auch Christian Sewing hinter sich. Der Chef der Deutschen Bank kam 2022 auf 9,15 Millionen Euro Gesamtvergütung. Auf Platz drei findet sich erstmals eine Frau in der Gruppe der Spitzenverdiener: Belén Garcia Lopez erhielt beim Pharmaunternehmen Merck 8,28 Millionen Euro.

Deutsche-Bank-Chef Christian Sewing verdiente 2022 9,15 Millionen Euro.
Deutsche-Bank-Chef Christian Sewing verdiente 2022 9,15 Millionen Euro. © Bloomberg via Getty Images | Bloomberg

Blume verdiente damit umgerechnet 25.699 Euro pro Tag, Sewing knapp über 25.000 Euro. Das durchschnittliche Bruttogehalt in Deutschland betrug 2022 nach Angaben des Statistischen Bundesamtes 4105 Euro – pro Monat.

Zalando-Gründer erhalten am wenigsten Fixgehalt

Am wenigsten unter den Dax-Lenkern bekamen Robert Gentz und David Schneider. Die beiden Co-Chefs von Zalando erhielten 78.000 Euro Fixgehalt. Andere Vorstandsmitglieder verdienten mehr Geld. Beide sind allerdings als Gründer nennenswert am Unternehmen beteiligt.

Auffällig: Kein Topverdiener an der Spitze eines Dax-Konzerns kommt über zehn Millionen Euro. Tüngler begründet das mit der gesellschaftlichen Debatte über hohe Gehälter und der Mitbestimmung der Arbeitnehmer in den Aufsichtsräten. Auch die Art der Vergütungssysteme spielt demnach eine Rolle. In Deutschland seien zum Beispiel die Haftungsrisiken deutlich geringer als etwa in den USA. Dort seien die Bezüge auch stark auf Aktien ausgerichtet – die Vergütung wirkt dann in Boomzeiten an der Börse sehr hoch, kann aber in schwachen Zeiten kräftig schrumpfen.

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Dennoch: In den USA verdient niemand an der Spitze eines Unternehmens im Dow-Jones-Index umgerechnet weniger als zehn Millionen Euro. Am schlechtesten schnitt in den USA Patrick P. Gelsinger von Intel ab, der umgerechnet 10,75 Millionen Euro bekam. Ein Jahr zuvor hatte er mit rund 97,8 Millionen Euro noch die Liste der Topverdiener angeführt. Ganz oben stand 2022 Tim Cook. Der Apple-Chef erhielt 94,53 Millionen Euro. Im US-Schnitt waren es 24,89 Millionen Euro.