Berlin. Noch heizen Millionen Menschen in Deutschland mit Gas. Doch das könnte sich bald ändern, denn die Heizrevolution ist in vollem Gange.

Bis 2045 soll Deutschland klimaneutral sein. So sieht es zumindest das Klimaschutzgesetz vor. Um das zu erreichen, muss noch viel passieren. Ein wichtiger Bestandteil: die Wärmeversorgung. Mit dem Heizungsgesetz hat die Bundesregierung den Rahmen für die Wärmewende festgelegt. Die konkrete Ausgestaltung erfolgt aber vor Ort. Das zeigt sich nun in Augsburg.

Die drittgrößte Stadt Bayerns mit immerhin rund 300.000 Einwohnern geht bei der Energieversorgung ihrer Bürgerinnen und Bürger einen radikalen Schritt: Gaskundinnen und -kunden erhalten derzeit Briefe, die das Ende der Gasversorgung ankündigen. Das berichtet das „Handelsblatt“.

Augsburg warnt Verbraucher: In zehn Jahren kommt das Gas-Aus

Der Zeitrahmen für das Vorhaben ist allerdings denkbar großzügig gewählt: Erst in rund zehn Jahren soll das Gasnetz abgeschaltet werden – also gute zehn Jahre vor der angestrebten Klimaneutralität. Für Aufregung sorgen die Pläne dennoch, könnten sie doch dazu führen, dass Menschen mit Gasheizung von der Versorgung abgeschnitten werden.

Und das auf Dauer vermutlich nicht nur in Augsburg: In einem Papier, aus dem die „Frankfurter Rundschau“ zitiert, rechnet das Bundeswirtschaftsministerium von Robert Habeck (Grüne) damit, dass in den kommenden 10 bis 15 Jahren vermehrt Gasnetze abgeschaltet werden, weil die Umstellung auf Wärmepumpen oder Fernwärme sie überflüssig und vor allem unrentabel macht.

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Denn wenn immer weniger Kundinnen und Kunden Gas beziehen, können die teuren Netze nicht mehr kostendeckend betrieben werden. Netzbetreibern soll daher die Möglichkeit gegeben werden, „aus Transformationsgründen einen Anschluss verweigern und sogar kündigen zu können“.

Aus von Gasnetzen „vorgesehen und folgerichtig“

Das Ministerium sieht vor, dass Bürgerinnen und Bürger rechtzeitig über entsprechende Schritte informiert werden. Das hat Augsburg nun getan – und auch andere Netzbetreiber erwägen entsprechende Schritte. So sagte ein Eon-Sprecher dem „Handelsblatt“: „Anlagen zukünftig nicht mehr ans Netz anzuschließen, ist im EU-Gas-und-H2-Binnenmarktpaket bereits so vorgesehen und mit Blick auf das Ziel der Klimaneutralität aus unserer Sicht auch folgerichtig.“

Und auch die Zahlen sprechen bei der Gasnutzung eine klare Sprache: Zwar werden in Deutschland derzeit laut Wirtschaftsministerium noch rund 19,5 Millionen Wohnungen mit Gas beheizt. Doch dieser Wert ist in den vergangenen Jahren deutlich gesunken. So ging die Anzahl der entsprechenden Heizungen laut dem Statistik-Portal Statista von 2012 bis 2022 um rund ein Drittel zurück.

Im Überblick: Wie viel eine neue Heizung kostet

HeizungKosten in EUR
Ölheizungab ca. 8.000
Gasheizungab ca. 7.000
Holz- oder Pelletheizungab ca. 10.000
Nah- und Fernwärmeab ca. 5.000
Wasserstoffheizungab ca. 30.000
Solarthermieab ca. 10.000
Luft-Wasser-Wärmepumpe8000 bis 16.000
Erdwärmepumpe12.000 bis 15.000 (ohne Erschließung)
Grundwasser-Wärmepumpe9000 bis 12.000 (ohne Erschließung)

Zu beachten ist: Die Kosten in dieser Tabelle sind durchschnittliche Werte und können im individuellen Fall abweichen. Nicht beachtet werden zudem die Kosten für die Installation oder einen nötigen Umbau/Sanierung. Auch Förderungen werden nicht berücksichtigt.

Viele Gasheizungen in Deutschland müssen ohnehin ausgetauscht werden

Hinzu kommt: Im Durchschnitt sind Gasheizungen in Deutschland 17 Jahre alt. Viele Modelle dürften also in den kommenden Jahren ausgetauscht werden müssen – nicht zuletzt wegen des Heizungsgesetzes, das eine Stilllegung nach einer Betriebsdauer von maximal 30 Jahren vorsieht. Steht eine neue Heizung an, können Verbraucherinnen und Verbraucher von Gas auf andere Technologien umsteigen. Vom Einbau neuer Gasheizungen rät die Bundesregierung seit Längerem ab.

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In Augsburg geht man davon aus, dass rund 20 Prozent der Gaskunden noch vor entsprechenden Warnungen oder ungeachtet dieser in eine neue Gasheizung investiert haben. Sie vom erneuten Einbau eines neuen Heizsystems zu überzeugen, dürfte schwierig werden. In der bayerischen Großstadt erhofft man sich deshalb klare Vorgaben und rechtliche Grundlagen vom Wirtschaftsministerium.