Berlin. Industrie und Verbände schlagen Alarm: Zwar sehen die Absatzzahlen für Wärmepumpen mit Blick auf 2023 gut aus. Doch der Schein trügt.

  • Die Wärmepumpe sollte ein wesentlicher Bestandteil der Wärmewende bilden
  • Doch die Absatzzahlen für diese Art der Heizung gehen immer weiter zurück, der Markt für Wärmepumpen ist regelrecht eingebrochen
  • Wie steht es um die Zukunft der Technologie?

Es ist die Technologie, in die die Politik ihre Hoffnung für eine umweltfreundliche Heizung der Zukunft setzt: die Wärmepumpe. Ihr zu Ehren wurde das mittlerweile berühmt-berüchtigte Gebäudeenergiegesetz (GEG) von Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) und Bauministerin Klara Geywitz (SPD) initiiert. Es soll erreichen, dass in Neubauten seit Anfang des Jahres alle neuen Heizungen zu mindestens 65 Prozent mit erneuerbaren Energien betrieben werden; insgesamt benachteiligt es alte Öl- und Gasheizungen. Doch die großen Hersteller von Wärmepumpen in Deutschland sowie der zuständige Bundesverband schlagen trotzdem Alarm: Der Wärmepumpenmarkt bricht dramatisch ein.

Zwar sehen die Absatzzahlen auf den ersten Blick für 2023 noch gut aus – doch das liegt vor allem an der hohen Nachfrage aus 2022, die im Folgejahr dann abgearbeitet wurde. Martin Sabel, Geschäftsführer des Bundesverbandes Wärmepumpen (BWP), erklärt unserer Redaktion: „Für 2023 haben wir noch keine endgültigen Zahlen, aber wir rechnen mit einem Absatz von circa 330.000 Heizungswärmepumpen, also einem Plus von rund 40 Prozent. Wie gesagt, dieser gute Absatz ist ein Effekt der sehr hohen Nachfrage aus dem Jahr 2022, von der wir gezehrt haben.“

Als Indikator, wie viele Wärmepumpen in Deutschland verbaut werden, nutzt der BWP die Zahlen der Förderanträge für Heizungswärmepumpen. Diese sind 2023 im Vergleich zum Vorjahr um gut 70 Prozent eingebrochen. In absoluten Zahlen bedeutet das: Wurden 2022 im Monat durchschnittlich 29.000 Wärmepumpen-Förderanträge der „Bundesförderung für effiziente Gebäude – Einzelmaßnahmen“ (BEG-EM) bewilligt, waren es 2023 nur noch 7400. Und Sabel blickt pessimistisch in die nahe Zukunft. Er erklärt: „Der Auftragsvorrat ist jetzt aufgebraucht. Die Nachfrage nach Wärmepumpen ist tatsächlich im Jahr 2023 stark eingebrochen.“

Hersteller von Wärmepumpen schlagen Alarm: Kaum mehr Aufträge

Er befürchtet, dass sich auch der Absatz 2024 eher auf dem Niveau von 2023 bewegen, „also stagnieren oder sogar zurückgehen“ wird. „Mittelfristig wird sich die Wärmepumpe als Standardheizung allerdings durchsetzen“, ist er sich sicher. Doch auch die großen Wärmepumpenhersteller in Deutschland blicken mit Sorge auf den Markt. So erklärt eine Sprecherin von Bosch, dass 2023 gedämpft endete. Der Grund: „Die Unklarheiten um das Gebäudeenergiegesetz und um die Bundesförderung energieeffiziente Gebäude haben im Jahresverlauf zu einem sicherlich unbeabsichtigten Rückgang der Förderanträge für Wärmepumpen geführt.“

Der Marktausblick für Deutschland im Jahr 2024 sei daher eingetrübt, so die Sprecherin. Hoffnung setzt das Unternehmen jetzt in das fertiggestellte Förderprogramm der Bundesregierung und die daraus resultierende Planungssicherheit für Verbraucher. Außerdem kündigte die Sprecherin an, dass Bosch bis 2030 eine Milliarde Euro in den Ausbau des europäischen Entwicklungs- und Produktionsnetzwerks für Wärmepumpen investieren wolle. Damit will das Unternehmen zum europäischen Wärmepumpenvorreiter werden.

Ein Mitarbeiter arbeitet an der Fertigstellung einer Bosch-Wärmepumpe. Das Unternehmen blickt unsicher in die Zukunft.
Ein Mitarbeiter arbeitet an der Fertigstellung einer Bosch-Wärmepumpe. Das Unternehmen blickt unsicher in die Zukunft. © picture alliance/dpa | Andreas Arnold

Auch die Vaillant Group bestätigt den Negativtrend. „Das Geschäft verlief bis zur Jahresmitte in Deutschland außerordentlich gut, wobei ein Teil der ausgelieferten Aufträge noch aus dem Jahr 2022 stammte, in dem die Nachfrage nach Wärmepumpen extrem hoch war. Im zweiten Halbjahr 2023 ist die Nachfrage in ganz Europa deutlich zurückgegangen“, sagte ein Firmensprecher unserer Redaktion. Auch er macht die „unklare Gesetzeslage und Förderbedingungen für Wärmepumpen, insbesondere in Deutschland“ für die stagnierende Marktlage verantwortlich. „Dazu kommt die Schwäche der Baubranche und der allgemeinen Konjunktur.“

Und wie blickt er auf das neue Jahr? „Wie sich die Märkte in den nächsten Monaten entwickeln werden, ist aus heutiger Sicht schwer vorhersehbar.“ Für die Vaillant Group ist aber auch klar: Die Entwicklung in Deutschland ist auch abhängig von der politischen Weichenstellung. „Es ist nach wie vor nicht klar, ob die Förderbedingungen für umweltfreundliche Heiztechnik, die in einem Gesetzesentwurf bereits diskutiert wurden, wie geplant im Januar 2024 in Kraft treten werden“, sagt der Sprecher. „Dies führt zu einer abwartenden Haltung von Immobilienbesitzern bei der Entscheidung für ein neues Heizsystem.“

Stiebel Eltron: Wenn es so weitergeht, müssen Mitarbeiter entlassen werden

Noch klarer wird da der Geschäftsführer von Stiebel Eltron, Kai Schiefelbein. Ende Dezember sagte er der dpa: „Im Moment wird eine Heizung nur ausgetauscht, wo eine Heizung kaputtgeht.“ Auch er sieht den Negativtrend: „Der Auftragseingang im Moment verheißt gar nichts Gutes. Die Tendenz ist stark rückläufig.“ Für den Wärmepumpenbauer ist das eine schwierige Situation. Wenn der Markt nicht rasch anziehe und die Nachfrage in den ersten drei Monaten in etwa auf dem Niveau des Dezembers verharre, müsse das Unternehmen Mitarbeiter abbauen. Ein klarer Widerspruch zu den Zielen der Firma, die eigentlich mit Wachstum rechnet. Mittelfristig rechne Stiebel Eltron damit, dass allein der Bedarf an seinen Luft-Wasser-Wärmepumpen von 70.000 im Jahr 2023 auf 200.000 im Jahr 2027 steige. Es sei aber natürlich nicht möglich, Mitarbeiter eine Zeit lang quasi auf Vorrat zu beschäftigen. Auch Stiebel Eltron will kräftig in die Zukunft investieren – bis 2027 sollen es über 600 Millionen Euro sein.

„Die Branche hat ihre Hausaufgaben gemacht, sowohl hinsichtlich der Produktionskapazitäten für Wärmepumpen als auch was die Handwerkskapazitäten für den Einbau angeht“, bilanziert BWP-Chef Sabel. Er weiß: „Der Markt ist derzeit von einer massiven Unsicherheit bei Verbraucherinnen und Verbrauchern geprägt, hervorgerufen vor allem durch unklare Rahmenbedingungen bei Förderung, Gebäudeenergie- und vor allem Wärmeplanungsgesetz (WPG) und Energiepreisen. Unsicherheit ist immer Gift für Investitionsbereitschaft und Nachfrage. Man möchte keinen Fehler machen, also wartet man ab, bis man auf einer fundierten Grundlage fundierte Entscheidungen treffen kann.“ Er hofft, dass mit Inkrafttreten des Förderprogramms auch wieder mehr Wärmepumpen verkauft werden. Wie schnell sich die Deutschen aber von den Wirren um das GEG erholen werden – ungewiss.