Berlin. Knapp drei Tage lang ist die Außenministerin in der Volksrepublik: Ihre bisher schwierigste Reise wird zu einem heiklen Balanceakt.

Wenn es um Kritik an Chinas Politik geht, steht sie an vorderster Front. Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) redet mit den hohen Herren in Peking Tacheles wie kaum jemand sonst in der Bundesregierung. Im vergangenen August verglich sie den russischen Angriffskrieg in der Ukraine mit den militärischen Drohgebärden Chinas gegenüber Taiwan.

Geht es nach Baerbock, sollen die Menschenrechte stärker als bisher ins Zentrum des deutschen Verhältnisses zu China rücken. Die Menschenrechte seien „unteilbar, nicht relativierbar – weder kulturell noch religiös“, hieß es im November in einem ersten Entwurf des Außenministeriums für die neue China-Strategie der Bundesregierung. Menschenrechte als Messlatte für die Intensität von Wirtschaftsbeziehungen?

Annalena Baerbock: Wie hart warnt sie China vor einem Krieg gegen Taiwan?

Wenn Baerbock ab diesem Donnerstag für knapp drei Tage nach China reist, dürfte sie zumindest den Konfrontationsgrad ihrer Tonlage etwas herunterdimmen. In ihrem Umfeld ist die Rede von einem Kennenlern-Besuch. Die Ministerin wolle sich ein Bild von China machen. Man hoffe, dass sich das Land nach den harten Lockdown-Perioden der Corona-Pandemie wirtschaftlich öffne. Die Lage der Menschenrechte komme trotzdem zur Sprache. Nach dem China-Abstecher fliegt Baerbock nach Südkorea und nimmt danach an einem G7-Außenministertreffen in Japan teil.

Frankreichs Staatschef Emmanuel Macron löste mit seinem China-Besuch bei Präsident Xi Jinping international Kritik aus.
Frankreichs Staatschef Emmanuel Macron löste mit seinem China-Besuch bei Präsident Xi Jinping international Kritik aus. © AFP | Ng Han Guan

Einer der Höhepunkte der China-Visite ist das Tête-à-Tête mit dem chinesischen Außenminister Qin Gang. Die spannende Frage ist, worauf Baerbock den Fokus legt: die Warnung Chinas vor einer möglichen Invasion in Taiwan, den Appell für eine Vermittlung im Ukraine-Krieg, den Aufruf zu einer gemeinsamen globalen Klimapolitik oder doch die Kritik an der Knebelung von Menschenrechten?

Baerbock-Visite in Peking folgt auf Solonummer von Macron

Klar ist: Baerbocks China-Visite geschieht auch vor dem Hintergrund der verunglückten Solonummer von Frankreichs Präsident Emmanuel Macron. Der hatte kürzlich in Peking versucht, Staatschef Xi Jinping mit einer Charme-Offensive zu umgarnen. Europa dürfe sich nicht in einen Konflikt zwischen den USA und China hineinziehen lassen, es müsse sich unabhängiger von Amerika aufstellen, so Macron.

Lesen Sie auch:US-Außenminister Blinken im Interview: „Krise um Taiwan würde die ganze Welt betreffen“

Die diplomatischen Pirouetten des Franzosen hatten in Europa und den USA großes Missfallen ausgelöst. Baerbock wird daher in China die transatlantische Geschlossenheit herausheben. Ihre bisher schwierigste Reise wird zu einem heiklen Balanceakt.

Grünen-Fraktionschefin fordert neuen Umgang mit China

Zum Auftakt von Baerbocks China-Besuch hat Grünen-Fraktionschefin Katharina Dröge einen neuen Umgang mit der Führung in Peking gefordert. „Wir müssen unser Verhältnis zu China neu definieren und eine klare Haltung zur chinesischen Politik einnehmen“, sagte sie dieser Redaktion.

Die Menschenrechtslage in China habe sich in den letzten Jahren erheblich verschlechtert, und Peking betreibe eine aggressive Wirtschaftsaußenpolitik, kritisierte Dröge. „Weitere Probleme, die wir angehen müssen, sind der unfaire Wettbewerb und die chinesische Beteiligung an unserer kritischen Infrastruktur.“ Einseitige Abhängigkeiten müssten reduziert werden.

Im Taiwan-Konflikt forderte Dröge einen engen Schulterschluss mit den USA. „Mit Blick auf Taiwan ist klar, dass Frieden und die Stabilität in der Region erhalten werden müssen. Jegliche gewaltsame Verschiebung des aktuellen Status Quo darf es nicht geben“, sagte sie. „Dabei sind ein enger Dialog und die Zusammenarbeit mit unseren transatlantischen Partnern ein wichtiger Pfeiler unserer Außenpolitik.“

Lesen Sie auch zu China: