Berlin. Ist die Übernahme von Viessmann positiv? Bei „Anne Will“ wurde das größere Bild hinter dem Fall des Heizungsherstellers diskutiert.

Der deutsche Heizungshersteller Viessmann wird zu großen Teilen von einem US-Konzern übernommen. Bis vor Kurzem hätte das allenfalls ein Fachpublikum interessiert. Doch in Zeiten von Energiekrise und Heizungsverbot ist der Vorgang plötzlich hochpolitisch, zumal auch das Geschäft mit den so wichtigen Wärmepumpen den Besitzer wechselt.

Das Thema trieb am Sonntagabend auch die Runde bei „Anne Will“ um. Bewirkt die Klimapolitik der Ampel ein Öko-Wirtschaftswunder – oder ist sie eine Gefahr für den Standort Deutschland? Diese größer gezogene Frage diskutierten die Ökonomin Veronika Grimm, der Journalist Bernd Ulrich sowie Franziska Brantner (Grüne), Stephan Weil (SPD) und Thorsten Frei (CDU).

Wärmepumpen: Was bedeutet der Verkauf von Viessmann?

Schon an der Frage, ob die Übernahme von Viessmann für Deutschland positiv ist, schieden sich in der Debatte die Geister. Für eine solche Perspektive argumentierte Franziska Brantner: „Zwölf Milliarden werden in Deutschland investiert – das ist großartig“, sagte die Staatssekretärin aus Robert Habecks Wirtschaftsministerium. Viessmann existiere weiter, die Amerikaner würden ihr Know-How einbringen. „Da entsteht ein transatlantischer Klimachampion.“ Und übrigens: „Wärmepumpen werden günstiger werden“, schloss Brantner ihr Plädoyer.

Thorsten frei sah das anders. Der Vorgang erinnere an den Ausverkauf der Solarindustrie, sagte der CDU-Politiker. „Innerhalb weniger Jahre waren nur noch Asiaten auf dem Markt.“ Zudem sei Viessmann nur ein Beispiel. Viele Konzerne investierten anderswo – in Polen, China, in den USA. „Wir sind als Wirtschaftsstandort nicht attraktiv genug“, befand Frei.

Energiewende: Ist ein neues Wirtschaftswunder möglich?

Das war eine steile Behauptung, die zur Frage führte, ob die Klimawende tatsächlich wie vom Kanzler versprochen das Zeug dazu hat, Deutschland in ein neues Wirtschaftswunder zu katapultieren. Zu dieser Frage war Veronika Grimm als eine der sogenannten Wirtschaftsweisen die richtige Ansprechpartnerin.

Und die Ökonomin gab sich durchaus optimistisch. Wachstum sei möglich, wenn man den Unternehmen jetzt gute Rahmenbedingungen schaffe. Klimaneutrales Wirtschaften müsse sich allerdings lohnen, forderte Grimm mit Blick auf den CO2-Preis. Auch brauche es eine neue Infrastruktur für Strom, Wasserstoff und auch auf der Schiene.

Klimapolitik: Macht Olaf Scholz es richtig?

Einige Voraussetzungen also – doch grundsätzlich befände sich Deutschland damit auf einem vernünftigen Weg. Bernd Ulrich stellte allerdings ein grundsätzliches Problem beim Ansatz des Kanzlers fest. „Olaf Scholz will den Leuten die Energiewende liefern – ohne größere Zumutungen“, sagte der Journalist von der ZEIT. Das schaffe aber eine „komplett falsche Erwartung“, denn ohne Zumutungen und die Beteiligung der Menschen werde es nicht gehen.

Stattdessen müsse Scholz deutlich machen, wo das Land stehe, forderte Ulrich. „Die 70 Jahre eines stabilen Alltags sind vorbei.“ Denn aus diesem Alltag komme die Zerstörung der Umwelt. „Um die Befreiung davon geht es hier“, sagte Ulrich. Bei Scholz sei davon aber nichts zu spüren.

Anne Will: So liefen vergangene Sendungen

Frei und natürlich auch Scholz‘ Parteifreund Weil nahmen den Kanzler gegen diese Kritik in Schutz. Der niedersächsische SPD-Ministerpräsident erinnerte daran, dass es richtig sei, zu schauen, was die Menschen umtreibe. Und der CDU-Politiker machte unter Verweis auf die Letzte Generation eine apokalyptische Perspektive auf das Thema aus. „Das nimmt die Vernunft aus der Debatte“, kritisierte Frei. Statt auf Verbote und Vermeidung zu setzen, müsse auch über neue Technologien nachgedacht werden.

„Anne Will“: Das Fazit der Sendung

Diese Ausgabe von „Anne Will“ machte noch einmal deutlich, warum der Fall Viessmann so aufwühlt: Er steht exemplarisch für eine beginnende Transformation, die Unternehmen, Politik und die Bürgerinnen und Bürger in einige Unsicherheiten bringt.

Stand jetzt kann man sagen: Die Politik reagiert auf diese Lage mittlerweile, vielleicht sogar etwas zu drastisch – siehe übereiltes Heizungsverbot. Das ist nach Jahrzehnten des Schlafens doch aber eigentlich eine gute Nachricht.

Zur Ausgabe von "Anne Will" in der ARD-Mediathek